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KLEES KLEINE EXPERIMENTIER MASCHINE UND PRÄHISTORISCHE MALEREIEN IM MUSEUM OF MODERN ART (1937) IN NEW YORK

ELKE SEIBERT

Summary

This essay is going to substantiate Seibert´s hypothesis that the MoMA-exhibition Prehistoric Rock Pictures from Europe and Africa curated by Alfred H. Barr in 1937, which showed 150 copies of prehistoric rock paintings, colored and partly in original size, legitimized new artistic forms to represent the past. In a visionary way, Barr complemented the exhibition concept by a separate section comprising artefacts by European avant-gardists, such as Paul Klee, and the surrealists André Masson, Joan Miró and Jean Arp. This made a visual conversation available to the public.

Klee`s oil transfer drawing Little Experimental Machine (1921) which was exhibited at MoMA is a striking example, that prehistoric art influenced the genesis of contemporary art in der 1930s, in Europe and in the United States. But Barr`s art premier was not a by-product. For the generation of contemporary New York artists, Klee, Arp, Miró, Kandinsky, and Picasso, played a groundbreaking role and the New Yorkers were familiar with them from having studied in Paris. The juxtapositioning of the prehistoric and the avant-garde showed the diachronic axis of their presumed influence.

This article demonstrates that contemporary debates about prehistoric artists and their art concepts belonged to a general American discourse on »Primitivism«, in a transatlantic dialogue. Within this discourse, prehistoric paintings captivated their viewers by means of their hitherto unimaginable temporal distance and the magic of having found the earliest expression of human creativity. 


 
 

Das Blatt Kleine Experimentier Maschine, 1921, 11, von Paul Klee bebildert am 20. Mai 1937 im Milwaukee Sentinel die Rezension zur Ausstellung Prehistoric Rock Pictures in Europe and Africa im Museum of Modern Art in New York (Abb. 1). Ausgewählt vom visionären Direktor Alfred H. Barr (1902 - 1981), ergänzte die Zeichnung seine Auswahl prähistorischer Felsbildkopien. Als Vierte einer Reihe, nach den wegweisenden Ausstellungen African Negro Art (1935), Cubism and Abstract Art (1935) und Dada, Fantastic Art, Surrealism (1936), präsentierte Barr diese Schau vorzeitlicher Bilder und lenkte die Aufmerksamkeit nordamerikanischer Künstler auf die Anfänge menschlicher Kreativität. Er war einer der frühen Kenner europäischer Avantgardekunst und ein Verfechter der US-amerikanischen These zum »Primitivismus« der Moderne, was ihn zu dieser Reihe von Ausstellungen angeregt hatte. Zudem brachte er als erster Kurator die Kopien der Frankfurter Sammlung Frobenius mit Bildern von Klee, Hans Arp, Joan Miró, André Masson, Wassily Kandinsky, Vladimir Lebedev und Mikhail Larionow in Verbindung.    
In den Staaten geriet die einflussreiche Ausstellung erstaunlicherweise in Vergessenheit und gehört bisher noch nicht zum Kanon der nationalen Kunstgeschichte. Die Hypothesen der Verfasserin1 verwiesen in den letzten Jahren konkret auf die amerikanische Rezeptionsgeschichte und eröffneten ein neues Forschungsfeld zur Aneignung und zur Genese von Kunst durch die Prähistorie, das auch vom Zentrum Paul Klee aufgegriffen wird. Die Ausstellungen Paul Klee. L’ironie à l’œuvre im Centre Pompidou (2016) in Paris und 10 American Artists: After Paul Klee (2017/18) in Bern widmen sich unter anderem diesem Themenkomplex.

The forgotten exhibition: Prehistoric rock pictures from Europe and Africa

Prehistoric Rock Pictures from Europe and Africa eröffnete 1937 in jenem historischen Moment, als sich amerikanische Künstler von der figurativen Malerei lösten und sich der Abstraktion zuwandten. Obschon die Schau durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs als auch durch den Tod des deutschen Leihgebers Leo Frobenius (1873 - 1938) in den Vereinigten Staaten in der Nachkriegszeit aus dem kunsthistorischen Fokus verschwand, wurde sie zu einem Katalysator bei der Aneignung prähistorischer Malerei durch US-amerikanische Gegenwartskünstler. Im MoMA-Archiv sind heute nur wenige Unterlagen für die Öffentlichkeit zugänglich und es grenzt an ein Wunder, dass ihre Rezeptionsgeschichte erst seit wenigen Jahren wieder Gegenstand der Forschung ist, in Europa und den Vereinigten Staaten. Hätte Alfred Barr die prähistorische Kunst bereits 1936 in seine Flow Chart eingetragen, wäre diese heute ein fester Bestandteil des Kanons zum »Primitivismus«. Dabei war es Zufall, dass gerade diese Ausstellung als letzte eröffnet wurde, denn Frobenius war zuvor ständig auf Expedition. Filmkuratorin Iris Barry sowie die Contemporary und Folk Art Kuratorin Dorothy Miller agierten, von der ersten Idee bis zum Ausstellungsdesign, als Protagonistinnen des MoMA und trieben das Projekt voran. Die Frankfurter Sammlung prähistorischer Felsbildkopien umfasste damals rund 3500 Bilder, die während 12 Expeditionen (1904 - 35) in situ in der Sahara, im Südlichen Afrika und in Europa von ausgebildeten Malerinnen und Malern angefertigt worden waren. Das MoMA entschied sich für Kopien aus der bekannten Altamira-Höhle und für »neue« Bilder aus Norwegen, Frankreich, Italien und Afrika. Jagdszenen komponiert aus den charakteristischen Handabdrücken, kombiniert mit Pferde-, Wisent-, Mammut- und Hirschkuhmotiven aus Europa; Ritualdarstellungen, Bilderwelten mit Bogenschützen, betenden und tanzenden Menschen, Antilopen, Elefanten, Giraffen und Löwen aus Afrika durchströmten die Räume. Überrascht haben die abstrakten Motive, arrangiert aus Punkten, Linien, Schraffuren, Zeichen und Symbolen. Bilder mit entmaterialisierten Körpern von Menschen und Tieren als auch mit amorphen Fels- und Landschaftsgebilden, im Katalog als »Formlinge« bezeichnet, wirkten für den Betrachter surreal und modern zugleich (Abb. 2).

Sie führen uns zurück zu Grundfragen der Kunstgeschichte. Ist die Abstraktion eine Erfindung der Moderne? Mit welcher Intention und in welchem Bewusstseinszustand gingen die eiszeitlichen Künstlerinnen und Künstler ans Werk? Wann beginnt die Kunstgeschichtsschreibung?

Obwohl Barr bereits seit 1935 in die Planungen involviert war, erwähnt er die prähistorische Kunst nicht in seiner Flow Chart, da er ihren Einfluss auf die Genese neuer Kunst und die Aura der Frankfurter Bilder zunächst unterschätzt hat. Zudem berichtet Barry in einem Brief an Barr, dass ein Grossteil der Kopien aus der vorangegangenen Europa-Tournee der Sammlung übernommen wird, so dass die Bildauswahl en gros den Felsbild-Schauen in Paris, Berlin, Frankfurt, Wien und Zürich entsprach. Barr wählte nur einen kleinen Teil während eines kurzen Besuchs im Juli/August 1936 in Frankfurt/M persönlich aus. Für die zweijährigen Tournee (1937 - 39) durch 29 US-amerikanische Städte (San Francisco Museum of Art, Los Angeles Museum of History, Science & Art, Academy of Natural Science in Philadelphia, City Art Museum in St. Louis, Honolulu Academy of Art, etc.) wurden während zwei Jahren (1935 - 37) eigens »Kopien der Kopien« im Frankfurter Atelier angefertigt.

Barr waren die grossformatigen Highlights der Sammlung ins Auge gestochen, die zuvor für alle Ausstellungen in Europa ausgeliehen worden sind. Er wählte klassische Felsbildmotive aus Frankreich als auch neu entdeckte Felsmalereien aus der ägyptischen Wüste und Südafrika aus. Beeindruckt von der Modernität der abstrakten Motivgruppen aus Norwegen und Oberitalien und den surrealen Naturdarstellungen aus Namibia, schwebte ihm, bald nach der Hängung der Kopien in den Räumen des MoMA, ein Dialog mit Kunstwerken der Avantgarde vor. Nur wenige schwarz-weisse Fotografien zum qualitativen Vergleich der Medien und zur Visualisierung der Felsoberfläche sollten die gemalten Kopien ergänzen, obwohl in Frankfurt Tausende von Fotos vorhanden gewesen wären. Er konzentrierte sich auf das Malerische: die flüchtigen Aquarelle und Kopien mit stark übermalten, mehrfach überarbeiteten Oberflächen hatten alle Kuratoren interessiert, auch in Europa.

Die Frankfurter Kopistinnen und Kopisten wurden in den Staaten, mehr als in der Heimat, als Künstler wahrgenommen: während ihre Bilder in Deutschland als »Auftragsarbeiten« nur den Status von Faksimiles innehatten, repräsentierten sie aus amerikanischer Sicht gleichermassen »deutsche Gegenwartskunst«. Die Kopie war im MoMA bereits 1932 als eigenständiges Kunstwerk durch die Ausstellung Persian Fresco Painting eingeführt worden.  Die Eigenständigkeit der Werke wurde nicht in Frage gestellt. Standen doch zeitgleich Tausende, auch etablierte, Künstler beim staatlichen Federal Art Project (FAP) in Lohn und Arbeit und hielten sich mit Auftragsarbeiten, mit grossformatigen Wandbildern für öffentliche Gebäude, während der Weltwirtschaftskrise über Wasser.

Obwohl Barr erst spät persönlich Einfluss auf die Felsbild-Präsentation in seinem Haus nahm, lenkte er die Konzeption in eine visionäre Richtung. Er reagierte auf die Dynamik des Projekts und wählte spontan einige vorhandene Kunstwerke surrealistischer Künstler aus: Klee, Masson, Miró, Arp und Kandinsky. Für das Publikum wurde ein visuelles Zwiegespräch möglich. Die Avantgarde war in einer separaten Abteilung auf der vierten Etage des damaligen Museumsgebäudes zu sehen, ebenso wie ein kleines Konvolut altindianischer, roter monochromer und polychromer Petroglyphen aus Kalifornien, kopiert 1935 durch FAP-Künstler, vermutlich für den Index of American Design. Mit dieser Ergänzung von Dorothy Miller wurden die Vorfahren der jungen amerikanischen Nation, die indianische Ur-Bevölkerung, ebenbürtig in die globale Menschheitsgeschichte aufgenommen. Miller, die Ehefrau des FAP-Direktors Holger Cahill, übernahm die Federführung beim Einrichten und der Hängung der Ausstellung, gemeinsam mit Frobenius amerikanischem Mitarbeiter Douglas Fox. So lag es für sie auf der Hand, Kopien für den Index hinzuzufügen. Cahill schreibt einfühlsam in seiner Einleitung zum Index über das Ringen der FAP-Künstler, eine angemessene farbige Kopie zu malen, und über die Unterschiede zwischen einer gemalten Kopie und der Fotografie.

Warum entschied sich Barr explizit für eine Präsentation prähistorischer Felsbildkopien in seinem Haus, dem einzigen Museum für Gegenwartskunst in New York? Die Felsbildkopien hätten thematisch auch im Museum of Natural History ausgestellt werden können.

»That an institution devoted to the most recent in art should concern itself with the most ancient may seem something of a paradox, but the art of the twentieth century has already come under the influence of the great tradition of prehistoric mural art.« so Barr im Katalog,2 und in seiner Pressemitteilung:

»Two factors make this exhibition of man’s earliest mural art of particular interest today: the extraordinary rise of interest in public or communal mural painting, especially in America and the resemblance between Paleolithic art and the works of Paul Klee, Hans Arp, Joan Miró and other artists related to Surrealism.«3 

Er wollte eine bisher schwer zugängliche Quelle der Inspiration – für die Surrealisten in Paris und in New York – in grossem Stil ausstellen, die sich ab den 30er Jahren zusätzlich zum bereits etablierten Dialog mit aussereuropäischer Kunst und der Bildnerei von psychisch Kranken und Kindern erschloss. Diese Bilder zeigten aus Sicht der Künstler und Kuratoren noch unverfälschte, unverbildete und nicht verformte Kunst – sofern sie originalgetreue Abbildungen der Felsmalereien in Farbe, Originalgrösse und -massstab sehen konnten. Erstmals waren die fest verorteten Felsbilder »mobil« geworden und ihre Mobilität eröffnete neue Wege der Rezeption in Nordamerika.

Barr fasst im Katalog die Magie dieser Bilder, und den Zauber des Anfangs gefunden zu haben, in biblische Worte:4»Even in facsimile they evoke an atmosphere of antediluvian first things, a strenuous Eden where Adam drew the animals before he named them.« Doch Barr's art premier mit kleinformatigen Bildern war kein Zufallsprodukt. Für die New Yorker Künstlergeneration der Gegenwart hatten Klee, Arp, Miró, Kandinsky und Picasso wegweisende Vorbildfunktionen und sie waren ihnen vom Studium in Paris vertraut. Die Zusammenschau von Prähistorischem und Avantgarde zeigte die diachrone Achse seiner angenommenen Beeinflussung. Er muss sich zuvor mit dieser Hypothese befasst haben, denn bereits 1929 veröffentlichte Christian Zervos in Cahiers d’Art einen Aufsatz von Leo Frobenius,5 bebildert mit einer Felsbildkopie aus Simbabwe, welche durch die sichere Zeichnung mit klaren dynamischen Linien besticht (Abb. 3). Die Silhouette, die Konzentration durch reine Zeichnung, prähistorischer Bilder wird bei Zervos mit den Portraitaufnahmen von Paul Klee, André Masson, Joan Miró, Jean Arp, sowie mit André Beaudin, Constantin Brancusi, u.a. publiziert, mit Barrs Avantgardisten! (Abb. 4) Die Pflichtlektüre europäischer und nordamerikanischer Kunstschaffender transportierte Tendenzen und Bilder von grosser Relevanz. Die Debatten um prähistorische Malerei wurden schon ein Jahrzehnt vor der MoMA-Ausstellung geführt. Ernst Ludwig Kirchner schrieb 1929:

»Klee arbeitet mit der reinen Linie, dem Urmittel der Zeichnung, wie ich es auch tue, unsere Vorfahren sind darin die Höhlenmenschen, die herrliche Sachen darin machten. Die sog. malerische Zeichnung mit Licht und Schatten hatte die Linie, das eigentliche Zeichnungsmittel ganz in Vergessenheit gebracht, erst wir haben sie wiederentdeckt und ihre Sprache ausgebildet mit unseren Nerven und den Formen der Neuzeit.«6

Robert Goldwater nennt in seiner Rezension zu Prehistoric Rock Pictures from Europe and Africa, die vor seiner bahnbrechenden Publikation Primitivism in Modern Painting erschien, wohl die entscheidende Prämisse für die »Entdeckung« der prähistorischen Malerei in den 1930er Jahren, die für epochale Ausstellungen bis in die 1980er Jahre ihre Gültigkeit behalten und Kontroversen auslösen sollte: »Even today the exotic appeal of this art, as with that of any other ›primitives‹, may influence the close affinity to modern art which is often found in it; yet we must recognize this exoticism as an important factor in the constitution of modern eye.«7 

Er spitzt die Suche nach einer Erklärung für die Faszination der eiszeitlichen Werke auf die Begründung der Selbstbespiegelung zu. Es werden die Gemeinsamkeiten gesehen und nicht die Unterschiede. Die prähistorische Kunst und aussereuropäische Artefakte waren interessant, inspirierend und wurden geschätzt, als sich die Künstler der westlichen Welt wiedererkannten, was ihre visionäre Leistung nicht schmälern soll, und sich die Weltzugänge trafen. Doch im Vergleich zu den nicht-westlichen Objekten und Skulpturen haftete den prähistorischen Malereien die Magie einer unvorstellbar fernen, unbekannten Vergangenheit an. Der Zeitfaktor ist einzigartig und lässt sie aus dem Gattungsbegriff »primitiv« herausragen. Ihre Modernität wurde von Künstlern des Surrealismus und des späteren abstrakten Expressionismus auf beiden Seiten des Atlantiks geschätzt.

»First Surrealists Were Cavemen«8

Die Ausstellung Prehistoric Rock Pictures from Europe and Africa zeigte im Jahre 1937 die ganze Vielfalt vorzeitlicher Kunst, in stetem transatlantischen Austausch von Bildern. Da die Malereien aus der Höhle von Altamira bereits durch Illustrationen in Zeitschriften und Fachbüchern bekannt waren, herrschte angesichts des überwältigenden künstlerischen Spektrums der »neuen« Bilder alsbald eine Aufbruchsstimmung in der New Yorker Kunstszene.
Anhand von drei Bildern Hans Arps und einer aquarellierten Zeichnung Paul Klees sollen der angenommen Barrsche Dialog mit den prähistorischen Felsbildkopien visualisiert werden. Die von Barr zusammengestellten Bildwerke wurden von der Verfasserin durch Sekundärquellen erschlossen, da im Ausstellungskatalog ausschliesslich Felsbildkopien aufgelistet wurden und im MoMA-Archiv keine Objektliste vorhanden ist. Die folgenden singulären Werke, welche in der Pressedokumentation eruiert werden konnten, waren fern aller Spekulation9 im MoMA zu sehen. Unter der Überschrift »First Surrealists Were Cavemen«10 illustrieren Klees Kleine Experimentier Maschine von 1921 (Abb. 5) und eine Felsbildkopie mit drei Straussenvögeln aus der ägyptischen Wüste den Artikel. Die beiden Bilder zeigten für die Journalisten auf den ersten Blick eine übereinstimmende Bildsprache. Der Toledo Blade kommentiert die Abbildungen: 

»One of the above [mentioned] pictures was discovered by archeologists in the African desert, cut on rock by an artist of prehistoric times. The other is a creation of a modern surrealist artist, done within the last fifteen years. Can you tell which is which?«11

Unverständnis über die »degenerierten« Kunstwerke der Pariser Surrealisten auch in Los Angeles. Der Examiner druckt: 

»Is a feeble imitation of a previous, superior art which was the real primitive? […] Everyone at the exhibition saw at once that here was the source from which the dada-surrealists and other freak artists of modern times drew their weird ›inspiration‹ […]. Professor Frobenius points out that modern freak artist have not imitated prehistoric art at its best which was during the last Ice Age, but in its later decadent stages […] in other words, the art cycle has fallen so low… […] But decadent though it is, compared with Ice Age art that prehistoric painter had a long way to degenerate before he would have turned 

out anything so crude as the modern art of Arp’s ›Two Heads‹. To find anything as childish as Arp’s › Mountain, Navel, Anchors, Table‹ one searches the prehistoric art of Africa in vain.«12 

Das landesweite Presseecho, mit fast hundert Artikeln, war gespalten und nahm erstaunlicherweise fast keine Notiz von der brisanten Lage der europäischen Avantgardisten im Deutschen Reich und der Brandmarkung »Entarteter Kunst« durch die Nationalsozialisten. Auch schien der Terminus »degeneriert« noch zum gängigen Fachjargon der Natur- und Kulturwissenschaften zu gehören. Fox lancierte im Vorfeld als Sympathisant der Nationalsozialisten eine Deutschland-freundliche Kampagne in den USA und ebnete Frobenius in beiden Ländern den Weg. Auch war Fox Mitherausgeber des Katalogs, Publizist und eine treibende Kraft des Projekts, obwohl der anschliessende Verkauf des gemeinsamen Buches zu afrikanischen Mythen und Märchen in den Staaten nur sehr schleppend verlief. Dank seines Engagements finanzierte Walter P. Chrysler das Projekt, protegierte Frobenius und führte ihn in die New Yorker Gesellschaft ein. Es waren weiterführende Projekte vereinbart, die nicht mehr zustande kamen.

