Walther Fuchs


1. Die Galerie Vavin-Raspail spielte in Frankreich eine Schlüsselrolle bei der Vermittlung von Kunstwerken psychisch Kranker und letztlich bei deren Nobilitierung im Vergleich zu Werken von Protagonisten der Moderne wie Klee.

2. Umgekehrt dienten den Künstlern der Avantgarde (Surrealisten), Galeristen, Kunstkritikern und Kunsthistorikern, Arbeiten von Geisteskranken – häufig in Verbindung mit jenigen von Kindern und sogenannt Primitiven – als Beleg für das kulturkritische Ideal der ursprünglichen und verbindlichen Kunstschöpfung und damit zur provokativen Kritik an einer konservativen Kunstauffassung.

3. Kritiker der modernistischen Kunst von Klee, die Arbeiten psychisch Erkrankter für abwertende Einschätzungen oder (Schein-)Diagnosen (Psychopathologisierung) ihrer Krankheitsbilder instrumentalisierten, sind im Unterschied zu Deutschland und der Schweiz in Frankreich nicht auszumachen.

4. Max Berger war an beiden Prozessen (1 & 2) massgeblich, als Galerist und Kunstkritiker, beteiligt und er verknüpfte die beiden historisch unterschiedlichen Phasen im Sinne seiner Strategie zeitgenössische Kunst aus Deutschland, insbesondere Klee, nach dem Ersten Weltkrieg in Frankreich wieder ausstellungsfähig zu machen.

5. Seit seiner Abwendung vom Expressionismus und Hinwendung zu einer modernistischen Kunstauffassung verhielt sich Klee beobachtend passiv bei der Rezeption und Propagierung des kulturkritischen Ideals »Irrenkunst« auch in Bezug auf seine Ausstellungstätigkeit in Frankreich.