Klaus H. Kiefer


In seinen Schulze-Satiren revoltierte Carl Einstein 1919 gegen die Abhängigkeit der »freien Künste« von politischen Bedingungen. In Kubismus und primitiver Kunst sieht er die Chance einer ästhetischen Transformation der Gesellschaft. Sein Enthusiasmus überdeckt die Einsicht in die Ökonomisierung der Kunstszene, die mehr und mehr von Kunsthändlern und kapitalstarken Sammlern bestimmt wird. Wie Trophäen einer kulturellen wie kolonialistischen Machtergreifung werden die Werke in bourgeoisen Salons und Völkerkundemuseen präsentiert. Einsteins utopische Konzeption zerbricht in der Weltwirtschaftskrise und angesichts des aufkommenden Faschismus. In der Fabrikation der Fiktionen, die 1932–36 entsteht, reinszeniert er Schulze überlebensgross als den Kapitalisten, der dank seiner Wirtschaftsmacht Künstler und Intellektuelle in Abhängigkeit hält und eine Kunst favorisiert, die in archaischen und surrealen Reservaten verweilt – fernab von revolutionärem Handeln.