Kleine Experimentier Maschine (1921)

Die aquarellierte Zeichnung gehört in die Phase der Zwitscher-Maschine, 1922, 151, die sich heute in der Sammlung des MoMA befindet, während 1937 die Kleine Experimentier Maschine eine Leihgabe aus Privatbesitz war und blieb (Abb. 5).
Die Technik des Bildes, die Ölpause auf Papier, verrät Klees Absicht, ein automatisches Bild herzustellen. Das Durchdrücken, das Pausen, ist ein mechanischer Herstellungsprozess. Und was produziert er? Eine Maschine, die, wie bei der Zwitscher-Maschine, mit einer Handkurbel gespannte, dünne waagerechte Drähte oder Saiten, hin- und her bewegt. Auf den Saiten sind wiederum senkrechte kleine Installationen aus Scheiben, Halbmonden, Blättern, Ballons oder Fähnchen befestigt, die beim Kurbeln in Bewegung gesetzt werden. Das Halbfertige, der Schmutz der geschmierten Maschinenglieder, wurde perfekt durch das Pauspapier auf das Trägerpapier übertragen. Die schwarzen Linien kontrastieren mit der gelben Aquarellfarbe: die Kleine Experimentier Maschine wird ausgeleuchtet, verstärkt durch den gelben Farbrahmen des Kartons.  
Die Vorzeichnung, 1921, 44 (Feder auf Papier auf Karton, 18,4 x 28 cm) zum Blatt (Abb. 6) lässt einen identischen »Versuchsaufbau« erkennen, doch ist das Motiv, im Verhältnis zur Blattgrösse, grösser dimensioniert. In der linken oberen Hälfte der Maschine ist das Wort »Zwitsch« an einen kleinen rotierenden Propeller geschrieben. »Zwitsch« wie Zwitscher-Maschine? Der Gedanke liegt nahe. Gerade Die Zwitscher-Maschine, die nur ein paar Wochen nach dieser MoMA-Ausstellung als »Entartete Kunst« in München ausgestellt werden sollte und über den Kunsthandel 1939 in die Sammlung des Museum of Modern Art gelangte. Und welche für Barr kunsthistorisch so bedeutend war, dass er sie 1946 in der dritten Auflage des Kataloges zur Ausstellung Dada Fantastic Art Surrealism auf dem Frontispiz abgedruckte. Die Zwitscher-Maschine verbreitete ab den 1930er Jahren ihre Botschaft in den Staaten und wurde zu einer Ikone des Abstrakten Expressionismus.
In seiner »Zeitlosigkeit« wurde Klee von Künstlern in New York bewundert. Durch einige Ausstellungen in den Staaten war er ab 1924 zum bekanntesten und einflussreichsten deutschschweizer Maler avanciert, zu einem Schwergewicht in der fast erdrückenden Übermacht der französischen Avantgardisten. Barr hatte ihn mit einer Einzelausstellung 1930 im MoMA protegiert.
Auch Klee war an Archetypen interessiert, weshalb diese Zeichnung Kleine Experimentier Maschine während Barrs Ausstellung Fantastic Art, Dada, Surrealism (1936) ebenfalls zu sehen war. Werke von Klee, Miró und Masson spielten eine entscheidende Rolle bei der Loslösung amerikanischer Künstler vom Kubismus: durch die Wirkung des Automatismus und Biomorphismus in ihren Bildern.13 

Doch wollte Klee auch mit der Kleinen Experimentier Maschine viel mehr ausdrücken als eine reduzierte Zeichnung einer Maschine in Bewegung. Der Automatismus der Surrealisten beschäftigte Klee in den 1920ern und er formte aus Pflanzen, Architekturen und Tieren technische Apparaturen, Maschinen, Werkzeuge oder Fluggeräte. 

Zeichen und Symbole prähistorischer Künstler und ihrer Konzeptkunst wurden von den Avantgardisten in Europa und in New York gelesen und in die eigenen Sphären projiziert. In diesem Sinne hätte Paul Klee keine neuen Bildrealitäten erfunden, sondern das Gesehene, Erfasste und Wahrgenommene in anderen Zuständen und Gestaltungen widergegeben, wie auch die Ausstellung Paul Klee, L’Ironie à l’œuvre im Centre Pompidou in Paris eindrücklich zeigt. Die Referenzialität auf die Vergangenheit gehörte zu seinem Gesamtwerk. Die Konstruktion einer »Zeitlosigkeit« von Kunst befeuerte die Debatten in den 1930er Jahren, zu jenen Versuchen, die Modernität des Primitivismus zu begreifen.

Mountain, Navel, Anchors, Table (1925) und Two Heads (1927)

Hans Arp, den Barr ein »one-man laboratory for the discovery of new forms«13 nannte, wollte wie die Künstler der New York School auf seinem Weg zur ungegenständlichen Malerei, Natur und Abstraktion vereinen. Dieses Konzept hatte er mit Künstlern der Schule von Hans Hofmann wie den American Abstract Artists gemeinsam, und Barr ermöglichte das visuelle Zwiegespräch. Seine Intuition war visionär, denn Arp und Klee waren nicht nur auf der Suche nach neuen künstlerischen Lösungen, sondern beide hatten eine Affinität für das Ursprüngliche, für Originalität und für Prähistorisches. Das Destruktive, nicht das Dekonstruktivistische der Kubisten, gehörte zu ihrer Kunst in den Jahren zwischen den Weltkriegen. Die Zerstörung stand für Arp und für die Dada-Bewegung am Anfang der ersehnten geistigen Erneuerung. In Arps Mountain, Navel, Anchors, Table (Montagne, nombril, ancres, table) (Abb. 7) von 192514 werden die Kerben in der Leinwand zum zentralen Motiv im blauen Bildraum. Die Oberfläche ist sowohl horizontal als auch vertikal eingeschnitten 

und die entstandenen Kerben zeigen in ihren Umrissen einen Tisch mit vier Beinen. Darüber erhebt sich ein braunes Bergmassiv mit zwei Bergwipfeln, auf welchen wiederum zwei eingeschnittene Anker schweben. Die rechte Bergspitze umschliesst einen kleinen schwarzen Ring, den Bauchnabel. Der weisse Holzrahmen akzentuiert die Farbkontraste der weissen Einschnitte, der braunen Berge und des blauen Hintergrunds. Die formalen Übereinstimmungen mit der Felsbildkopie einer Gravierung auf einer Felswand in Ägypten15 sind verblüffend. Auch dort sind Einkerbungen in der Felswand zum ausdrucksstarken Teil der Komposition geworden. 1925/26 lebte Arp in Paris, Tür an Tür mit Miró, Alexander Calder und Henry Moore.16 Die gegenseitige Beeinflussung war enorm. In seinen gesammelten Schriften, Unsern täglichen Traum. Erinnerungen, Dichtungen und Betrachtungen aus den Jahren 1914 - 1954, beschreibt Arp das Bild in den Werkstattfabeln: 

»Der Träumer vermag […] Blitze zu bündeln, einen gewaltigen Berg, der von einem Nabel und zwei Ankern träumt, über einen kleinen schwachen armseligen Tisch, der einer Mumie gleicht, schweben zu lassen.«17 

Auch kann davon ausgegangen werden, dass die Exponenten der Moderne prähistorische Höhlenmalereien in Frankreich oder gar Felsbildkopien in Paris gesehen haben. Arp hält fest:18

»Schon mit gesenkten Lidern fliesst die innere Bewegung reiner in die Hand. In einem dunkeln Raum ist der Fluss der inneren Bewegung noch leichter zu leiten. Der Dirigent einer inneren Musik, der grosse Bildner der Steinzeit, zeichnete mit nach innen gerichteten Augen. Die Zeichnung wird transparent und lässt die Überlagerung, die Erregung, die Wiederholung des inneren Gesangs, die Umschreibung zu einem tiefen Atem werden.« 

Die Materialität in Arps zweitem Bild Two Heads (Deux têtes) (Abb. 8) aus dem Jahre 1927 ist im Vergleich zum ersten Werk ins Gegenteil verkehrt.19 In einem hochrechteckigen Bildfeld ohne Rahmung konturieren feine weisse, aufgeklebte Papierkordeln das Motiv. Aus der amorphen Form entwickeln sich zwei Köpfe mit runden Augenöffnungen und Nase, die sich zugewandt erscheinen. Die weisse Oberfläche wurde zur Schaffung einer dreidimensionalen Wirkung erhöht und nicht eingetieft. Der durchgehende Umriss der Kontur erzeugt einen starken zeichenhaften Ausdruck, ohne Farbkontraste, nur durch einen Licht-und-Schatten-Effekt der Kordel. Diese Simplizität stimmt mit jener Gravierung eines lebensgrossen Bären überein (Abb. 9), die an einer senkrechten Felswand über dem Meer in Norwegen gefunden wurde. Diese eindrückliche Kopie wurde in der Presse häufig rezipiert. Die durchgängige Linienführung, die ikonische Zeichnung, bindet die Bildintensität. Beide Bilder lenken den Fokus auf die Materialität der kopierten und der aufgedoppelten Oberfläche, experimentieren mit der Transformation von Drei- und Zweidimensionalität. 

Als Kennerin des Arpschen Œuvre stellt Carola Giedion-Welcker bereits 1958 im MoMA-Katalog zu einer Arp-Retrospektive die Beziehung zur prähistorischen Kunst her: »They [Arps Bilder] speak in a dialogue which call to mind the clownish mutterings of James Joyce’s Jute and Mute, and primeval rock formations. The dialogue is carried on in our modern idiom, but it constantly renews itself from these primal sources.«20

Dieser Dialog, die Erneuerung aus der Vergangenheit heraus, formte die Moderne in den 1930er Jahren – prehistoric modern.  Zurück zum Ursprung des Menschen, als ein Bestandteil der Natur: Arps Kunst zielte auf Freiheit, auf die Freiheit des Unbewussten. Die Einfachheit seiner Formen stellte er dem Rationalen gegenüber. Diese Intention hatte er mit Klee gemeinsam und Barr kannte die Zusammenhänge. Nur ein Jahr zuvor hatte Giedion-Welcker zu Arps Formenvielfalt geschrieben: 

»Peculiar formal entities arise – one might call them Formlinge (Frobenius' term for archetypal form-beginnings). Here too, primeval shapes seem to come to life again and to act out a burlesque of today.«21 

Barrs Ausstellung prähistorischer Felsbildkopien aus der Sammlung Frobenius war 1957 in New York noch präsent! Als Siegfried Giedions Ehefrau hatte sie die europäische als auch die amerikanische Wissenschaftsgeschichte im Blick und in ihren Monografien zu Arp und Joyce rekurrierte sie immer wieder auf Vergangenes, die Vergangenheit. Das Rezitieren der Wortneuschöpfung legt nahe, dass sie mit Frobenius Schriften und seiner Felsbildsammlung vertraut war. Man ist versucht zu sagen, sie stimmte ihm zu, was für zukünftige Forschungen zu klären wäre.
Die Bildbeispiele lassen den Schluss zu, dass Miró, Masson, Kandinsky und Klee aus konzeptionellen Gründen von Barr ausgewählt worden waren und beim Rundgang durch die Ausstellung eine Synthese zuliessen. Miró und Masson hatten Klees Bilder, wie viele französische Künstler, durch Reproduktionen kennengelernt. 1922 entdeckte Masson an einem Stand am Pariser Seine-Ufer ein Buch mit Klees Bildern. Nachdem er es Miró gezeigt hatte, wurden die Abbildungen von Klees Werken für beide Maler zur Offenbarung. Miró wäre ohne Klee und Masson nicht Miró geworden. Die 

Zusammenschau von Klees, Kandinskys, Mirós und Massons Werken war aus Barrs Perspektive keine angenommene diachrone Beeinflussung, sondern ein aktueller, in Pariser Kreisen bekannter Dialog, welchen Barr der New Yorker Kunstszene vor Augen führte. 

Die Aneignung prähistorischer Malereien durch die »American Abstract Artists«

Barrs Konzept zur Ausstellung Prehistoric Rock Pictures from Europe and Africa war in vielerlei Hinsicht zukunftsweisend und wurde im Jahr 1937 besonders von den Nachwuchsmalern verstanden. Künstler der American Abstract Artists, um 1900/05 geboren, in Europa ausgebildet, nahmen die Bilder der schwer zugänglichen Inspirationsquelle aus der Vergangenheit begeistert auf.

Auch bestand eine direkte Verbindung von Arp zu den American Abstract Artists. Jean Hélion berichtet in einem Interview 1985/86 über die Gründungsphase der amerikanischen Künstlergruppe. Sophie Taeuber und Arp gaben seit 1937 in Zusammenarbeit mit den Gründungsmitgliedern George L. K. Morris und A. E. Gallatin die Zeitschrift Plastique heraus, so dass der künstlerische Austausch exakt im Ausstellungsjahr des Kollektivs intensiviert worden ist. Hélion war schon 1936 von Paris nach New York gegangen. Er wurde sogleich vom Kreis angefragt, eine Gruppe nach Pariser Vorbild zu gründen, doch riet er ihnen, eine eigenständige Vereinigung aufzubauen, die American Abstract Artists.22 Die Gruppe verfolgte als einzige Vereinigung das Ziel, eine Ablösung von der figurativen Malerei herbei zu führen und sich der Abstraktion zuzuwenden. Josef Albers, Rosalind Bengelsdorf, Ilya Bolotowsky, Harry Bowden, Bryon Browne, Giorgio Cavallon, Burgoyne Diller, Werner Drewes, Susie Frelinghuysen, A. E. Gallatin, Balcomb Greene, Harry Holtzman, Carl Holty, Georg L. K. Morris, Esphyr Slobodkina oder David Smith gehörten u.a. seit der Gründung dazu. Voller Idealismus flossen die prähistorischen Konzepte in ihre Schriften und in ihre Kunst ein. Ihre persönlichen Aufzeichnungen verraten die Transformationen von Vergangenem. Die Höhle als Raum, die dreidimensionale Oberfläche der Felswände und die Effekte von Licht und Schatten sowie die Bewegung in der Bildkomposition trafen den Nerv dieser Generation.    

Die erst 21jährige Rosalind Bengelsdorf (Browne), Mitbegründerin der American Abstract Artists, gehörte zu den selbstbewussten »individual females«, die auf Augenhöhe mit ihren männlichen Kollegen publizierten, dozierten und die Gegenwartskunst beförderten. Nach dem Besuch der MoMA-Ausstellung schrieb sie auf einen Notizblock: 

»The artists who produced Altamira and Lascaux cave paintings were capable of a great deal of invention and imagination. A man who could produce images of animals with such monumental sophistication – dramatizing masses – attenuating delicate limbs incorporating all design with the rock formation he worked on […] – a man who could do this […] was not a savage, he was simply a man without conveniences […] The artist with this view wanted […] to show within the limits of a two-dimensional surface on a block of stone – the struggles, the tensions, harmonies, destructions and degenerations, a unit of life goes through to survive.«23 

Auch für Balcomb Greene, der in einem Atemzug mit Stuart Davis oder Willem de Kooning zu nennen ist und den American Abstract Artists lange vorstand, markierten die Bilder prähistorischer Künstler den Beginn der Kunstgeschichte. Beeinflusst durch seinen engen Freund Robert Goldwater gehörten diese Artefakte für ihn zum »Primitivismus«. Greene und Bengelsdorf sollen als Beispiel für das weite Spektrum der sogenannten First Generation der New York School dienen, welche Frobenius Felsbildkopien reflektierten und heute ein neues Forschungsfeld zur Genese des amerikanischen abstrakten Expressionismus eröffnen.
Die Frankfurter Kopien und Werke von Arp, Klee oder Miró zeigten den New Yorker Künstlern - ganz unerwartet - unbekannte Wege bei der Lösung aktueller Probleme auf. Viele von ihnen experimentierten mit der Perspektive, dem Verweben von Flächen, der Materialität von Oberflächen, mit Dreidimensionalität, der Balance zwischen Licht und Schatten und versuchten den abstrakten Kompositionen Spannung zu verleihen, wie Chamion von Wiegand in ihrer Rezension im offiziellen Publikumsmedium der Gruppe Art Front herausstellte:

»These pre-historic artists knew and mastered many of the problems of modern art. They studied perspective, movement, chiaroscuro. […] 

Structure and muscular tension are dramatized through contrasts of light and dark spots and broken contour, so that a three dimensional art emerges.«24 

Diese Suche war Gegenstand der Debatten und Barr bestens bekannt. Auch von Wiegand ordnet die prähistorische Felsbildkunst in den Diskurs zum »Primitivismus« ein und benennt indirekt Barrs Strategie:  

»The old African tribal gods, the savage rhythmic dances, the exotic handicrafts and magic art of Africa made a triumphal conquest of European art. Morocco, Tunis, Japan, China, India, the South Seas, the Argentine, Mexico, each in turn and finally Africa and prehistoric culture have all their day in modernist painting.«25

Obwohl nur wenige der American Abstract Artists zu Ruhm und Anerkennung gelangten, ist diese lose Ausstellungsformation für wenige Jahre (1937 - 40) innovativ, einflussreich und eine Alternative zur etablierten Szene gewesen. Sie trugen mit dazu bei, durch die Inspirationsquelle der prähistorischen Malerei, eine Ablösung von der figurativen zur abstrakten Kunst herbeizuführen.

Ausblick auf den Beginn der US-amerikanischen Forschung zur Ausstellung »Prehistoric Rock Pictures from Europe and Africa«

Meyer deutete 2013 auf die neuen Forschungsfelder, welche sich mit der Wiederentdeckung der Ausstellung Prehistoric pictures from Europe and Africa aufdrängen, zu Mimesis, zur amerikanischen abstrakten Kunst, zum Primitivismus und Exotismus. Seine Ideen zielen in die richtige Richtung: »Prehistory and modernity speak to each other across the widest expanses of time and geography through the mediation of pictorial facsimile and museum exhibition.«26 Ebenso folgerichtig ist, dass das Aufkommen der abstrakten Kunst in den 1930ern und 40ern keine logische chronologische Entwicklung war und auch nicht monokausal. Es sollte allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass Meyer den Impetus der deutschen Kopisten überhöht. Frobenius war pragmatisch und ein guter Geschäftsmann. Die Felsbildkopien der MoMA-Ausstellung entstanden nachträglich im Frankfurter Atelier und nur selten vor den Originalen. Die Motive der Kopien seiner Sammlung sind teilweise ergänzt und nachgezeichnet worden, und spiegeln nicht den Moment ihrer gegenwärtigen Entdeckung wider. Auch verwundert es, dass Meyer als ergänzende Präsentation Twelve Modern Paintings nennt und Barrs art premier nicht mit Hilfe der MoMA-Pressedokumentation rekonstruiert hat.27 Seine Argumentation zur Rezeption der monumentalen Formate der Felsbildkopien in den wandfüllenden Formaten der späteren Abstrakten Expressionisten ist dagegen sehr überzeugend. Golans28 (2009) und Indych-Lópezs29 (2009) Publikationen widmen sich unter dieser Prämisse bereits dem Wandbild im 20. Jahrhundert in Europa und Nordamerika. Doch machten sich Maler wie Robert Motherwell oder Jackson Pollock selbst auf den Weg, um prähistorische Kunst in Originalgrösse zu sehen. Auch wenn ihre Gemälde in die Begrenztheit der Leinwand eingeschlossen bleiben mussten. Pollock interessierte sich für Petroglyphen indianischer Ureinwohner, unter freiem Himmel. Für seine Expeditionen an die US-amerikanische Westküste lieferte auch die MoMA-Ausstellung das Stichwort, denn nicht ohne Grund hatte Miller eine kleine Sammlung von Lithografien mit Abbildern indianischer Felsmalereien aus Kalifornien in die Ausstellung integriert. Motherwell war zu jung, um 1937 das MoMA besucht zu haben. Er reiste später von Paris aus zur Höhle in Altamira und sagte über das Deckengemälde in einem Interview: »They were moving«.30 Für ihn hatten sich die Bilder an der Höhlendecke bei flackerndem Kerzenlicht in Bewegung gesetzt. 

Die prähistorische Felsbildmalerei hat in den wichtigen Jahren von 1937 bis 1942, mit der Ablösung vom Kunstzentrum Paris und dem Beginn der »post-European period«, künstlerische Impulse gegeben, die amerikanische Maler in neue Inhalte ihrer Kunst einfliessen liessen. Mit der Rekonstruktion der Ausstellung Prehistoric rock pictures from Europe and Africa im MoMA (1937) ist ein missing link gefunden worden. Barr wollte keinen Vergleich von Vergangenheit und Gegenwart, sondern Toleranz und Offenheit für alle Formen von Kunst schaffen. Das MoMA hatte als einziges Gegenwartskunstmuseum die Aufgabe, mit Flexibilität und Wandelbarkeit voraus zu denken. Deshalb entschied er sich explizit, Frobenius Felsbildsammlung in seinem Hause zu zeigen, obwohl sie thematisch auch im Museum for Natural History hätte ausgestellt werden können. George L. K. Morris wünschte sich im Jahrbuch 1939 für das MoMA: »An exhibition could be planned so as to include the Stone Age, and various phases of abstract art through Egypt, Greece, China, the Arab Periods (when all art was required to be non-representational), through Cubism, into the contemporary European and American movements.«31  Diese Strategie verfolgte Barr: »In the future the Museum plans an exhibition which may include Dutch primitives, […], El Greco, Paleolithic cave drawings, […] Russian icon, Persian miniatures, and 20th century sculpture and painting.«32 

Vergangenes in der Gegenwartsehen und verstehen, in der unmittelbaren Gegenwart, in spontanen Kunstäusserungen: das war seine Vision.


 

1     Die neuen Thesen wurden von der Autorin erstmals in deutscher Sprache in kunsttexte.de (7/2014) publiziert. Die Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse zur Aneignung prähistorischer Kunst durch die American Abstract Artists am Smithsonian American Art Museum (2012 - 14), Washington DC, und eine Kunstausstellung sind in Planung: »The ›Cavey‹ Pictures«, RIHA Journal, Ende 2016. Ich danke Michael Baumgartner und Osamu Okuda für die fruchtbaren Diskussionen und für die Möglichkeit, diesen Aufsatz in überarbeiteter Fassung und in einem zitierfähigen Format zu publizieren, der in einer Kurzfassung im Begleitheft zur Ausstellung »Kunst der Vorzeit«, Martin-Gropius-Bau,  Berlin 2016, S. 55 - 62, abgedruckt worden ist. Herzlicher Dank gilt ebenfalls meinem Mentor Thomas Kirchner und meiner Kollegin Nina Schleif, die mich zu dieser Neufassung ermutigt haben.  

2     Alfred H. Barr, Einleitung im Katalog zur Ausstellung. Vgl. Leo Frobenius / Douglas C. Fox, Prehistoric Rock Pictures from Europe and Africa, New York 1937. 

3     Pressemitteilung, Museum of Modern Art Archives, Public Information Records, Scrapbook #26: Prehistoric Rock Pictures in Europe and Africa, Exh. #61, 1937 April 28 - May 30; C/E 1937 - 39.

4     Wie Anm. 2

5     Leo Frobenius, »L´Art de la Silhouette«, in: Cahiers d’Art (1929), Heft 8 - 9, S. 397.

6     Ernst Ludwig Kirchner an Hansgeorg Knoblauch am 2. März 1929, in: Ernst Ludwig Kirchner. Briefwechsel mit einem jungen Ehepaar 1927 – 1937. Elfriede Dümmler und Hansgeorg Knoblauch, Bern 1989, S. 61. Ich danke Osamu Okuda ganz herzlich für den Hinweis auf die Quellen in Anm. 5 und 6.

7     Robert Goldwater, »Prehistoric Rock Pictures«, in: Magazine of Art, Jg. 30, Heft 6, 1937, S. 380 - 382.

8     Überschrift in: The Examiner, Los Angeles, May 1937. Toledo Blade (Ohio), 20. Mai 1937.

9     Richard Meyer, What was contemporary Art?, Harvard 2013, S. 148. Meyer nennt erstaunlicherweise Bilder der Ausstellung Twelve Modern Paintings, anstatt die erwähnten Bilder aus der Pressedokumentation des MoMA-Archives auszuwerten.

10     Milwaukee Sentinel, 20. Mai 1937, S. 13.

11     Toledo Blade (Ohio), May 20, 1937.

12     The Examiner, Los Angeles, ohne Datum.

13     Hans Arp. Graphik 1912 - 1959, hrsg. vom Kunstmuseum Basel (1959), Vorwort. 

14     Arps Werk wird genannt in The Examiner, Los Angeles, ohne Datum. Quelle wie Anm. 12.

15     Siehe Abb. 5, S. 57, In: Kunst der Vorzeit, Bd. II, Martin-Gropius-Bau, Berlin 2016, S. 55 - 62.

16     Arp, hrsg. vom Museum of Modern Art, New York 1968, S. 10.

17     Hans Arp, Unseren täglichen Traum. Erinnerungen, Dichtungen und Betrachtungen aus den Jahren 1914 - 1954, Zürich 1955, S. 97.

18     Wie Anm. 17, S. 87.

19     Wie Anm. 14.

20     Arp, hrsg. vom Museum of Modern Art, New York 1958, S. 22. 

21     Carola Giedion-Welcker, Jean Arp, New York 1957, S. XIV.

22     Arp 1886 – 1966, hrsg.  von Jane Hancock und Stefanie Poley, Stuttgart 1986, S. 174.

23     Rosalind Bengelsdorf Papers, Smithsonian Archives of American Art.

24     Chamion Von Wiegand, »Prehistoric Rock Picture«, in: Art Front, June - July 1937, S. 10 - 11, 18.

25     Wie Anm. 24.

26     Wie Anm. 9, S. 138.

27     Wie Anm. 9, S. 148. 

28     Romy Golan, Muralnomad: The Paradox of Wall Painting, Europe 1927 - 1957, New Haven 2009.

29     Anna Indych-López, Muralism without walls. Rivera, Orozco and Siqueiros in the United States, 1927 - 1940, Pittsburgh 2009.

30     Robert Motherwell, Inside New York’s Art World: Robert Motherwell, 1979,
http://bestplay.pk/watch/n_evtvqBawY

31     Jahrbuch 1939, hrsg. von The American Abstract Artists, »Einleitung«.

32     Zitiert nach Meyer, wie Anm. 9, S. 117.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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PAUL UND FRITZ – ZUR FREUNDSCHAFT VON PAUL KLEE MIT DEM NERVENARZT FRITZ LOTMAR

WALTHER FUCHS

SUMMARY

The neuropsychiatrist Fritz Lotmar (1878 - 1964) was one of Klee’s most important friends. Against the background of his biography, the stages in the friendship that began in the early years in Berne (1890 - 1908) and ended with Klee’s death in 1940 are presented and discussed – the early years they shared in Berne, their meeting in Munich (1908), their reunion in Berne, after they left Germany in 1933/34, Lotmar as a collector of Paul Klee’s works. Interest is focused both on Lotmar himself and his wife Olga, his father Philipp Lotmar and the children Walter, Ruth and Paula. This relationship with Klee is seen against the background of Lotmar‘s rank as an outstanding scientist – his comprehensive neurological training, his activity as a clinician and researcher in Munich and Berne, his publications on the subject of aphasia (inability to speak) and his importance as a scholar, nevertheless, he never became a tenured professor. Finally, the question is discussed to what extent medical knowledge has found its way into the work of his friend Paul Klee. 


 
 

Die enge Freundschaft zwischen Fritz Lotmar und Paul Klee begann 1890 in Bern und dauerte bis zu Klees Tod im Jahr 1940 (Abb. 1).1 Klee schrieb am 27. Mai 1906 an seine Verlobte Lily Stumpf über den Mediziner: »Jetzt, da meine Freunde nicht da sind, sehe ich, was für ein Nest Bern ist. Mit Lotmar ging’s so gut, und ich sehe jetzt auch, wie viel ich ihm verdanke. Er ist eben doch der bedeutendste Mensch, der mir je vorgekommen ist. Alle andern sind klein neben ihm, Blech [Hans Bloesch], Mimu [Hermann Haller], [Louis] Moilliet und so weiter. Wenn man Lotmar hat, so ist es nicht möglich, in irgendeiner Weise zu verkommen. Man hat immer sein Beispiel vor Augen.«2 (Abb. 2)

 
 

In München geboren und in Bern aufgewachsen, zählte der Nervenarzt Fritz Lotmar (1878 - 1964) zu den bedeutendsten Freunden Klees.3 Vor dem Hintergrund seiner Biografie, werden Stationen der freundschaftlichen Beziehung, die auf gemeinsam verbrachte Jugendjahre in Bern zurückgingen und die mit dem Tod von Klee endeten, dargestellt und besprochen – die gemeinsame Jugendzeit in Bern, Wiedersehen in München, Treffen in Bern, nach ihrer erzwungenen Rückkehr aus Deutschland, Lotmar als Sammler der Werke Paul Klees. Dabei richtet sich der Fokus nicht nur auf Lotmar selbst, sondern auch auf seine Frau Olga, auf seinen Vater Philipp Lotmar und die Kinder Walter, Ruth und, am Rand, Paula. Die Stationen der Beziehung zu Klee werden jeweils auch in einen medizinhistorischen Kontext von Lotmar als Forscherpersönlichkeit gesetzt – seine umfassende neurologische Bildung, sein Wirken als Kliniker und Forscher in München und Bern, seine Veröffentlichungen zum Thema Aphasie (Wortfindungsstörung) und Bedeutung als Wissenschaftler. Der intelektuelle Austausch der beiden Freunde beschränkte sich nicht nur auf musikalische und gesellschaftskritische Überlegungen, sondern beinhaltete auch Fragen zur modernen Kunst. Quellen sprechen dafür, dass sich Klee und Lotmar auch über den Kreativitätsprozess von Kindern unterhielten sowie über die Evolution von Schrift und Sprache. 

Das Haus Lotmar am Feldeggweg 3 in Bern; ein Debattiersalon und Übungslokal

Der 1878 in München geborene Fritz Lotmar war der zweite Sohn von Philipp und Paula Lotmar, geborene Bacher.4 Sein Vater wirkte von 1888 bis 1922 als ordentlicher Professor für Römisches Recht an der Universität Bern.5 Er hatte zudem einen bedeutenden Ruf als Rechtsphilosoph und Arbeitsrechtler (Abb. 3).6 Im Haus Lotmar am Feldeggweg 3 in Bern (Abb. 4), in dem diskutiert und musiziert wurde, fand der junge Klee linksliberale Ansichten, die er in seinem Elternhaus vermisste und die zu den gesellschaftskritischen Überlegungen, die er in der Korrespondenz mit seiner emanzipierten Verlobten in München anstellte, sehr gut passten.7 Und über die dort veranstalteten »schwere[n] Streichquartettorgien« schrieb er ihr 1903: »Die grösste Arbeit aber leistete der alte Professor Lotmar, der das alles zusammen hören musste.«8 Auf Initiative von Fritz Lotmar beteiligte sich auch Lily als Klavierspielerin an einem dieser Konzerte im Haus Lotmar, als sie ihren Freund Paul in Bern heimlich besuchte.9

 
 

Philipp Lotmar imponierte Klee auch wegen seines tiefgehenden Engagements für die russische Revolution: »Gestern war bei Lotmars die Rede von Russland. Den Alten habe ich noch nicht so aufgeregt gesehn; dabei sah er so prachtvoll aus, dass ich den Verbrechern dankbar sein muss. Ich könnte niemals so wild Partei ergreifen; meine Art ist, still lächelnd zuzusehen und wenn auch alles in die Luft spränge.«10 Die Russische Revolution von 1905/06 war nicht nur im Kreis von Lotmar in Bern, sondern ganz generell ein viel diskutiertes Thema und Gegenstand politischer Karikaturen, für die sich der junge Klee zum damaligen Zeitpunkt sehr interessierte.

Anfänglich war Klee von den Ideen der Russischen Revolution und dem sozialistischen Gedankengut angetan. 1905 nahm er gemeinsam mit Fritz Lotmar, dem Dermatologen Felix Lewandowsky (1879 - 1921) und dem Berner Konzertmeister und Klees Musiklehrer Karl Jahn (1846 - 1912) an einem »Wohltätigkeits-Abend des russischen Studentenvereins zu Gunsten der Hinterbliebenen der in den Petersburger Strassenkämpfen Gefallenen« im Berner Kursaal teil: »Lotmar ist ganz Feuer, ganz Eifer. Dieser Mensch wird sich früh aufzehren, wenn er alles mit der vollen Energie anfasst. In seinem Feuer brennt der Gedanke an den Zweck des Ganzen mit. Ich war mehr für ein heiteres Opus, das verstand er gar nicht. Ein merkwürdiger, bedeutend angelegter Mensch. Doch ohne Grazie. Und ganz Intellect. Dass darin eine Einseitigkeit liegt, beginne ich einzusehn. Für mich als productiver Künstler, wäre es sogar ein Nachteil. Ich habe davon gerade reichlich genug.«11 

»Lotmar hat sich mit Olga Selig verlobt. [...] « (Paul Klee, 1905)

Auf einer solchen Benefizveranstaltung lernte Fritz Lotmar auch seine spätere Frau Olga Selig (1873 - 1967) kennen, die wie viele andere Russinnen in der Schweiz Medizin studierte (Abb. 5).12

Paul Klee hielt 1905 in seinem Tagebuch fest:

»Lotmar hat sich mit Olga Selig verlobt. (...) Fritz Lotmar, der selbst für Freunde schwer zugängliche Mensch, diese Festung ersten Ranges ist von einer einfachen russischen Studentin genommen worden.«13 

Olga Selig war eine der zahlreichen Russinnen, die mit ihrer Immatrikulation an der Universität Bern zur Wegbereiterin des Frauenstudiums in der Schweiz wurde.14 Die teilweise Schliessung der russischen Frauenhochschulen für Medizin um 1900 und die Zulassungsbeschränkung für Jüdinnen an der einzigen, von der Schliessung nicht betroffenen Fakultät für Medizin an der Universität von St. Petersburg dürften Olga Selig mit veranlasst haben, St. Petersburg zu verlassen, um ihre Qualifikation im Ausland zu erwerben. Denn mit einem ausländischen Doktordiplom konnte sie in Russland – gleich, welcher Konfession und welchem Geschlecht sie angehörte – das medizinische Staatsexamen ablegen, um Ärztin zu werden.15 Die Tätigkeit als Ärztin war eine der wenigen Berufe, die Olga Selig als Jüdin zu dieser Zeit offenstand.16 Ihr Entschluss, in Bern und nicht in Zürich zu studieren, könnte mit einem Dekret der zaristischen Regierung zusammenhängen, in welchem die russischen Studentinnen der Universität Zürich aufgefordert wurden, die Hochschule unverzüglich zu verlassen und nach Russland zurückzukehren, da sie sonst »bei ihrer Rückkehr in die Heimat weder zu einer Beschäftigung, deren Erlaubnis von der Regierung abhänge, noch zur Prüfung einer russischen Lehranstalt zugelassen würden«.17 Da der Erlass nur von Zürich sprach, wichen die russischen Studentinnen vorwiegend nach Bern aus.18 Ein weiterer Grund für Wahl Berns als Studienstandort könnten auch die erschwerten Bedingungen für Doktorandenexamen der Universität Zürich gewesen sein.19 Der Andrang russischer Studentinnen an schweizerischen Hochschulen war zur Jahrhundertwende so gross, dass sich Unmut unter der Schweizer Studentenschaft, in der Bevölkerung und in der Presse über die emanzipierten, vorzugsweise in Gruppen auftretenden russischen Studentinnen breitmachte, von denen viele Jüdinnen und Anhängerinnen sozialistischer oder anarchistischer Ideen waren, (Abb. 6).20 

 
 

Klee stand der Beziehung zwischen der fünf Jahre älteren, etwas »damenhaft« wirkenden »russischen Studentin« und dem introvertierten Mediziner Fritz Lotmar zunächst skeptisch gegenüber.21 Seine Bedenken verflüchtigen sich jedoch, als Klee die »gescheite«, kleingewachsene »Jüdin« mit »schönem Kopf«, die »in Gesellschaft einen narkotischen Parfum« ausströmte, näher kennenlernte und ausserdem erfuhr, dass sie aus wohlhabendem Hause stammte und deshalb nicht auf eine »gute Partie« zu sehen hatte, wie Klee in einem Brief an Lily festhielt.22 Klee erwähnte im bereits zitierten Brief an Lily, dass die Eltern von Olga »aus einer Moskauer Grosskaufleutefamilie« stammten. Moskau wird auch in allen Dokumenten der Universität Bern, die Olga Selig-Lotmar betreffen, als ihr Heimatort aufgeführt.23 Laut Ruth Lotmar, Tochter von Fritz und Olga Lotmar, kamen ihre Grosseltern mütterlicherseits, Philipp und Lina, geborene Manassewitch, ursprünglich aus Ostpreussen.24 In jungen Jahren, »zwischen 1865 und 1870«, wanderten Olgas Eltern nach Russland aus. Zunächst liessen sie sich in Sankt Petersburg nieder. Später zog die Familie in die Handelsmetropole Moskau. Dort gelangte sie mit einer Fabrik für Posamenten zu Reichtum. Während der Februarrevolution 1917 wurde die Fabrik von den Bolschewiken enteignet.25 Diese Tatsache entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da die Lotmars die Ideen der russischen Revolution anfänglich noch unterstüzen.26

Gleichwohl schien sich Klee mit Olga Selig nicht so recht zu verstehen, da sie sich für Kunst nicht grossinteressierte.27 Während Olga ihr Studium der Medizin zielstrebig in Bern verfolgte, hielt sich Fritz Lotmar zu Ausbildungszwecken häufig im Ausland auf.28 Während der Abwesenheit seines besten Freundes traf sich Klee ab und zu mit Olga, die jedoch wegen ihres Medizinstudiums nur wenig Zeit für Kaffeehausbesuche hatte. Nach zehn Semestern schloss sie ihr Studium mit einem Doktorexamen und einer Dissertation über »Schicksale der fötalen Atelektase« bei Theodor Langhans am Pathologischen Institut der Universität Bern am 17. Juli 1907 ab.29 Unmittelbar danach, im Mai 1908, übersiedelte sie mit Fritz Lotmar, den sie am 27. Februar 1907 in Bern geheiratet hatte, nach München. 

In der Folge widmete sich Olga Lotmar in erster Linie der Erziehung ihrer drei Kinder und führte den Haushalt.30 Nebenher war sie als Kinderärztin tätig, wie aus einem Brief von Klee an Lilly hervorgeht, sowie als forschende Neurologin, wovon der Aufsatz »Beiträge zur Histologie des Glioms« (Abb. 7) in der von Franz Nissl und Alois Alzheimer herausgegebenen Zeitschrift Histologische und histopathologische Arbeiten über die Grosshirnrinde mit besonderer Berücksichtigung der pathologischen Anatomie der Geisteskrankheiten von 1912/13 zeugt.31 Die Untersuchungen der Hirntumore für die Studie erfolgte im »anatomischen Laboratorium der Psychiatrischen Klinik« von Alois Alzheimer, wo auch ihr Mann in der Forschung tätig war. Dieser publizierte in derselben Nummer der damals führenden neurologischen Zeitschrift einen umfangreichen Beitrag »zur Histologie der akuten Myelitis und Encephalitis, sowie verwandter Prozesse«.32 

»Umfassende neurologische Bildung« (Mieczyslaw Minkowski, 1964) 

Nach seinem Medizinstudium in Bern war Fritz Lotmar von 1904 bis 1906 als Assistent des Internisten Hermann Sahli am Inselspital in Bern (Abb. 8) tätig.33 Sahli wirkte von 1888 bis 1929 als Ordinarius für innere Medizin und Direktor der medizinischen Klinik des Inselspitals.34 Er wehrte sich später gegen die Abtrennung der Neurologie als eigenständiges Fach, was Lotmars Laufbahn in Bern massgeblich beeinträchtigte.35

Von 1906 bis 1908 bildete sich Lotmar in Paris, Berlin und München als Nervenarzt weiter.36 An der Psychiatrischen Klinik Hôpitale de la Salpêtrière in Paris lehrte Professor Jules-Joseph Déjerine, der als Savoyarde und Absolvent der Genfer Kantonsschule der Schweiz besonders nahestand.37 Lotmar hörte an der Salpêtrière auch Vorlesungen des Neurologen Joseph Babinski, Schüler des berühmten Psychiaters Jean-Martin Charcot.38 Lotmar publizierte 1906 in der Revue Neurologique in Paris zusammen mit Charles de Montet39 die in der Fachwelt beachtete Arbeit Examen de I’intelligence dans un cas d’aphasie de Broca40. Darin bezog er Stellung gegen die schon damals vorhandene Tendenz, aphasische Störungen als Folge einer allgemeinen Störung der Intelligenz aufzufassen, und setzte sich dafür ein, dass eher von Störungen der inneren Sprache auszugehen sei und diese sich auch in der allgemeinen Intelligenz, besonders im Hinblick auf abstrakte Begriffe (zum Beispiel besonders auf Zahlen) auswirke.41 

 
 

Von April 1907 bis Ende März 1908 studierte er an der privaten Poliklinik für Nervenkranke von Hermann Oppenheim in Berlin und arbeitete auch in dessen Laboratorium. 42 Kurz vor seiner Abreise nach Berlin erreichte ihn ein Brief von Klee, der ihn als seinen »altbewährten Leibarzt« in die noch ungewisse Schwangerschaft seiner Frau Lily einweihte.43

Die Resultate seiner Tätigkeit an der privaten Nervenklinik von Oppenheim veröffentlichte Lotmar 1908 im Aufsatz »Ein Beitrag zur Pathologie des Kleinhirns«.44 An der Oppenheimschen Klinik lernte Lotmar auch Richard Cassirer kennen, der zuerst Assistent und später Teilhaber war. Cassirers 1900 veröffentlichte Publikation Die vasomotorisch-trophischen Neurosen trug 1938 massgeblich zur Diagnose von Klees Krankheit bei.45 Der Berliner Maler Max Liebermann porträtierte den bedeutenden Nervenarzt 1918 (Abb. 9).

Nachbarn in München, Pendeln zwischen München und Bern

1908 bis 1912 setzte Fritz Lotmar seine neurologische Fachausbildung an der Psychiatrischen Universitätsklinik bei den Professoren Emil Kraepelin und Alois Alzheimer fort, nachdem er zuvor noch für einige Zeit im psychologischen Laboratorium der psychiatrischen Klinik München für den Leiter Max Isserlin tätig gewesen war, mit dem er auch publiziert hatte (Abb. 10).46 Paul Klee schrieb über seinen Freund, dieser sei von Berlin nach München gekommen, »um sich an Kraepelin zu verkaufen«.47 In Alzheimers Laboratorium entstand Lotmars erste grössere Arbeit, die 1913 gedruckten »Beiträge zur Histologie der akuten Myelitis«.48

 
 

Laut Polizeimeldebogen bezogen Fritz und Olga Lotmar am 5. Mai 1908 ihre erste gemeinsame Wohnung in der Isabellastrasse 23/0.49 Sie lag nur 10 Minuten zu Fuss von der Wohnung ihrer Freunde Paul und Lily Klee entfernt im Stadtteil Schwabing, dem Quartier der Künstler, Intellektuellen und Literaten.50 Die Ehepaare Klee und Lotmar nahmen regen Anteil am Leben der befreundeten Familien, und die Tradition des gemeinsamen Musizierens wurde in München fortgesetzt, wie aus den Lebenserinnerungen von Lily Klee zu erfahren ist. »Damals lebte auch in München (in d. Isabellastr.) Dr. Fritz Lotmar, Nervenarzt aus Bern, Pauls Jugendfreund mit s. jungen Frau Olga (geb. Selig) aus Moskau, einer Medizinerin. Dort waren auch ihre zwei ältesten Kinder geboren Walter (am 19. Juli 1908) u. Ruth im Februar 1910. Es sind unsere ältesten Freunde, mit denen wir dann viel Hausmusik machten u. Kammermusik spielten. Dr. Lotmar spielte ausgezeichnet die Bratsche. (...)«.51 Paul Klee fotografierte Lotmars Sohn Walter am 22. 7. 1908, drei Tage nach der Geburt, und berichtete seiner Frau Lily: »Den kleinen Lotmar habe ich heut photographisch aufgenommen, ich glaube mit Erfolg.« (Abb. 11)52 

 
 

Zur selben Zeit malte Klee eine Serie von Aquarellen seines Sohnes Felix an, von denen Lotmar, vermutlich im Winter 1912/13, das Schwarzaquarell Kinderbildnis 1908, 64 erwarb (Abb. 12).53 Es zeigt Klees Sohn Felix im Alter von etwa einem Jahr. Lotmar schenkte das Blatt später Paul Klees Schwester Mathilde. 

Lotmar erwarb in der Folge weitere Werke von Klee, wie das Hinterglasbild Strasse mit Fuhrwerk, 1907, 26, das Aquarell Sugiez, 1910, 53 (Abb. 13), welches Lotmar anlässlich der Klee-Ausstellung im Juni 1911 in der Modernen Galerie Thannhauser in München erstand, die Federzeichnung Georgenschweige bei München, 1910, 56, Oberhofen a. Thunersee, 1912, 100 in Temperafarben sowie die Pinselzeichnung Reiterstudie, 1912, 107. Fritz Lotmar gehörte zu den frühen Klee-Sammlern, zu denen auch sein Bruder Heinz Lotmar zählte, der die beiden Aquarelle Strasse unter Bäumen Georgenschweige, 1908, 65 und Kanal b. Sugiez, 1910, 55 besass. Die beiden Sugiez-Aquarelle werden in Paul Klees Tagebüchern und in einem Brief an Lily Klee erwähnt. Sie stammen aus der Schaffensphase, in der sich der Künstler von der tonalen Helldunkelmalerei ab und dem farbigen Aquarell zuwandte. In seinem autobiografischen Text von 1919 für Wilhelm Hausenstein erwähnte Klee die beiden Werke: »In den Sommerferien von Bern aus die Gegend zwischen Murten- und Neuenburgersee aufgesucht wegen / ihrer mehr westlichen Farbigkeit. Einige Aquarelle da gemalt (Sugiez, Kanalbilder).«54 

 
 

Klee schuf die zwei Sugiez-Aquarelle 1910, vier Jahre vor seiner Reise mit August Macke und Louis Moilliet nach Tunesien. Damit zählen sie zu den seltenen Zeugnissen von Klees ersten erfolgreichen Arbeiten auf dem Gebiet der farbigen Aquarellmalerei.55

Für einen gemeinsamen Freund, den Zoologen Walter Volz, der auf einer Forschungsreise im »Hinterland von Liberia«56 sein Leben liess, verfasste Lotmar eine biografische Einleitung zu den »Reiseerinnerungen aus Ostasien, Polynesien, Westafrika«, die nach dem tragischen Tod des Forschers 1909 im Franke Verlag in Bern erschienen.57 Klee, der Volz kannte und mit ihm gelegentlich musizierte, vermerkte in seinem Tagebuch: »Dr. Volz auf einer Afrikareise umgekommen. Braver mutiger Mensch. Geriet in Liberia in ein Franzosengefecht. Hatte noch gesagt zu mir: Vilicht töts mi de, u. we s mi nid töt so wotti de o hürate. In der Nydecklaube, ich sehe ihn noch vor mir. Fritz schleppte ihn immer zur Musik. Z’letscht hets em afa g’falle.«58

Im Besitz des »deutschen ärztlichen Staatsdiploms«59 hätte Lotmar in München bleiben können. Doch zog er es vor, 191260 nach Bern an die Sahlische Klinik zurückzukehren, um sich in der Schweiz als Privatdozent für Innere Medizin mit einer Arbeit über Hirnhautentzündung zu habilitieren61 und 1914 das medizinische Staatsexamen abzulegen.62 Klee war über die Pläne seines Freundes informiert: »(...) Fritz bereitet sich für das anatomische Examen vor (im Februar!) und gedenkt, das Staatsexamen im Frühling zu machen. (...)«.63

»Äusserst wertvoller Beitrag zum Aphasieproblem« (Mieczyslaw Minkowski, 1964)

1915 bis 1918 leistete Fritz Lotmar als Landsturmarzt Sanitätsdienst in Militärspitälern des süddeutschen Raumes. Zuletzt war er Leiter des Sonderlazaretts für Hirnverletzte des 14. Armeekorps’ in Rohrbach bei Heidelberg. Zahlreiche Neurologen wie Max Isserlin, Kurt Goldstein, Walther Poppelreuter64 oder Emil Fröschels, dienten als Stabsärzte für Hirnverletzte in der deutschen Armee. Bei einem Fronturlaub trafen sich die beiden Freunde 1918 in Oberhausen bei Augsburg, was Klee in einem Brief an Lily folgendermassen schilderte: »Am andern Tag hab ich dann Onkel Fritz auch endlich wieder einmal gesehen, und wir waren ganz die Alten, als ob wir uns gestern getrennt hätten. Äusserlich war es ja etwas merkwürdig: ich als Soldat und er als Arzt im Hauptmannsrang (Abb. 14, Abb. 15). Ich zog dann aber nachher Zivil an, um mich freier mit ihm bewegen zu können. Wir tranken Kaffee im Königsblau und assen zuletzt zusammen bei Ost. Er übernachtete in unserm alten ›Hotel Drei Kronen‹. Um ¾ 10 trennten wir uns erst. Viel sprachen wir über Kunst und Musik. Er hat viel über die neue Kunst nachgedacht, und es war sehr interessant«.65 

Die Erfahrungen mit Schuss- und Granatverletzungen des Gehirns konfrontierten den Sanitätshauptmann Lotmar mit den klinischen, therapeutischen und rehabilitativen Problemen der Aphasie, also der Sprachstörung nach abgeschlossener Sprachentwicklung durch Schädigung der Sprachregion im Gehirn (Abb. 16).

Das Schicksal seiner Patienten veranlasste Lotmar zu einer eingehenden wissenschaftlichen Erforschung der Aphasie, die er 1919/20 zur erschwerten Wortfindung bei Hirnverletzten in einem zweiteiligen Aufsatz im Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie publizierte.66 Mit den Erfahrungen zur Diagnose und Behandlung von Kopfverletzungen aufgrund des Ersten Weltkriegs wurde das vorherrschende Lokalisationsparadigma, das sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts etabliert hatte, allmählich infrage gestellt.67 

Als Fortsetzung seiner Aphasie-Forschung, die bis 1906 zurückreichte,68 und klinischer Studien in München veröffentlichte Fritz Lotmar 1933 in zwei Teilen die Arbeit »Zur Pathophysiologie der erschwerten Wortfindung bei Aphasischen«.69 Wie schon 1919/20 betonte er die primär sprachliche Natur aphasischer Wortfindungsstörungen und die daraus hervorgehende Erschwerung des Denkens. Lotmars Ansichten über die Aphasie führten zu einer heute zu Unrecht vergessenen wissenschaftlichen Kontroverse mit Ludwig Binswanger.70 Der Psychiater Binswanger leitete die Privatklinik Bellevue in Kreuzlingen und war Begründer der daseinsanalytischen Psychiatrie. Binswanger lehnte Lotmars Betonung der primär sprachlichen Natur aphasischer Wortfindungsstörungen und einer daraus resultierenden sekundären Erschwerung des Denkens ab. Vielmehr vertrat Binswanger im Gegensatz zu Lotmar eine ganzheitliche Auffassung der Sprache. Amnesische-aphasische Erscheinungen führte er auf »Störungen im Vollzug des gesamten sinnbelebten sprachlichen Ausdrucks, also auch des Vollzugs der Bedeutungsintension, populär ausgedrückt des Denkens« zurück.71 

1935 äusserte sich Fritz Lotmar vor den Schweizer Neurologen über »Neuere Kämpfe über die Auffassung aphasischer Störungen«, die er ein Jahr später im Fachorgan Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie publizierte.72 1940 veröffentlichte er erneut einen Beitrag »Zur Lehre von der erschwerten Wortfindung und ihrer Rückwirkung auf das Denken des Aphasischen«.73 Der letzte Beitrag Lotmars zum Problem betraf 1946 die Urteilsfähigkeit und Entmündigung von Aphasie-Patienten mit fast völligem Verlust des sprachlichen Ausdrucks und mit Rechenstörung.74 Das Thema »Sprache« war ebenfalls ein zentraler Aspekt im Werk von Klee. Als Forschungsdesiderat wird deshalb die Frage gestellt, ob Klee in seinen Überlegungen zur Sprache, insbesondere derjenigen der Kinder, auch medizinische Aspekte mitberücksichtigte, die er sich in den Unterhaltungen mit Lotmar erschloss.75 

Rückkehr nach Bern

Nach drei Jahren Dienst in deutschen Lazaretten und der Ausheilung eines Lungenleidens in Davos kehrte Lotmar 1920 nach Bern zurück, wo er eine neurologische Praxis einrichtete und am Pathologischen Institut von Professor Carl Wegelin lehrte.76 Zu seinen Patienten zählte auch Klees Mutter, wie zwei Briefen von Lotmar an Klee zu entnehmen ist.77

Lotmar berichtet in diesen beiden Briefen über den Verlauf der palliativen Behandlung und den Tod von Klees Mutter, 

Ida Maria, geborene Frick am 15. März 1921. Eine medizinische Diagnose für »den schon seit Jahren schweren, zuletzt aber überaus quälenden hilflosen Zustande«, an der Klees Mutter schon seit Jahren litt, ist nicht zu erfahren, wohl aber, dass Klee zu der Trauerfeier für seine Mutter, wegen Reisevisum-Schwierigkeiten78 nicht rechtzeitig anwesend sein konnte, ihr jedoch zuvor bei seinen regelmässigen Besuchen »einige musikalisch schöne Stunden« verschaffte. Klee und Lily hatten offenbar eine Art Vorahnung zum Tod der Mutter, wie Lily Klee in ihren unveröffentlichten Lebenserinnerungen berichtete. 

 
 

»An dem Tage ihres Todes wurde ich plötzlich sehr krank. Nur 1 Tag, eine heftige Magen u. Darmattaque, die mich Abds um 6 plötzl. verliess u. ich wieder ganz gesund war. Wie nachträglich festgestellt, war es ihre Todesstunde gewesen. Paul hatte schon tagelang vorher in Weimar unterbewusst die düsteren Vorahnungen gehabt. Als er die damals gemachten Blätter zusammenstellte, die er wie aus dem Unterbewusstsein heraus gemalt hatte, trugen sie bereite Trauerränder. Ich bewahre noch jetzt einige dieser farbigen Blätter auf, zum Beispiel im Zeichen der Schnecke.« (Abb. 17).79 

Neben seinen klinischen Arbeiten und der Lehre nahm sich Lotmar auch immer noch Zeit für seine Forschungen. 1921 publizierte er in der Schweizerischen medizinischen Wochenschrift eine kleinere Arbeit »Zur Kenntnis der Wassermannschen Reaktion bei Tumoren des Zentralen Nervensystems«80 und ein Jahr später eine Arbeit »Zum familiären Vorkommen der multiplen Sklerose« mit Bezug auf die »(...) Streitfrage, ob die multiple Sklerose eine endogene oder exogene Erkrankung sei (...)«.81 1925 veröffentlichte er einen Vortrag zum Thema »Einige Gedanken über Komik und Spiel« auf ausdrücklichen Wunsch der Zuhörerschaft, der Berner psychologischen Vereinigung und Leon Asher, Ordinarius für Physiologie, Leiter des Physiologischen Institutes und späteren Dekan der Universität Bern.82 1926 publizierte Lotmar die »bedeutende Monographie« (Minkowski) »Die Stammganglien und die extrapyramidal-motorischen Syndrome«, welche in der bekannten Serie der »Monographien aus dem Gesamtgebiet der Neurologie und Psychiatrie« im Springer-Verlag erschien.83 

Erneut in München

Lotmar war zwar in Bern habilitiert und als Forscher anerkannt,84 doch die Aussichten auf eine akademische Laufbahn waren für ihn nicht gross. Hermann Sahli war ein »ausgesprochener Gegner einer selbstständigen Neurologie«. 85 Zudem hatten nach Einschätzung von Isserlin »deutsche Gelehrte, die nicht [wie Lotmar] auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit verzichten wollten, an den Universitäten der Schweiz keine besonderen Aussichten«.86 Deshalb war es verständlich, dass der gebürtige Münchner dem Ruf seines Freundes Max Isserlin an die Heckscher Nervenheil- und Forschungsanstalt nach München Folge leistete (Abb. 18).87
1929 übersiedelte der damals 51-jährige Lotmar ein zweites Mal von Bern nach München und arbeitete sowohl als Oberarzt am neu eröffneten Kinderhaus der Heckscher Klinik für geistig behinderte Kinder und Jugendliche (Abb. 19) als auch am Spielmeyer’schen Laboratorium der deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie (Kaiser Wilhelm Institut, heute Max-Planck-Institut für Psychiatrie).88 Mit der Erweiterung der Anstalt um eine Kinder- und Jugendlichenabteilung mit heilpädagogischer Tagesstätte leitete Isserlin die Neuausrichtung des Heckscher »Hirnverletzten Heim« zu einem Klinikum für Kinder- und Jugendpsychiatrie ein. Die Kinderheilkunde war damals ein relativ neues Spezialgebiet, dem sich jüdische Ärzte in München in besonderem Masse widmeten.89 Nach dem Krieg 1921 konnte Isserlin, wie zuvor schon Kurt Goldstein in Frankfurt oder Walter Poppelreuter in Köln, durch private Zuwendungen des Deutschamerikaners jüdischer Abstammung August Heckscher, eine »Nervenheilanstalt« zur Erforschung der Folgeschäden von Hirnverletzungen in München-Schwabing gründen, nachdem die neurologisch-psychiatrischen Lazarettabteilungen mit den hirnverletzten Kriegsgeschädigten im Schwabinger Krankenhaus und im Krankenhaus rechts der Isar aufgelöst worden waren.90 Solche Patienten verlangten eine Langzeitpflege und bildeten ein unerwünschtes Mahnmal für die Schrecken des Krieges. Sie bewirkten, wie es hiess, eine »Unterminierung der völkischen Wehrhaftigkeit«, weshalb Kriegsinvalide mit einer Hirnverletzung »am besten unsichtbar in entsprechenden Anstalten« unterzubringen seien.91 Die während des Ersten Weltkriegs im Gewehrfeuer oder durch Granatsplitter verursachte Kopfverletzungen waren zentrale Innovationstreiber in der Hirnforschung 20. Jahrhunderts, insbesondere in der Lokalisation der Funktionen.92 

 
 

Nach ihrer Ankunft in München bezogen die Lotmars laut Einwohnermeldekarte vorübergehend eine Mietswohnung an der Isoldenstrasse 10, die in unmittelbarer Nachbarschaft zur Klinik und zur Forschungsanstalt im Stadtteil Schwabing lag.93 Das amtliche Dokument vermerkt anfangs 1930 eine Adressänderung. Die Wohnung, mit der Adresse »Trautenwolfstrasse 3« lag ebenfalls im Stadtteil Schwabing, ganz in der Nähe ihrer ersten Wohnung und derjenigen der Klees. Sie war auf der Einwohnermeldekarte mit einem Eigentumsvermerk versehen. Dies deutet darauf hin, dass sich die Lotmars für längere Zeit, vielleicht sogar für immer in München niederlassen wollten. München eröffnete Lotmar neue berufliche und soziale Perspektiven. Mit Isserlin und Spielmeyer, dem Nachfolger von Alzheimer, hatte Lotmar zwei kollegiale Vorgesetzte, die ihn in seiner klinischen Tätigkeit und seiner Forschung unterstützten.94 Die Neurologie war an der deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie bereits eine etablierte Fachdisziplin und die Kinderheilkunde ein vielversprechendes neues klinisches Anwendungsgebiet. Lotmar hatte sich offenbar schon länger mit neuropsychologischen Fragestellungen bei Kindern und Jugendlichen auseinandergesetzt, wie aus dem Aufsatz »Einige Gedanken über Komik und Spiel« von 1925 ersichtlich wird und der sich im Wesentlichen mit der Komik und dem Spiel von Kleinkindern befasst:95 »[Ich habe] von jeher mit sehr lebhaftem Interesse an 

eigenen und fremden Kindern wie auch an Tierjungen Beobachtungen über ihr Spielen und ihre Frühentwicklung überhaupt angestellt.« 96 Zu den von Lotmar erwähnten »fremden Kindern« könnte auch Felix Klee gehört haben, als dieser noch ein Kleinkind war. Es ist anzunehmen, dass sich Klee und Lotmar auch über Beobachtungen zur Frühentwicklung und zum Spiel von Felix unterhielten, die Klee in seinen Briefen an Lily mehrfach beschrieb und im »Felix-Kalender« detailliert festhielt.97 Klee erwähnte in einem Brief vom Oktober 1908 an Lily den Besuch seines Freundes Lotmar und er schilderte eine Szene des Versteckspiels von Felix mit einem »kleinen Vorhang«.98 Diese Beobachtungen fanden später im Aufsatz von Lotmar »über Komik und Spiel«, im Abschnitt über das »kindliche Versteckspiel«, eine Entsprechung.99 Es ist anzunehmen, dass sich damals die beiden Freunde auch über bildnerische Selbstzeugnisse von Kindern unterhielten, welche Klee später in der von seinem Freund Hans Bloesch herausgegebenen Zeitschrift Die Alpen. Monatsschrift für schweizerische und allgemeine Kultur zum künstlerischen Ideal des Blauen Reiters erklären wird: »Es gibt nämlich auch noch Uranfänge von Kunst, wie man sie eher im ethnographischen Museum findet oder daheim in der Kinderstube (lache nicht, Leser), die Kinder können›s auch, und das ist durchaus nicht vernichtend für die jüngsten Bestrebungen, sondern es steckt positive Weisheit in diesem Umstand. Je hilfloser diese Kinder sind, desto lehrreichere Kunst bieten sie; denn es gibt auch schon hier eine Korruption: wenn die Kinder anfangen entwickelte Kunstwerke in sich aufzunehmen oder gar ihnen nachzuahmen«.100 

In derselben Nummer der Alpen (Heft 5) veröffentlichte Hans Bloesch einen Artikel über Klee (Ein moderner Grafiker), der in enger Zusammenarbeit mit Klee entstanden ist, wie aus einer Postkarte von Klee an Bloesch hervorgeht.101 Im Artikel über Klee nahm Bloesch ebenfalls Bezug auf den »Münchener Brief« von Klee, worin dieser seine neuen Kunstideale propagierte, welche in der Zielsetzung denjenigen des Blauen Reiters entsprachen: »Er und die ähnlichen Zielen zustrebenden Maler – (der Zufall will, dass gerade in diesen Tagen in München eine Gruppe dieser Neuerer eine Ausstellung veranstaltet hat, und ein noch überraschenderer Zufall lässt gerade Klee in unserem München Brief sich mit dieser Ausstellung auseinandersetzen, und wir können unsere Leser darauf verweisen, es wird ihnen daraus manches klar werden) – sehen in der noch unbeeinflussten Kunst des Kindes und der primitiven Völker einen Wegweiser für ihr eigenes Schaffen. (...)«.102 Durch die Propagierung der sogenannten »Kinderkunst« als Kunstideal, gewinnt das Kinderbildnis, 1908, 64, welches nach Anweisung von Klee zu Beginn des Artikels »ganzseitig mitten auf ein leeres Blatt glattes Papier« zu drucken sei (Abb. 20) zusätzlich an Bedeutung. 

Im selben Beitrag nahm Bloesch auch Stellung zur vereinzelten Kritik des Berner Ausstellungspublikums an der »Kindlichkeit« von Klees Kunst.103 Es ist wohl kein Zufall, dass Lotmar das Kinderbildnis von 1908 im Anschluss an die Veröffentlichung in den Alpen vermutlich im Winter 1912/13 für 100 Mark in München erwarb (Abb. 12).104 Der Kauf des Kinderbildnisses unterstreicht Lotmars Interesse an der Frühentwicklung des Kindes und zeugt vom gemeinsamen Interesse der beiden Freunde am Thema Kind. Zum Kreativitätsprozess bei Kinderzeichnungen sind von Lotmar keine schriftlichen Äusserungen bekannt.105 Ein Gleiches gilt für die Selbstzeugnisse von Geisteskranken, einem weiteren Ideal der »Uranfänge von Kunst« von Klee und dem Blauen Reiter. Das heisst aber nicht, dass sich Klee und Lotmar nicht auch über die Kreativität von Geisteskranken unterhielten. Denn Lotmar war als Kraepelin-Schüler bestens mit dem Thema vertraut, da Kraepelin in seinen Vorlesungen bildnerische Arbeiten von Geisteskranken mit Werken zeitgenössischer Künstler wie Max Klinger verglich.106

In Fortsetzung seiner Untersuchungen, die er in Bern begonnen hatte, publizierte Lotmar in der Folge mehrere wissenschaftliche Arbeiten wie das Referat über »Die extrapyramidalen Erkrankungen im Kindesalter (1930),107 die grosse Monografie »Zur Pathophysiologie der erschwerten Wortfindung bei Aphasikern« (1933)108 oder Studien über Entwicklungsstörungen und andere Veränderungen am Gehirn bei endemischem Kretinismus (1933).109 Doch kaum hatte er sich in München wieder eingelebt, zwang ihn der »politische Umsturz« (Lotmar) München 1934 wieder zu verlassen und diesmal endgültig in die Schweiz nach Bern zurückzukehren, wo er seine Tätigkeit als Nervenarzt und Dozent wieder aufnahm.110 

 
 

Aus Rücksicht auf die bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten soll Lotmar von sich aus der Heckscher Klinik die Kündigung angeboten haben, nachdem die monatlichen Zahlungen aus dem amerikanischen Vermögen der jüdischen Heckscher-Stiftung ab Frühjahr 1933 ausgeblieben waren.111 Es war jedoch Lotmars »nicht-arische« Abstammung, die zu seiner Kündigung führte, wie der Aphasie-Forscher.112 1956 schrieb: »Unter dem Druck der Naziverfolgung, angesichts der zweifelhaft gewordenen Eigenstellung und der gering erscheinenden Aussichten für eine menschenwürdige Zukunft und eine geordnete Berufslaufbahn für meine Kinder fasste ich den Entschluss, mein Dienstverhältnis mit Heckscher [der Heckscher-Klinik] in tunlichster Baelde zu lösen, meinen Wohnsitz in Deutschland aufzugeben, und denselben nach der Schweiz (Bern) zurueckzuverlegen, mit anderen Worten: aus Deutschland auszuwandern.«113 

Max Isserlin, der später wegen seiner jüdischen Herkunft ebenfalls entlassen wurde,114 erklärte dem Kuratorium der Heckscher-Stiftung Anfang November 1933, Lotmar habe »keineswegs den Wunsch gehabt, seine Stelle zu verlassen, in die er sich gut eingelebt« habe. Die Erwartungen, die man an seine Berufung geknüpft hatte, waren »in höchstem Masse« erfüllt worden.115 Lotmar schrieb deshalb 1956 an das Landesentschädigungsamt München, dass »(...) der von [der] Heckscher[-Klinik] angegebene Grund finanzieller Bedrängnis in keiner Weise den Tatsachen entsprach und lediglich zur Verdeckung des wahren Grundes diente.«116 Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 sahen sich die Juden und damit auch die jüdischen Ärzte in Deutschland immer stärkren Repression ausgesetzt. Bereits am 22. April 1933 verloren jüdische Ärzte ihre Kassenzulassung, »Nicht-Arier« durften nicht mehr Medizin studieren, und mit dem »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« (Abb. 21) vom 7. April 1933 wurden jüdische Dozenten und Professoren aus den Universitäten entfernt.117 Parallel dazu trieb die Stadt München auf lokaler Ebene die »Entjudung« der Ärzteschaft voran.118 Neben diesen administrativen Ausschaltungsmassnahmen, die nicht nur die Ärzteschaft betrafen, sondern sämtliche Juden in öffentlicher Anstellung, erfolgten auch tätliche Übergriffe auf die jüdische Bevölkerung, wie das Beispiel des jüdischen Rechtsanwalts Michael Siegel exemplarisch zeigte.119 Ruth Lotmar besuchte im Juli 1933 die Familie Klee in Düsseldorf. Beim gemeinsamen Tee erzählte Ruth Lotmar bestimmt über die Schwierigkeiten, mit denen sie und ihr Vater sich seit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in München konfrontiert sahen, und sie erfuhr, wie Klee aufgrund desselben »Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«, das ihren Vater um die Stelle brachte, als Professor der Düsseldorfer Kunstakademie beurlaubt wurde (Abb. 22).120

 
 

Emigration und Wiedersehen in Bern

Die beiden Freunde Lotmar und Klee gingen als Folge der Machtergreifung der Nationalsozialisten fast gleichzeitig nach Bern ins Schweizer Exil.121 Laut Polizeibericht erfolgte die Einreise von Fritz Lotmar in Begleitung seiner Frau Olga und der minderjährigen Tochter Paula am 1. März 1934.122 Klee und Lilly waren zu diesem Zeitpunkt bereits in Bern und wohnten seit Januar 1934 in einer möblierten Mansardenwohnung am Kollerweg 6, wo sie bis Ende Mai 1934 blieben.123 Lilly Klee erwähnt in einem Brief an Nina Kandinsky den Zuzug der Lotmars aus München: »Nun sind auch noch liebe Jugendfreunde von München hierher gezogen. Dr. Lotmar (seine Frau ist Russin.) Mein Mann hat ja hier noch eine Anzahl guter Jugendfreunde, mit denen wir uns nun wieder zusammengefunden haben.«124 Die Familie Lotmar liess sich in einem Mehrfamilienhaus an der Hallwylstrase 49 im Kirchenfeldquartier nieder.125 Zurück in Bern betätigte sich Lotmar als Nervenarzt mit eigener Praxis, als Dozent und auch als Forscher. Als Klee 1935 erkrankte, wurde Lotmar bis zum Tod sein wichtigster ärztlicher Berater. Er war es auch, der nach langer Vorabklärung die »vasomotorische Neurose« diagnostizierte, an deren Folgen sein Freund starb.126 Im Anschluss an die Klee-Ausstellung im Kunstmuseum Luzern von 1936 gelangte das Werk Sturm im Gang, 1934, 191 (T11) durch Kauf oder Schenkung in die Klee-Sammlung von Lotmar (Abb. 23).127 

Das in Klees Berner Exil entstandene Werk zeigt eine abstrahierte Sturmlandschaft mit durcheinandergewirbelten einfachen Zeichen, die sich teilweise als Schriftzeichen identifizieren lassen; im Bildzentrum sind 

die Buchstaben Y, A und F zu erkennen.128 Vorherrschend sind Braun- und Grautöne, die mit Palettmesser und Pinsel auf eine nicht grundierte Leinwand aufgetragen wurden, die an den Rändern ausfranst. Die in der Bildmitte aufeinander treffenden braunen und grauen Farben suggerieren eine Horizontlinie, so dass beim Betrachter der Eindruck erweckt wird, er würde von einem erhöhten Standpunkt aus auf eine braune Landschaft im Sturm schauen, deren Schriftzeichen keinen Sinn mehr ergeben. Dass Klee so auf die politische Situation in Deutschland anspielen wollte, mag naheliegen, lässt sich aber nicht mit der nötigen Sicherheit feststellen.129

Als Lotmar das abstrakte Werk, vermutlich im Herbst/Winter 1936, von Klee kaufte oder geschenkt erhielt, hatte sich die politische Lage für deutsche Juden in Deutschland mit dem Inkrafttreten der »Nürnberger Gesetze« und dem »Reichsbürgergesetz« drastisch verschärft. Die Nürnberger Gesetze beraubten die deutschen Juden aller staatsbürgerlichen Rechte, und die erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz verfügte, dass alle Juden ohne Ausnahme aus dem Staatsdienst zu entlassen waren. In Anbetracht der faktischen Ausbürgerung »deutscher Staatsbürger jüdischer Rasse«130 und des Berufsverbots leitete Lotmar, noch vor Ablauf der gesetzlichen Frist von fünf Jahren, Anfang November 1936 ein Einbürgerungsverfahren für ihn und seine Familie in Bern ein.131 Laut Berliner Abkommen vom 4. Mai 1933 bestand eine fünfjährige Wartefrist für deutsche Staatsangehörige, bevor sie ein Einbürgerungsgesuch stellen konnten.132 Dabei wurden deutsche Staatsangehörige, was die Einhaltung der Fristbetraf, privilegiert behandelt.133 Die Zeit drängte, da die Aufenthaltsbewilligung für ihn und seine Familie befristet war und stets erneuert werden musste.134 

 
 

Der Einbürgerungsantrag geschah auch zugunsten des »beruflichen Fortkommens« (Lotmar) seiner erwachsenen Kinder Walter und Ruth und nicht zuletzt auch aus ökonomischen Gründen, da ein Inländervorrang am Arbeitsmarkt herrschte. Wie Emigranten auf dem Schweizer Arbeitsmarkt diskriminiert wurden, zeigt der Fall von Ruth Lotmar exemplarisch. Trotz Kenntnis des Arbeitsverbots als Jüdin in Deutschland und perfekter Integration 

verweigerte der Vorsteher des kantonalen Arbeitsamts die Arbeitsbewilligung für Ruth Lotmar mit der Begründung: »Die finanzielle Lage von Vater Lotmar ist derart, dass er den Lebensunterhalt seiner Familie und seiner Tochter sicherstellen kann, ohne das Doppelverdienst in der Familie gestartet wird. Deshalb stellen wir Antrag, dem vorliegenden Arbeitsbewilligungsgesuch für die deutsche Staatsangehörige Ruth Lotmar nicht zu entsprechen, gegen Belastung des Arbeitsmarktes.«135 

Nachdem am 4. Mai 1937 die eidgenössische Bewilligung zur Erwerbung eines schweizerischen Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts erteilt wurde und der Stadtrat von Bern am 15. Oktober 1937 das Gemeindebürgerrecht zugesichert hatte,136 erfolgte am 28. Januar 1938 eine Verschiebung der Behandlung des Einbürgerungsgesuchs auf Stufe Kanton »um mindestens zwei Jahre«.137 Aus »grundsätzlichen Erwägungen«,138 wie es offiziell hiess, trotz einwandfreier Polizeiberichte von Stadt139 und Kanton140 zur Frage der Assimilation und ausgeprägten biografischen Wurzeln in Bern. Laut Auskunft des Staatsschreibers sei der Grund der Zurückstellung der Mangel an Heimatliebe, die »mehr äusserliche und durch reine Zweckerwägungen bestimmende Beziehung« von Lotmar zur Schweiz.141 In einem aus heutiger Sicht sehr berührenden Wiedererwägungsgesuch an den Regierungsrat des Kantons Bern bekräftigte Lotmar tiefes »Verwachsensein mit der Schweiz« und bat: »so dass ich der Aufnahme ins Bürgerrecht vorerst oder überhaupt nicht würdig erscheine, so möchte ich doch noch die Bitte anfügen, jene meine etwaigen Fehler nicht auch meiner Kinder entgelten zu lassen, welche an ihnen keinerlei Schuld trifft.«142 

Die Verschiebung des Einbürger­ungs­verfahrens und die Ungewissheit über die Zukunft in der Schweiz führten bei den Lotmars offenbar zu gesundheitlichen Problemen, die zu einem Kuraufenthalt in der Höhenklinik Crans-Montana führten, wie aus einer Ansichtskarte vom 4. August 1938 aus dem Nachlass von Klee hervorgeht.143 

Die kantonale Zustimmung erfolgte dann doch am 19. September 1938,144 so dass die Einbürgerung des Ehepaars Lotmar und ihrer Kinder nach viereinhalb Jahren 

seit ihrer Emigration in die Schweiz beschlossen wurde, ein halbes Jahr vor der gesetzlichen Frist von fünf Jahren. Die Einschätzung von Lotmars Studienfreund, des Psychiaters Fritz Walther, von Seiten der Behörde seien keine Schwierigkeiten beim Einbürgerungsverfahren zu erwarten, traf also zu. Die Rückweisung des Antrags ging von der politischen Behörde der Justizkommission des Grossen Rates des Kanton Behrens aus, wo der gute Ruf von Lotmars Vater, dem Rechtsprofessor Philipp Lotmar, offenbar nicht mehr wirkte.145 Doch hatte der diffamierende interne Polizeibericht hatte laut Kehrli keine negativen Auswirkungen auf das Einbürgerungsverfahren.146

Klee hatte nach seiner Rückkehr in die Schweiz versucht, wie sein Freund Lotmar, bereits vor Ablauf der fünfjährigen Wartefrist ein Einbürgerungsgesuch zu stellen, wie aus einem Brief an die städtische Einbürgerungskommission vom 28. Juni 1940 hervorgeht.147 Im Gegensatz zu Lotmar wurde aber einem vorzeitigen Einreichen des Gesuchs bei Klee nicht stattgegeben.148 Das Einbürgerungsverfahren von Klee verlief an sich im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und in Übereinstimmung mit dem Berliner Abkommen ohne Rückweisung fristgerecht, ohne dass jedoch Klee den positiven Einbürgerungsentscheid noch erleben konnte.149

Die Bedeutung von Fritz Lotmar als Forscher

1950 nahm Lotmar am Symposion über das Zwischenhirn in Zürich teil, zu dem der soeben mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Physiologe Walter Rudolf Hess ihn einlud (Abb. 24).150 Auf der Fotografie sehen wir Lotmar in der ersten Reihe sitzen, umgeben von etablierten Forschern wie Walter Rudolf Hess, Ernst Kretschmer oder Mieczyslaw Minkowski, die auf dem Höhepunkt ihrer Karriere standen, sowie jungen Neurowissenschaftlern wie Konrad Akert, die ihre akademische Karriere noch vor sich hatten. Lotmar wurde zwar unter Fachkollegen der Neurowissenschaften sehr geschätzt, doch der eigentliche akademische Durchbruch blieb ihm zeitlebens verwehrt. Im Nachruf auf Fritz Lotmar nannte sein Zürcher Kollege Mieczyslaw Minkowski151 Gründe, weshalb der Verstorbene diese Aussenseiterrolle erhalten hatte. Da Hermann Sahli »ein ausgesprochener Gegner einer selbständigen Neurologie« in Bern war und diesen Standpunkt auch dezidiert vertrat, blieb Lotmar eine akademische Laufbahn in Bern verwehrt.152 Obgleich an der medizinischen Fakultät der Universität Bern das Fach »Neurologie« seit 1910 kontinuierlich unterrichtet worden war, wurde erst 1966 eine neurologische Klinik mit einer ordentlichen Professur eingerichtet.153 Die schlechten Perspektiven in Bern veranlassten Lotmar, nach München zu ziehen und dort eine leitende Stelle in der privaten Heckscher-Klinik anzunehmen. Kaum hatte sich Lotmar in München wieder eingelebt und eingearbeitet, musste er wegen seiner jüdischen Abstammung 1934 Deutschland wieder verlassen und nach Bern zurückkehren. Auf die 1933 geschaffene Stelle der ausserordentlichen Professur für Neurologie konnte sich der inzwischen 55 Jahre alte Lotmar nicht mehr bewerben. Wieder in Bern nahm Lotmar seine nervenärztliche Praxis und die Konsilien an der Chirurgischen Klinik der Universität Bern sowie die Privatdozentur wieder auf.154 Insbesondere widmete er sich seinen Forschungen, die er dann in der Zeitschrift Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie sowie auf Tagungen der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft und der Naturforschenden Gesellschaft in Bern publik machte, besonders mit Bezug auf das Aphasie-Problem.155 Was Lotmar fehlte, so Minkowski in seinem 

 
 

Nachruf, war eine »eigene akademische Wirkungsstätte« und der Zugriff auf genügend grosses »klinisches Material«.156 Die Rahmenbedingungen für die Verbreitung von Lotmars Thesen zur Aphasie waren also dadurch schlecht. Während Lotmar die fachliche Anerkennung in Deutschland verwehrt blieb,157 würdigten die Schweizer Neurowissenschaftlern, die ihn noch persönlich gekannt haben, seine wissenschaftliche Leistung.158 In der angelsächsischen Literatur zur Forschung der Aphasie ist der Name Lotmar präsent. In seinem Klassiker zur Geschichte der Aphasie Aphasia, apraxia and agnosia clinical and theoretical aspects würdigt Jason Walter Brown Lotmars Beitrag zur Erforschung der verbalen Paraphrasie159 und in den »Milestones« der Geschichte der Aphasie von Jürg Tersack und Chris Scout, wird Fritz Lotmar in die Reihe bekannter deutscher Aphasie-Forscher gestellt, die wegen ihrer jüdischen Herkunft Nazi-Deutschland verlassen mussten.160

»Er hat viel über die neue Kunst nachgedacht, und es war sehr interessant« (Paul Klee, 1918)

Laut Walter Lotmar, schätzte sein Vater den Einfluss, den er auf seinen Malerfreund Klee gehabt haben mochte, rückblickend »gering« ein.161 Mehreres spricht aber dafür, dass medizinisches Wissen von Fritz Lotmar im Werk von Paul Klee gleichwohl vereinzelt Niederschlag fand. Wenn Klee eine naturwissenschaftliche Fragestellungen hatte, fand er in 

Lotmar einen Gesprächspartner, dem seine Fachkollegen »ungewöhnliches Fachwissen« und die »bewundernswerte Beherrschung der Literatur« zusprachen.162 Im Bereich der bildenden Kunst schien Lotmar ebenfalls ein wichtiger Diskussionspartner von Klee zu sein: »Er hat viel über die neue Kunst nachgedacht, und es war sehr interessant.«163 Marianne Teuber wies nach, dass Klee Fragen zu Psychologie der Formwahrnehmung, die in Zusammenhang standen mit der Entwicklung seiner kubistischen Bildsprache, mit Lotmar besprach.164 Quellen sprechen dafür, dass sich Klee und Lotmar auch über den Kreativitätsprozess von Kindern, in Bezug auf Klees Kinderzeichnungen unterhielten, wie in diesem Beitrag gezeigt wurde.165 Inwieweit Lotmar seinen Freund Klee mit der Sexualtheorie Sigmund Freuds vertraut machte, bleibt vorerst ein Forschungsdesiderat.166 Ein Gleiches gilt für die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit dem Thema der Aphasie in den Bildsprache von Klee.167 

Dank

Ich danke Gerold Lotmar, der mir bereitwillig Einblick in das Familienarchiv von Lotmar gewährte, sowie Osamu Okuda und Wolfgang Kersten für ihre freundschaftliche Unterstützung beim Verfassen des Texts. Ein besonderer Dank geht an Hans-Peter Wittwer für die Durchsicht des Manuskripts.


1    Paul Klee und Fritz Lotmar lernten sich am Städtischen Gymnasium in Bern kennen. Lotmar besuchte das Gymnasium am Waisenhausplatz von 1888 bis1896 und der ein Jahr jüngere Klee von 1890 bis 1898. Zur Studiendauer von Lotmar und Klee vgl. den Lebenslauf in: Lotmar 1904a, sowie die Angaben von Felix Klee, in: Klee 1960, S. 279. Klee und Lotmar waren am Gymnasium nicht in derselben Klasse; vgl. Städtisches Gymnasium Bern 1895 , S. 6 (Lotmar) und S. 7 (Klee).

2    Klee 1979, S. 636.

3    Der Nervenarzt ist die alte Bezeichnung für die kombinierte Facharztausbildung aus Psychiatrie und Neurologie in Deutschland.

4    »Philipp Lotmar wurde am 8.9.1850 als Sohn des Kaufmanns Heinrich Lotmar (1840 - 1857) und der Bankierstochter Rosette, geb. Florsheim (1822 - 1866), in Frankfurt a. M. geboren, verbrachte aber seine Jugendjahre in Paris. Dorthin hatte sich sein Vater als Privatier zurückgezogen, nachdem er in den politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten des Jahres 1848 die Familienfirma Benedict Lotmar et fils, eine 

Seidenmanufaktur in Lyon, verkauft hatte. Dieses florierende Unternehmen war von seinem Vater Benedict Loeb begründet worden, der mit seiner Ehefrau Golde, geb. Ochs, aus dem hessischen Wetzlar nach Frankreich gezogen war, um den Einschränkungen des deutschen Gettolebens zu entfliehen und von den bürgerlichen Freiheiten Gebrauch zu machen, die Frankreich nach der Revolution, 1791 den Juden gewährte. 1832 nahm die Familie Loeb den Namen Lotmar an, der Sohn Benjamin Loeb den Namen Heinrich Lotmar. Nach dem frühen Tod des Vaters zog die Mutter mit Philipp und seinen drei Schwestern nach Frankfurt zurück, wo Philipp das Gymnasium absolvierte. Als auch die Mutter starb, wurden die Kinder von einem vermögenden Frankfurter Bankier betreut. 1861 verliess Philipp Frankfurt und studierte Rechtswissenschaft in Heidelberg, Göttingen und seit 1871 in München (...). Vgl. Lotmar 18. Jh. und Lotmar / Rehbinder 1991. 

5    Bernische Hochschulgeschichte 1984, S. 61.

6    Zur wissenschaftlichen Tätigkeit und zur Person von Philipp Lotmar vgl. Lotmar / Rehbinder 1991, Caroni 2003 u. Fargnoli 2014.

7    Werckmeister 2000.

8    Klee / Kersten 1988, Nr. 522. Vgl. auch: Fuchs 2015b.

9    Aus der Korrespondenz zwischen Lily Stumpf und Paul Klee geht hervor, dass Klees Verlobte sich über das Wochenende vom 12. und 13. September 1903 in Bern aufhielt; vgl. Brief von Paul Klee an Lily Stumpf, 10.8.1903, in : Klee 1979, S. 342 sowie Paul Klee an Lily Stumpf, 15.9.1903, in: Klee 1979, S. 343 f. Folgende Briefstelle vom 5.10.1904 deutet darauf hin, dass ein Konzert unter Beteiligung von Lily Stumpf im Hause Lotmar stattfand: »Es tut mir freilich leid, dass die überaus glänzende, durch Ihre Anwesenheit heraufgeführte Musikaera ein etwas frühes Ende fand. (...) Der Flügel steht recht rat- und trostlos da.« (Lotmar 1904b). Die »Musikaera«, das heisst das gemeinsame Musizieren, fand Jahre später seine Fortsetzung, als Fritz Lotmar 1907 ebenfalls von Bern nach München zog; vgl. Klee 1942, S. 15 und Hopfengart et al. 2012, S. 52.

10    Paul Klee an Lily Stumpf, 31.1.1905, in: Klee 1979, S. 476.

11    Klee 1988, S. 201, Nr. 592. Hans Bloesch schrieb im Fremdenblatt für Bern und Umgebung über das Benefizkonzert: »vorzüglich vorgetragen von den Herren Lotmar, Klee, Konzertmeister Jahn und Lewandowsky« (Bloesch 1905). Im Konzert spielte Lotmar auf einer von Marie von Sinner-Borchardt geliehenen Guarneri-Geige. Im Anschluss an das Konzert brachte Lotmar das wertvolle Instrument einem Geigenbauer, um sicherzugehen, dass es keinen Schaden genommen hatte, Klee 1988, S. 202 und Okuda 2015, S. 136 - 137.

12    Paul Klee an Lily Stumpf, 1.5.1905 in: Klee 1979, S. 500. Zur Biografie von Olga Lotmar vgl. Lotmar / Lotmar 1980.

13    Klee 1988, S. 210, Nr. 624.

14    Zum Thema Frauenstudium an der Universität Bern, vgl. Rogger 2002, Bachmann 1990 und Progin / Seitz 1980.

15    Zu den allgemeinen Ursachen der »Russinnenflut« um die Wende zum 20. Jahrhundert an Schweizer Hochschulen vgl. Bachmann 1990, Neumann 1987, Feller 1935, S. 441 - 442 und Schweizerischer Verband der Akademikerinnen 1928.

16    Die Unterschiede bei der Studienfächerwahl zwischen den in Russland und den in der Schweiz studierenden Frauen sind ebenfalls auf Diskriminierungsmassnahmen der russischen Regierung gegen die jüdische Bevölkerung zurückzuführen. Während sich die in Russland studierenden Frauen nach Abschluss des Studiums vorwiegend Lehrerinnen wurden, war dieser Beruf den Jüdinnen weitgehend verschlossen, so dass sie das Studium der Medizin wählten; vgl. Dudgeon 1982, S. 19 und Neumann 1987, S. 81.

17    Forrer-Gutknecht 1928, S. 27 - 28. Vgl. auch: Schweizerischer Verband der Akademikerinnen 1928, S. 10, Figner / Hirschfeld / Reinhold 1928, S. 56.

18    Vgl. Figner / Hirschfeld / Reinhold 1928, S. 56, Schweizerischer Verband der Akademikerinnen 1928, S. 10.

19    Feller 1935, S. 442.

20    Bachmann 1990, S. 13 - 16, Progin / Seitz 1984, S. 501 - 503, Feller 1935, S. 442 - 462. Der hohe Anteil von russischen Studentinnen – er betrug zwischen 1881 und 1911 weit über 50 % (vgl. Frauenstudium 1928, Tabelle im Anhang u. das Zahlenmaterial bei Bachmann, 1990) – veranlasste die Universitäten von Zürich und Bern (die Universität Basel nahm zu jener Zeit noch keine Frauen auf, vgl. Feller 1935, S. 442), ihre Zulassungsbedingungen für ausländische Studenten zu verschärfen. Am 12. Januar 1901, im Jahr, in dem Olga Selig sich für das Wintersemester an der Universität Bern immatrikulierte, genehmigte der Regierungsrat ein verschärftes Eintrittsreglement, das die Maturität, einen gleichwertigen Ausweis oder eine Zulassungsprüfung verlangte – von den Russinnen wurde insbesondere das Schlusszeugnis eines Frauengymnasiums erwartet. Vgl. Reglement über den Eintritt in die Hochschule Bern vom 21.1.1901; Motivierung des vom akademischen Senat dem bernischen Regierungsrat vorgelegten Entwurf eines neuen Reglements über den Eintritt in die Hochschule, Staatsarchiv Bern, StAB BB III b 20.8. Im Nachlass von Olga Selig befindet sich eine offizielle Übersetzung ihres Schlusszeugnisses vom Frauengymnasium in Sankt Petersburg, was darauf hindeutet, dass sie sich damit immatrikulierte. Vgl. Familiennachlass Lotmar, Gerold Lotmar, Zürich.

21    Paul Klee an Lily Stumpf, 9.3.1905, in: Klee 1979, S. 486 - 488; Paul Klee an Lily Stumpf, 1.4.1905, in: Klee 1979, S. 493 - 494; Paul Klee an Lily Stumpf, Ostern [23.4.] 1905, in: Klee 1979, S. 496 - 498.

22    Zur anfänglichen Skepsis von Paul Klee, gegenüber Olga Selig vgl. Paul Klee an Lily Stumpf, 9.3.1905, in: Klee 1979, S. 486 - 488; Paul Klee an Lily Stumpf, Ostern [23.4.], 1905, in: Klee 1979, S. 496 - 498. Zu den finanziellen Verhältnissen von Olga Seligs Eltern vgl. Paul Klee an Lily Stumpf, 1.5. 1905, in: Klee 1979, S. 496 - 501.

23    Vorlesungsverzeichnis 1907 der Medizinischen Fakultät der Universität Bern oder das Titelblatt ihrer Dissertation: Lotmar-Selig 1908.

24    Lotmar / Lotmar 1980.

25    Laut Ruth Lotmar war der Grund der Zwangsenteignung die deutsche Staatsbürgerschaft der Familie ihrer Mutter. Vgl. Lotmar / Lotmar 1980. Zur Enteignung von 

deutschem Grundbesitz in Russland zur Zeit der Russischen Revolution von 1917 vgl. auch Rexheuser 2008, S. 112 ff.

26    Das Schicksal der Enteignung kam Olga Lotmar später beim Schweizer Einbürgerungsverfahren zugute. Vgl. Hofstettler 1936, S. 2.

27    Paul Klee an Lily Stumpf, 15.12.1905, in: Klee 1979, S. 563.

28    Vgl. Das Kapitel »Umfassende neurologische Bildung (Mieczyslaw Minkowski, 1964)« in diesem Beitrag. 

29    Vorlesungsverzeichnis 1907 der Medizinischen Fakultät der Universität Bern, S. 36, Examensprotokolle und Promotionen 1907 der Medizinischen Fakultät der Universität Bern (Kopie der Handschrift im Medizinhistorischen Institut der Universität Bern), S. 115, Anmeldung zum Doktorexamen, 1904 - 1908 (Kopie der Handschrift im Medizinhistorischen Institut der Universität Bern), S. 70; sowie Lotmar 1908b.

30    Laut Polizeibericht in den Einbürgerungsakten hat Olga Lotmar-Selig »im Jahr 1907 in Bern das medizinische Doktorexamen bestanden, nicht aber das schweizerische Staatsexamen«. Vgl. Polizeidirektion des Kantons Bern, Bericht der Sicherheits- und Kriminalpolizei, 13.4.1937, Schweizerisches Bundesarchiv. Diese Tatsache erstaunt, denn der Notendurchschnitt während ihres gesamten Medizinstudiums war immer »gut«. Vgl. Examensprotokolle, Promotionen 1907 der Medizinischen Fakultät der Universität Bern (Kopie der Handschrift im Medizinhistorischen Institut der Universität Bern). 

31    Lotmar 1913b. Datiert ist der wissenschaftliche Beitrag mit »München, im März 1912«.

32    Lotmar 1913a.

33    Nach bestandener Reifeprüfung am städtischen Gymnasium in Bern im Herbst 1896 studierte Lotmar 1897 zunächst ein Semester Medizin in Bern und wechselte dann für drei Semester an die medizinische Fakultät der Universität Heidelberg, wo er am 22.7.1898 die ärztliche Vorprüfung, das Tentamen physicum, bestand. Vom Herbst 1898 bis zum Herbst 1900 studierte er wieder in Bern, dann ein Semester in München, ein weiteres Semester in Bern und zwei Semester in Strassburg, wo er am 13. Februar 1903 das deutsche medizinische Staatsexamen erfolgreich bestand. Anschliessend arbeitete er wie schon vor dem Staatsexamen im physiologischen chemischen Laboratorium von Professor Hofmeister in Strassburg und bestand am 6.10.1904 auf Grund einer in diesem Laboratorium gearbeiteten Dissertation das Doktorexamen. Ende Oktober 1904 trat er als dritter Assistent an der medizinischen Klinik von Professor Sahli in Bern ein, wurde im Herbst 1905 zweiter Assistent, blieb in dieser Stellung bis März 1906 und begab sich im Rahmen seiner neurologischen Spezialausbildung nach Paris. Vgl. Lotmar 1902. 

34    Vgl. Bernische Hochschulgeschichte 1984, S. 87. Die bekannteste und erfolgreichste Neuerung von Hermann Sahli war sein weltweit verbreitetes Hämometer zur Messung des Blutfarbstoffs (»Sahli-Hämometer«). Vgl. Hämometer nach Hermann Sahli, um 1910, 4 x 16,5 x 9,3 cm. Medizinhistorisches Museum der Universität Zürich, Inv.-Nr. 5427.

35    Fuchs 2007.

36    Lotmar 1902 und Bing / Stählin / Steck 1949, [S. 1].

37    Minkowski 1964, S. 321.

38    Lotmar 1902.

39    Charles de Montet (1881 - 1951), Privatdozent für Psychiatrie an der Universität Lausanne und Verfasser zahlreicher Publikationen zur Psychoanalyse. Vgl. Melley 1952.

40    Lotmar / Montet 1906.

41    Minkowski 1964, S. 321.

42    Lotmar 1902.

43    Paul Klee an Fritz Lotmar, Anfang 1907, in: Vereinigung der Buchantiquare und Kupferstichhändler in der Schweiz 1995, S. 103, im Angebot des Antiquariats K. Walder.

44    Lotmar 1908a.

45    Klee vertraute stets den ärztlichen Ratschlägen seines Freundes Lotmar, insbesondere nach Ausbruch der postum als Sklerodermie diagnostizierten, entzündlichen und rheumatischen Systemerkrankung.

46    Lotmar 1902. Ende März 1908 verliess Lotmar Berlin, um in München eine Assistenzstelle für Chemie an der psychiatrischen Klinik in München anzunehmen. Ende des Jahrs gab er diese Arbeit auf, »um mich mehr der Neurologie widmen zu können«, wie er in seinem »Curriculum vitae« von 1902 festhielt. Im Mai 1909 begann er, eine »nervenärztliche Praxis in München auszuüben«, und arbeitete daneben im physiologischen Laboratorium der psychiatrischen Klinik zusammen mit dem Leiter Max Isserlin. Vgl. Lotmar 1902. Aus dieser ersten Zusammenarbeit entstand die Publikation Lotmar / Isserlin 1912.

47    Klee 1988, Nr. 803.

48    Lotmar 1913a.

49    Stadtpolizei München 1958.

50    Stadtpolizei München 1958.

51    Klee 1942, S. 15.

52    Paul Klee an Lily Klee, [22.7.1908], Klee 1979, S. 672.

53    Zur Datierung des Erwerbs von Kinderbildnis, 1908, 64, vgl. den Abschnitt »Erneut in München« dieses Aufsatzes.

54    Klee 1988, S. 515.

55    Baumgartner 2008.

56    Rothenbühler 1907, S. 103 und Volz / Zeller 1911.

57    Volz / Lotmar 1909.

58    Klee 1988, Nr. 792.

59    Mumenthaler 1964, S. 328.

60    »Lotmars übersiedelten schon bald, ca. im Jahre 1913, wieder nach Bern.« Klee 1942. Laut Bescheinigung der städtischen Polizeidirektion Bern, Abteilung Personenkontrolle, war Lotmar seit dem 22. April 1912 in Bern angemeldet. Städtische Polizeidirektion Bern 1936b.

61    Lotmar 1913a.

62    Bing / Stählin / Steck 1949, S. 2. Zur Verleihung der venia legendi am 10.7. 1912 vgl. Brief des Dekans der Medizinischen Fakultät Bern an die Unterrichtsdirektion des Kantons Bern, Bern, 12.7.1912, Bernisches Staatsarchiv, StAB BB II b. 555, Lotmar, F. Fritz Lotmar liess sich für die Zeit des medizinischen eidgenössischen Staatsexamens zwischen dem 27.4. und Mitte Juni 1914 von seinem Unterricht beurlaubten. Vgl. Fritz Lotmar an Regierungsrat und Direktor des Unterrichtswesens des Kantons Bern Lohner, 9.4.1914, StAB BB II b. 555, Lotmar, F.

63    Paul Klee an Lily Klee23.1.1914, in: Klee 1979, S. 784.

64    Vgl. Poppelreuter 1917 sowie Abbildung 15 dieses 

Aufsatzes.

65    Paul Klee an Lily, 10.3.1918, in: Klee 1979, S. 909.

66    Lotmar 1919 und Lotmar 1920.

67    Hagner 2007, S. 116 f. Zur Auswirkung des Ersten Weltkriegs auf die Hirnforschung vgl. Hagner 2007, S. 94 - 123.

68    Lotmar / Montet 1906.

69    Lotmar 1933b.

70    Fuchs 2007.

71    Binswanger 1926.

72    Lotmar 1936.

73    Lotmar 1940.

74    Lotmar 1946.

75    Vgl. dazu das Kapitel »Erneut in München« dieses Aufsatzes und dort den Abschnitt über das Bild Kinderbildnis, 1908, 64 (Abb. 19).

76    Bing / Stählin / Steck 1949, S. 2 - 3.

77    Lotmar 1921c und Lotmar 1921b. 

78    Vgl. Lily Klee in ihren Lebenserinnerungen: »Als Paul die Nachricht von der schweren letzten Erkrankung seiner Mutter erhielt, konnte er die Erlaubnis zur Ausreise aus Deutschland nicht schnell genug [schnell genug eingefügt] erhalten, um sie nochmals zu sehen, was damals sehr kompliciert war.« Klee 1942, S. 52.

79    Klee 1942. Zitiert nach Kersten / Okuda / Kakinuma 2014, S. 227. Ich danke Osamu Okuda für den Hinweis auf diese Textstelle.

80    Lotmar 1921a.

81    Lotmar 1922.

82    Lotmar 1925.

83    Lotmar 1926.

84    Mumenthaler 1964, S. 328.

85    Minkowski 1964, S. 322 u. Bassetti / Valko 2008, S. 151.

86    Max Isserlin an Georg Grillo, 3.12.1928, zitiert in: Jutz 1989, S. 31.

87    Minkowski 1964, S. 322. Die Leitung der vom Deutschamerikaner August Heckscher (1848 - 1941) gestifteten privaten Heckscher-Klinik München (Bezirkskrankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie) hatte sein Freund, der Kinder- und Jugendpsychiater Max Isserlin inne, mit dem er schon publizierte.

88    Mumenthaler 1964, S. 328 u. Bing / Stählin / Steck 1949, S. 3.

89    Dercoll 2004, S. 74, Anm. 9.

90    Jutz 1989, S. 13; und insbesondere Voss 2015.

91    Hagner 2007, S. 114.

92    Vgl. dazu das Kapitel »Kriegsgesichter, Kriegsgehirne. Zur Deformation des Kopfes im Ersten Weltkrieg« in: Hagner 2007.

93    Stadtpolizei München 1958.

94    Zur Person von Walter Spielmeyer vgl. Hippius 2005.

95    Lotmar 1925.

96    Lotmar 1925, S. 118 und S. 124.

97    Mit der ihm eigenen Akribie hielt Klee die Entwicklungsstufen seines Sohnes im »Felix Kalender« fest, der ebenfalls Bestandteil der Tagebücher war. Vgl. Klee 1988, Stichwort »Felix Kalender«.

98    Klee 1979, S. 648.

99    Lotmar 1925, S. 128.

100    Klee 1912, S. 302.

101    Klee 1911.

102    Bloesch 1912, S. 270.

103    Zum Thema Kinderzeichnung und zur Kritik 

an der Kindlichkeit von Klees Kunst vgl.. insbesondere Werckmeister 1981, S. 125 f.

104    Klee verbuchte das Werk im Œuvrekatalog mit dem Vermerk: »besitz F. Lotmar 100 M[ark]« in alter Sütterlinschrift, ohne das Werk jedoch zu bezeichnen. Die Bezeichnung »1908 Nr. 64 Verzeichnis des Künstlers« in römische Schrift, welche heute auf dem Werk zu sehen ist, wurde laut Osamu Okuda vermutlich erst »Ende 1912 anfangs 1913« angebracht. Somit lässt sich das Datum des Erwerbs auf Winter 1912/13 festlegen. 

105    Wegen der Komplexität des Themas verzichtete Lotmar im Aufsatz »Über Komik und Spiel« auf eine thematische Behandlung des Komischen als Gegenstand der Kunst. Vgl. Lotmar 1925, S. 110.

106    Rotzoll / Brand-Claussen / Hohendorf 2002, S. 51.

107    Lotmar 1930.

108    Lotmar 1933b.

109    Lotmar 1933a.

110    Mumenthaler 1964, S. 328.

111    Grillo 1933, Jutz 1981, S. 40.

112    Darauf verweist Renate Jutz, allerdings ohne Quellenangaben. Vgl. Jutz 1989, S. 40.

113    Lotmar 1956, Beiblatt S. 3.

114    NSDAP-Parteimitglieder übernahmen am 21.7.1933 unter der Federführung des Bayerischen Innenministeriums die Leitung des Vereins zur Fürsorge für Schwerstkriegsbeschädigte e. V. In demselben Monat wurde die Männerabteilung von der Frauen- und Kinderabteilung abgetrennt und in »Hirnverletztenheim und Kuranstalt für nervenkranke Kriegs- und Arbeitsopfer«  umbenannt. Isserlin wurde aufgrund seiner jüdischen Herkunft als ärztlicher Leiter entlassen und aus dem Vorstand des Trägervereines ausgeschlossen. Er konnte aber bis April 1938 unter immer schwieriger werdenden Bedingungen in der durch die Heckscher Nerven-Heil- und Forschungsanstalt e. V. unter demselben Namen weiter betriebenen Frauen- und Kinderabteilung als Chefarzt weiterarbeiten. Im April 1938 verlor Isserlin auch den Rückhalt dieses Trägervereins und wurde als Chefarzt abgesetzt. Vgl. Voss 2015, S. 216.

115    Zitiert nach Renate Jutz (Jutz 1989, S. 40), die keine Quelle angibt.

116    Lotmar 1956, S. 3 (Beiblatt).

117    Dercoll 2004. Parallel zu den reichsweiten Verdrängungsmassnahmen trieb die Stadt München auf lokaler Ebene die berufliche Ausschaltung jüdischer Ärzte voran. Ein Viertel aller Ärzte der bayerischen Landeshauptstadt war zum Zeitpunkt der Machtergreifung der Nationalsozialisten jüdischer Religionszugehörigkeit oder wurden als nichtarisch taxiert. Vgl. Dercoll 2004, S. 76 und Rexroth / Linder 2011, S. 68 - 70. Vom Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vorerst ausgenommen waren jüdische Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs und ihre Angehörigen sowie Beamte, die vor dem 1. August 1914 angestellt worden waren. Mit der Verabschiedung der »Nürnberger Gesetze« im September 1935 wurde diese Ausnahme aufgehoben. Fritz Lotmar wäre als jüdischer Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs von dieser Gesetzesregelung vorerst also noch nicht betroffen gewesen. Nach dem Krieg stellte Fritz Lotmar einen Antrag auf Wiedergutmachung 

nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland. Vgl. Lotmar 1956.

118    Dercoll 2004, S. 76 f.

119    Der Rechtsanwalt Michael Siegel, ein führendes Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde München, wurde bereits 1933, schwer misshandelt und mit einem Schild mit der Aufschrift »Ich bin Jude und ich werde mich nie mehr bei der Polizei beschweren« durch München getrieben und dabei fotografiert, weil er sich für den nach Dachau deportierten Kaufhausbesitzer Max Uehlfelder eingesetzt hatte. Die Fotografiengelten heute als wichtige Zeugnisse für die Judenverfolgung in München. Vgl. Sinclair 2015.

120    Zur Klees vorzeitiger Entlassung aus der Düsseldorfer Kunstakademie vgl. Frey / Hüneke 2003.

121    Zur Rückkehr von Paul und Lily Klee in die Schweiz, vgl. Frey / Hüneke 2003.

122    Polizeidirektion des Kantons Bern 1934. Am 1. März 1934 endete auch das Arbeitsverhältnis mit der Heckscher Klinik. Vgl. Lotmar 1956, S. 3 (Beiblatt).

123    Fuchs 2015a.

124    Klee 1934.

125    Zu diesem Zeitpunkt war das »Haus Lotmar« am Feldwegweg 3 bereits nicht mehr im Besitz der Familie. Laut mündlicher Mitteilung von Gerold Lotmar, musste Philipp Lotmar das Haus wegen Verlusten mit deutschen Kriegsanleihen aus dem Ersten Weltkrieg verkaufen. Die beiden erwachsenen Kinder, Walter und Ruth, die ebenfalls in München lebten, waren bereits nach Bern vorausgegangen, um den Umzug in die neue gemeinsame Wohnung vorzubereiten.

126    Als Klees Ärzte bei ihrem Patienten eine »vasomotorische Neurose« diagnostizierten, stützten sie sich vermutlich auf die Veröffentlichungen des Berliner Neurologen und Lehrers von Fritz Lotmar, Richard Cassirer (vgl. Abb. 9). Cassirer 1914.

127    Das Werk Sturm im Gang 1934, 191 (T11) wurde in der Ausstellung für 1200 Franken angeboten. Vgl. Klee / Huf 1936, S. 9. Nr. 168. Vermutlich fand das Bild in der Ausstellung keinen Abnehmer, so dass wir davon ausgehen können, dass Lotmar das Gemälde im Anschluss an die Ausstellung erwarb.

128    Das Werk zählt zu den sogenannten »Schriftbildern«. In der bisherigen Forschung wurde Klees Auseinandersetzung mit den kubistischen Werken von Braque und Picasso, die seit 1911 Schriftelemente in ihre kubistischen Werke integrierten, als Auslöser für seine bildnerischen Gestaltungselemente erkannt, die sich in den Schriftbildern von 1916 erstmals konkretisierten (Noda 2009, S. 209). Im Unterschied zu Braque und Picasso, die primär Schriftelemente der alltäglichen Welt in ihre Kompositionen aufnahmen, bezogen sich Klees Schriftbilder von 1913 bis 1921 auf literarische Texte (vgl. dazu auch Schenker 1989, insbesondere S. 145 f.). Mit dem Werk Das Vokaltuch der Kammersängerin Rosa Silber, 1922, 126, begann Klee nach der Auffassung von Wolfgang Kersten in seinen Schriftbildern bestimmte Farben mit Vokalen zu verbinden (Kersten 2002, S.18 - 19, 43 - 49). Im Rahmen seiner Vorbereitungen zum Vortragszyklus»Beiträge zur bildnerischen 

Formenlehre« am Bauhaus Weimar 1921/22, sicher auch schon früher, in Zusammenhang mit dem Blauen Reiter und den ersten Sprachversuchen von Felix Klee, machte sich auch Klee Gedanken zu den Anfängen der Sprache (vgl. dazu Bonnefoit 2014, S. 149). Es wäre möglich, dass er dabei in Lotmar einen kompetenten Gesprächspartner fand, mit dem er sich über die Evolution der Schrift seit ihren Anfängen unterhalten konnte.

129    Ich danke Wolfgang Kersten für die kritische Durchsicht dieser Textpassage zu Paul Klees Werk Sturm im Gang, 1934, 191 (T11).

130    Lotmar 1938.

131    EJPD 1936.

132    Kehrli 1962.

133    Kehrli 1962.

134    Lotmar 1934, dort Stempel der Verlängerungen.

135    ck/db 1934.

136    Kanton Bern 1937.

137    Kanton Bern 1938.

138    Kanton Bern 1938.

139    Städtische Polizeidirektion Bern 1936a.

140    Police Cantonale Bern 1936.

141    Lotmar 1938.

142    Lotmar 1938.

143    Die Wahl der Klinik Cécile geht auf eine Empfehlung von Klee zurück, der dort im August 1936 einen mehrwöchigen Kuraufenthalt verbrachte. Vgl. Frey 1990, S. 113. 

144    Polizeidirektion des Kantons Bern 1938.

145    »Waldau, 23.3.1933, Lieber Freund. Nur ganz kurz die Mitteilung, dass ich heute endlich von der Kant. Polizeidir. (ich kenne dort die massgeb. Persönlichkeit gut u. fragte gerade sie im Vertrauen an) Bericht bekam, dass Deine Rückkehr nach Bern voraussichtlich keinerlei Schwierigkeiten entgegenständen, wenigstens nicht von den kant. Behörden. Der angefragte Herr war noch Schüler Deines Vaters u. schon in dankbarer Erinnerung an ihn sagte er zu. Es müsse dann auch noch bei den eidgenössischen Behörden klappen. Dort kenne ich den Bundesanwalt Stämpfli, auch Schüler deines Vaters; dieser hat einen grossen Einfluss, so dass auch dort keine ernst. Widerstände zu befürchten wären (...)«. Vgl. Walther 1933.

146    Kehrli 1962.

147    Kehrli 1962.

148    Kehrli 1962.

149    Kehrli 1962.

150    Hess / Akert 1950.

151    Zur akademischen Tätigkeit von Mieczyslaw Minkowski in Zürich, vgl. Hess 2008b, S. 192.

152    Minkowski 1964, S. 34.

153    Zur Geschichte der Neurologie an der Universität Bern vgl. Mumenthaler 1987, S. 21 f. und Hess 2008a, S. 40.

154    Auf die 1933 geschaffene Stelle als ausserordentlicher Professor für Neurologie konnte sich der inzwischen 55 Jahre alte Lotmar nicht mehr bewerben.

155    Fuchs 2007.

156    Minkowski 1964, S. 34.

157    Kolle 1956, Kolle 1970, Kreuter 1996, Schliack / Bauer 1998.

158    Minkowski 1964, Mumenthaler 1964, Akert 1996a, S. 15, Akert 1996b, S. 18. Doch schon bei der nächsten Generation der Neurologen wird die 

Bedeutung von Fritz Lotmar in der Geschichte der Neurologie in der Schweiz und in Bern nur noch marginal bzw. falsch gewürdigt. Vgl. Hess 2008a, S. 176, Bassetti / Valko 2008, S. 151.

159    Brown 1975, S. 14 und S. 18.

160    Tesak / Code 2008, S. 125, Anm. 125.

161    Teuber 1979, S. 294, Anm. 25.

162    Der Kinderarzt Jussuf Ibrahim (1877 - 1953) an den Ministerialrat Dr. Geiger, Jena, 20.11.1928, zitiert nach: Jutz 1989, S. 41.

163    Paul Klee an Felix Klee, 10.3.1918, vgl. Klee 1979, S. 909.

164    Teuber 1979, S. 266 f.

165    Vgl. den Abschnitt »Wieder in München« und dort den Absatz über den Artikel »Einige Gedanken über Komik und Spiel« von 1925.

166    In seinem Vortrag »Sexualité et art. Les vérités de Paul Klee« am internationalen Kolloquium Paul Klee – Regards nouveaux des Centre Pompidou (19.–20.5.2016) stellte Gregor Wedekind unlängst sehr aufschlussreiche Bezüge zu Sigmund Freud's Sexualtheorie her. Vgl. www.goethe.de/resources/files/pdf83/Programme_colloque_klee2.pdf
Wedekinds Vortrag ist ein Ausschnitt seiner Forschungen zum Thema Klee und die Sexualität, über das er in den folgenden Aufsätzen publizierte: Wedekind 1993, Wedekind 1996. Weitere wichtige Beiträge zu diesem Thema sind zu finden bei Kersten 1994, Kersten / Okuda 1995, S. 21 - 22, 40 - 42, Zöllner 2002a und Zöllner 2002b. Zu Freud und Klee vgl. auch Werckmeister 2004.  

167    Vgl. der Abschnitt »Äusserst wertvoller Beitrag zum Aphasieproblem« in diesem Aufsatz.


Literatur

Akert 1996a
Konrad Akert, Vierhundert Jahre Hirnforschung in der Schweiz von der Renaissance bis zur Gegenwart, Zürich: Naturforschende Gesellschaft, 1996.

Akert 1996b
Konrad Akert, Swiss contributions to the neurosciences in four hundred years from the renaissance to the present, Zürich: Hochschulverlag der ETH, 1996.

Bachmann 1990
Barbara Bachmann, Medizinstudium von Frauen in Bern 1871–-1914, Diss. Uni Bern 1990. 

Bassetti / Valko 2008
Claudio Bassetti und Philipp Valko, »Geschichte der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft im Kontext der nationalen und internationalen Entwicklung der Neurologie«, in: Schweizer Archiv für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie,2008, Bd. 159, Heft 4, S. 143 - 148.

Baumgartner 2008
Michael Baumgartner, Schenkung Paula Lotmar: Vier Werke aus der frühen Schaffenszeit Paul Klees bereichern die Sammlung des Zentrum Paul Klee (Medienmitteilung). Bern: Zentrum Paul Klee, 2008.

Bernische Hochschulgeschichte 1984
Bernische Hochschulgeschichte. Die Dozenten der bernischen Hochschule. Ergänzungsband zu: Hochschulgeschichte Berns 1528 - 1984 / zur 150-Jahr-Feier der Universität Bern 1984, Bern 1984.

Bing / Stählin / Steck 1949
Robert Bing, Mieczyslaw Minkowski, Georges De Monsier, John Eugen Stählin und Hans Steck, »Herrn Privatdozent Dr. Fritz Lotmar zum 70. Geburtstag«„, in: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie,1949, Bd. 63, Heft 1, S. 1 - 4.

Binswanger 1926
Ludwig Binswanger, »Zum Problem von Sprache und Denken«, in: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie,1926, Bd. 18, S. 247 - 288.

Bloesch 1905
Hans Bloesch, »[Am Freitag 17. Februar fand im Kursaal (...)]«, in: Fremdenblatt für Bern und Umgebung,1905, Bd. 15, Heft 48, S. 38.

Bloesch 1912
Hans Bloesch »Ein moderner Graphiker«, in: Die Alpen. Monatsschrift für schweizerische und allgemeine Kultur,1912, Heft 5, S. 263 - 272.

Bonnefoit 2014
Régine Bonnefoit, »Schriftbilder im Werk von Paul Klee und Henri Michaux«, in: Taking a line for a walk [Olav Christopher Jenssen, Paul Klee, Jonathan Lasker, Brice Marden, Henri Michaux, Mark Tobey, Cy Twombly, Christopher Wool], hrsg. von Régine Bonnefoit et al., Köln: Snoeck, 2014, S. 146 - 159.

Brown 1975
Jason W. Brown, Aphasie, Apraxie und Agnosie. Klinische und theoretische Aspekte, Stuttgart: Gustav Fischer, 1975.

Caroni 2003

Forschungsband Philipp Lotmar (1850 - 1922): Colloquium zum 150. Geburtstag, Bern, 15./16. Juni 2000, hrsg. von Pio Caroni, Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 2003.

Cassirer 1914
Richard Cassirer, »Die vasomotorisch-trophische Neurose«, in: Handbuch der Neurologie, hrsg. von Max Lewandowsky, Berlin: Springer, 1914, Bd. 4 (Spezielle Neurologie), S. 179 - 255.

ck/db 1934
Vorsteher des Kantonalen Arbeitsamts Bern, gezeichnet: ck/db, Brief des Vorstehers des Kantonalen Arbeitsamts aus Bern an Ruth Lotmar in Bern, 4.7.1934, [Arbeitsgesuch No. 7525]. Bern: Staatsarchiv, BB 4.4.275, Nr. 58, 1934.

Dercoll 2004
Axel Dercoll, »Die ›Entjudung‹› der Münchener Ärzteschaft 1933 - 1941«, in: München arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden in der NS-Zeit, hrsg. von Angelika Baumann, München: Beck, 2004, S. 70 - 86.

Dudgeon 1982
Ruth Dudgeon, »The Forgotten Minority: Women Students in Imperial Russia, 1872 - 1917«, in: Russian History,1982, Bd. 9, Heft 1.

EJPD 1936
EJPD, Schreiben des Chefs der Polizeiabteilung betreffend den Einbürgerungsantrag von Fritz Lotmar an den Regierungsrat, Bern: Eidgenössisches Justiz und Polizeidepartement, Polizeiabteilung, 14. November. Bern: Staatsarchiv des Kantons Bern, Einbürgerungsakte Fritz Lotmar, 1936.

Fargnoli 2014
Philipp Lotmar: letzter Pandektist oder erster Arbeitsrechtler?, hrsg. von Iole Fargnoli, Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 2014.

Feller 1935
Richard Feller, Die Universität Bern 1834 - 1934, Bern: Haupt, 1935.

Figner / Hirschfeld / Reinhold 1928
Vera Nikolaevna Figner, Lilly Hirschfeld und Walter von Reinhold, Nacht über Russland. Lebenserinnerungen, Berlin: Malik, 1928.

Forrer-Gutknecht 1928
Else Forrer-Gutknecht, »Zur Geschichte des Frauenstudiums an der Universität Zürich«, in: Das Frauenstudium an Schweizer Hochschulen, hrsg. vom Schweizer Verband der Akademikerinnen, Zürich: Rascher, 1928, S. 19 - 87.

Frey 1990

Stefan Frey, »Chronologische Biographie (1933 - 1941)«, in: Paul Klee das Schaffen im Todesjahr, Aust.-Kat. Kunstmuseum Bern, 17. August - 4. November 1990, hrsg. von Josef Helfenstein 1990, S. 111 - 132.

Frey / Hüneke 2003
Stefan Frey und Andreas Hüneke, »Paul Klee, Kunst und Politik in Deutschand 1933. Eine Chronologie«, in: Paul Klee 1933, hrsg. von Pamela Kort und Helmut Friedel, Köln: König, 2003, S. 268 - 306.

Fuchs 2007
Walther Fuchs, »Der Binswanger-Lotmar-Disput über Aphasie (1926 - 1963)«, in: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie, 2007, Bd. 158, Heft 7, S. 322 - 330.

Fuchs 2015a
Walther Fuchs, »Leben im Provisorium. Mansardenwohnung Kollerweg 6«, in: Mit Klee durch Bern: Spaziergänge in Stadt und Umgebung, hrsg. vom Zentrum Paul Klee, Bern: Stämpfli, 2015, S. 103 - 108.

Fuchs 2015b
Walther Fuchs, »Streichquartettorgien im Hause Lotmar, Feldeggweg 3«, in: Mit Klee durch Bern: Spaziergänge in Stadt und Umgebung, hrsg. vom Zentrum Paul Klee, Bern: Stämpfli, 2015, S. 92 - 95.

Grillo 1933
Brief von Georg Grillo aus Oberhausen / Rhld. [Der 1. Vorsitzende der Heckscher Nervenheil- und Forschungsanstalt, München] an Fritz Lotmar in München, 19.12.1933. München: Bayerische Hauptstaatsarchiv, BayHStA-LEA 23777 [Entschädigungsakt Fritz Lotmar], 1933.

Hagner 2007
Michael Hagner, Der Geist bei der Arbeit. Historische Untersuchungen zur Hirnforschung, 2. Aufl., Göttingen: Wallstein, 2007.

Hess 2008a
Christian W. Hess, »Geschichte der Neurologie in Bern«, in: Schweizer Archiv für Neurologie and Psychiatrie, 2008a, Bd. 159, Heft 4, S. 176 - 182.

Hess 2008b
Klaus Hess, »Geschichte der Neurologischen Klinik und Poliklinik Zürich«, in: Schweizer Archiv für Neurologie and Psychiatrie, 2008b, Bd. 159, Heft 4, S. 191 - 197.

Hess / Akert 1950
Walter R. Hess und Konrad Akert, Symposion über das Zwischenhirn mit einleitenden Referaten und Demonstrationen, (Helvetica physiologica et pharmacologica acta supplementum, Bd. 6), Basel: Schwabe, 1950.

Hippius 2005
Hanns Hippius, Die Psychiatrische Klinik der Universität München 1904 - 2004, Berlin: Springer, 2005.

Hofstettler 1936
Hofstettler, Polizeibericht der Kantonspolizei Bern vom 26. Dezember 1936, Staatsarchiv Bern: BB 4.4.276, Schachtel 1938, Nr. 59: Lotmar, Fritz Ferdinand. [Typoskript, 2 Seiten]

Hopfengart, Bumgartner et al. 2012
Christine Hopfengart, Michael Baumgartner et al., Paul Klee – Leben und Werk, hrsg. vom Zentrum Paul Klee, Ostfildern: Hatje Cantz, 2012.

Jutz 1981
Renate Jutz, Max Isserlin. Gründer der Heckscher Nervenklinik für Kinder und Jugendliche. Beiträge zum Leben und Werk eines Münchner Psychiaters. Zu seiner Arbeit für psychisch und geistig Kranke und Behinderte, München: Heckscher Klinik f. Kinder u. Jugendliche d. Bezirks Oberbayern, 1981.

Jutz 1989
Renate Jutz, Die Heckscher-Klinik von 1929 - 1989. Geschichte, Menschen, Schicksale. 60 Jahre Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bayern (Aus der Heckscher-Klinik für Kinder- und Jugendliche des Bezirks Oberbayern,  ???, München, Kirchheim: Fischer, 1989.

Kanton Bern 1937
Kanton Bern, Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrats, 5901. Einbürgerungsantrag Fritz Ferdinand Lotmar, 28.12.1937. Bern: Staatsarchiv, BB 4.4.276, Schachtel 1938, Nr. 59: Lotmar, Fritz Ferdinand, 1937.

Kanton Bern 1938
Kanton Bern, Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrats, 950. Einbürgerungsbegehren Fritz Ferdinand Lotmar, 25.2.1938. Bern: Staatsarchiv, BB 4.4.276, Schachtel 1938, Nr. 59: Lotmar, Fritz Ferdinand, 1938.

Kehrli 1962
Jakob Otto Kehrli, »Weshalb Paul Klees Wunsch, als Schweizer Bürger zu sterben, nicht erfüllt werden konnte«, in: Der Bund (Der kleine Bund), 5.1. 1962, Bd. 113, Heft 6, unpaginiert.

Kersten 1994
Wolfgang Kersten, »Textetüden über Klees Postur – ›Elan vital‹ aus der Giesskanne«, in: Elan Vital oder Das Auge des Eros, Ausst.-Kat. Haus der Kunst, München, hrsg. von Hubertus Gassner, München: 1994, S. 56 - 74, 59 - 63.

Kersten 2002
Wolfgang Kersten, Paul Klee – Das »Skizzenbuch Bürgi«, 1924/25, (Klee-Studien. Beiträge zur internationalen Paul-Klee-Forschung und Edition historischer Quellen Bd. 1) 2 Teilbde., Zürich: Zurich Inter Publishers, 2002.

Kersten / Okuda 1995
Wolfgang Kersten und Osamu Okuda, Paul Klee – im Zeichen der Teilung: Die Geschichte zerschnittener Kunst Paul Klees 1883 - 1940; mit vollständiger Dokumentation, Ausst.-Kat. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 21.1.–17.4.1995;, Staatsgalerie Stuttgart, 29.4.–23.7.1995, Stuttgart: Hatje, 1995.

Kersten / Okuda / Kakinuma 2014
Wolfgang Kersten, Osamu Okuda und Marie Kakinuma, Paul Klee. Sonderklasse unverkäuflich, mit zwei Beiträgen von Stefan Frey, Ausst.-Kat. Zentrum Paul Klee, 21.10.2014 - 1.2.2015; , Museum der bildenden Künste Leipzig, 1.3.–25.5.2015; hrsg. vom Zentrum Paul Klee, Bern; Köln: Wienand, 2014.

Klee 1960
Felix Klee, Paul Klee. Leben und Werk in Dokumenten, ausgewählt aus den nachgelassenen Aufzeichnungen und den unveröffentlichten Briefen, mit 162 Reproduktionen von Bildern, Zeichnungen, Fotos und anderen Dokumenten, Zürich: Diogenes 1960.

Klee 1934
Lily Klee an Nina Kandinsky 6.3.1934, iCentre national d‘art et de culture Georges Pompidou, Bibliothèque Kandinsky, Paris.

Klee 1942
Lily Klee, Lebenserinnerungen, Bern: Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee, 1942. [Manuskript]

Klee 1911
Paul Klee an Hans Bloesch15.12.1911, Burgerbibliothek, Bern, Nachlass Hans Bloesch.

Klee 1912

Paul Klee, »München«, in: Die Alpen. Monatsschrift für schweizerische und allgemeine Kultur,1912, Heft 5, S. 302.

Klee 1979
Paul Klee, Briefe an die Familie: 1893 - 1940, hrsg. von Felix Klee, 2 Bde., Köln: DuMont, 1979.

Klee / Huf 1936
Paul Klee / Fritz Huf, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Luzern, 26.4 - 3.6.1936, Luzern 1936.

Klee 1988
Paul Klee Tagebücher: 1898 - 1918, Textkritische Neuedition, bearbeitet von Wolfgang Kersten, hrsg. von der Paul-Klee-Stiftungund dem Kunstmuseum Bern, Stuttgart und Teufen: Gerd Hatje, 1988.

Kolle 1956

Kurt Kolle, Grosse Nervenärzte, Stuttgart: Thieme, 1956.

Kolle 1970
Kurt Kolle, Grosse Nervenärzte. 21 Lebensbilder, 2. Aufl., Stuttgart: Thieme, 1970.

Kreuter 1996
Alma Kreuter, Deutschsprachige Neurologen und Psychiater ein biographisch-bibliographisches Lexikon von den Vorläufern bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, München: Saur, 1996.

Lotmar 18. Jh.
Stammbaum der Familie Lotmar, Aus der Ehe von Loeb Benedikt mit Ochs Golde, Zürich: Privatarchiv Gerold Lotmar, 18. Jh. [Manuskript]

Lotmar 1902
Fritz Lotmar, Curriculum vitae, [20.2.1902]. Bern: Staatsarchiv, StAB BBIIIb.555, Lotmar, F., Innere Medizin Pd 1912, 1902.

Lotmar 1904a
Fritz Lotmar, Zur Kenntnis der Albumosen des krystallisierten Serumalbumins. Inaugural-Dissertation der medicinischen Facultät der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg zur Erlangung der Doctorwürde, Strassburg: J. Singer, 1904a.

Lotmar 1908a
Fritz Lotmar, »Ein Beitrag zur Pathologie des Kleinhirns«, in: Monatsschrift für Psychiatrie und Neurologie,1908, Bd. 24, Heft 3, S. 217 - 238.

Lotmar 1913a
Fritz Lotmar, »Beiträge zur Histologie der akuten Myelitis und Encephalitis, sowie verwandter Prozesse. Auf Grund von Versuchen mit Dysenterietoxin«, in: Histologische und histopathologische Arbeiten über die Grosshirnrinde mit besonderer Berücksichtigung der pathologischen Anatomie der Geisteskrankheiten,1913, Bd. 6, Heft 2, S. 245 - 432.

Lotmar 1920
Fritz Lotmar, „Zur Kenntniss der erschwerten Wortfindung und ihrer Bedeutung für das Denken des Aphasischen [Schluss]“, in: Schweizer Archiv für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie,1920, Bd. 6, Heft 1, S. 3 - 36.

Lotmar 1921a
Fritz Lotmar, »Zur Kenntnis der Wassermann‘schen Reaktion bei Tumoren des Zentralnervensystems«, in: Schweizerische Medizinische Wochenschrift,gibt es hier evtl. noch eine Heft-Nummer? 1921 und eine Seitenangabe?.

Lotmar 1921b
Fritz Lotmar an Paul Klee 12.3.1921, Bern: Zentrum Paul Klee, Schenkung Familie Klee.

Lotmar 1921c
Fritz Lotmar an Paul Klee, 21.3.1921, Bern: Zentrum Paul Klee, Schenkung Familie Klee.

Lotmar 1922
Fritz Lotmar, »Zum familiären Vorkommen der multiplen Sklerose«, in: Schweizerische Medizinische Wochenschrift,1922, Heft 47, S. 1146.

Lotmar 1925
Fritz Lotmar, »Einige Gedanken über Komik und Spiel«„, in: Ergebnisse der Physiologie,1925, Bd. 24, Heft 1, S. 107 - 138.

Lotmar 1926
Fritz Lotmar, Die Stammganglien und die extrapyramidal-motorischen Syndrome, (Monographien aus dem Gesamtgebiete der Neurologie und Psychiatrie, Bd. 48), Berlin: J. Springer, 1926.

Lotmar 1933a
Fritz Lotmar, »Histopathologische Befunde in Gehirnen von endemischem Kretinismus, Thyreoaplasie und Kachexia thyreopriva«„, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie,1933a, Bd. 146, Heft 1, S. 1.

Lotmar 1933b
Fritz Lotmar, »Zur Pathophysiologie der erschwerten Wortfindung bei Aphasischen«„, in: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie,1933, Bd. 30, Heft 86, S. 86 - 158, 322 - 379.

Lotmar 1934
Deutscher Reisepass von Fritz Lotmar [10.4.1934], Bern: Staatsarchiv des Kantons Bern, Einbürgerungsakte Fritz Lotmar, 1934.

Lotmar 1936
Fritz Lotmar, »Neuere Kämpfe um die Auffassung aphasischer Störungen«„, in: Schweizer Archiv für Neurologie and Psychiatrie,1936, Heft 38, S. 97 - 149.

Lotmar 1938
Fritz Lotmar an den Regierungsrat des Kantons Bern, 11.2.1938, Bern: Staatsarchiv des Kantons Bern, Einbürgerungsakte Fritz Lotmar. [Betrifft Einbürgerungsgesuche von Dr. Fritz Lotmar, Dr. Walter Lotmar und Dr. Ruth Lotmar]

Lotmar 1940
Fritz Lotmar, »Zur Lehre von der erschwerten Wortfindung und ihrer Rückwirkung auf das Denken des Aphasischen [Dritter Beitrag]», in: Schweizer Archiv für Neurologie and Psychiatrie,1940, Heft 45 (2), S. 341 - 426.

Lotmar 1946

Fritz Lotmar, »Zur Frage der Urteilsfähigkeit [ZGB Ar t. 16] und der Ermüdung [Art. 369] bei Broca-Aphasie«, in: Schweizer Archiv für Neurologie and Psychiatrie,1946, Heft 42 (1/2), S. 91 - 152.

Lotmar 1956
Fritz Lotmar an das Entschädigungsamt in München, 6.4.1956, [Beiblatt]: Bayerisches Hauptstaatsarchiv, BayHStA-LEA 23777 [Entschädigungsakte Fritz Lotmar].

Lotmar 1904b
Fritz Lotmar an Lily Stumpf, 5. 5.1904. Bern: Zentrum Paul Klee, Korrespondenz Familie Lg AKM, 39514.

Lotmar 1919

Fritz Lotmar, »Zur Kenntniss der erschwerten Wortfindung und ihrer Bedeutung für das Denken des Aphasischen«, in: Schweizer Archiv für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie,1919, Bd. 5, Heft 1, S. 206 - 239.

Lotmar 1930
Fritz Lotmar, »Die extrapyramidalen Erkrankungen im Kindesalter«, in: Monatszeitschrift für Kinderheilkunde,1930, Heft 47, S. 4 - 17.

Lotmar / Isserlin 1912
Fritz Lotmar und Max Isserlin, »Über den Ablauf einfacher willkürlicher Bewegungen bei einigen Nerven-und Geisteskranken«, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie,1912, Bd. 10, Heft 1, S. 198 - 204.

Lotmar / Montet 1906
Fritz Lotmar und Charles de Montet, »Examen de I’intelligence dans un cas d’aphasie de Broca (travail du service du Prof. Dejerine, à la Salpêtrière). Soc. de Neurol. Séance du 8 nov. 1906. Discussion: J. J. Dejerinee, P. Marie, Souques, A. Thomas, 1072-1080», in: Revue neurologique,1906, S. 1063 - 1072.

Lotmar 1908b
Olga Lotmar, »Ein Beitrag zur Kenntnis der Schicksale der fötalen Atelektase», Diss. Uni Bern 1907, in: Virchows Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin,1908, Bd. 191, Heft 1, S. 28 - 63.

Lotmar 1913b
Olga Lotmar, »Beiträge zur Histologie des Glioms«, in: Histologische und histopathologische Arbeiten über die Grosshirnrinde mit besonderer Berücksichtigung der pathologischen Anatomie der Geisteskrankheiten,1913, Bd. 6, Heft 2, S. 433 - 475.

Lotmar / Rehbinder 1991
Philipp Lotmar und Manfred Rehbinder, Schweizerisches Arbeitsvertragsrecht. Forderungen an den Gesetzgeber – Gesammelte Schriften, (Schriften zum schweizerischen Arbeitsrecht, Bd. 34), Bern: Stämpfli, 1991.

Lotmar / Lotmar 1980

Ruth Lotmar und Gerold Lotmar, Die Famile Lotmar-Selig. Zürich: Privatarchiv Gerold Lotmar 1980. [Tonbandinterview]

Lotmar-Selig 1908
Olga Lotmar-Selig, Ein Beitrag zur Kenntnis der Schicksale der foe [ich denke, es handelt sich um einen Umlaut und nicht um eine Ligatur]talen Atelektase: Aus dem pathologisch-anatom. Institut in Bern, Berlin: Reimer, 1908. Wie verhält sich diese Publikation zu Lotmar 1908b?

Melley 1952
A. Melley, »[Dr. Charles De Montet (1881 - 1951)]«, in: Revue médicale suisse,1952, Bd. 73, Heft 3, S. 174 - 182.

Minkowski 1964
Mieczyslaw Minkowski, »Fritz Lotmar (1878 - 1964) [Nachruf]«, in: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie,1964, Heft 95, S. 320 - 327.

Mumenthaler 1964
Marco Mumenthaler, »Fritz Lotmar: 1878 - 1964 [Nachruf]«, in: Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern. Neue Folge,1964, Bd. 22, S. 327 - 328.

Mumenthaler 1987
Marco Mumenthaler, »Medizingeschichtliches zur Entwicklung der Neurologie in der Schweiz«, in: Schweizer Archiv für Neurologie and Psychiatrie,1987, Bd. 159, Heft 4, S. 15 - 30.

Neumann 1987
Daniela Neumann, Studentinnen aus dem Russischen Reich in der Schweiz (1867 - 1914), Diss. Uni Zürich 1987 (Die Schweiz und der Osten Europas, Bd. 1, Zürich: Rohr, 1987.

Noda 2009
Yubii Noda, »Zwei Schriftbilder von Paul Klee aus dem Jahre 1921 (...)«, in: Aesthetics, 2009, Heft 13, S. 207- 219.

Okuda 2015
Osamu Okuda, »Auf der Guarneri spielen am Stadtrand. Haus Marie von Sinner-Borchardt, Engestrasse 43«, in: Mit Klee durch Bern: Spaziergänge in Stadt und Umgebung, hrsg. vom Zentrum Paul Klee, Bern: Stämpfli, 2015, S. 136 - 138.

Police Cantonale Bern 1936
Police Cantonale Bern, Au Poste de police. Sur la conduite du candiatate en natuarilisation, le dénomé  ci-aprés: Lotmar Fritz Ferdinand, 26. décembre [Bericht der Kantonsolizei Bern betreffend der Einbürgerung von Fritz Lotmar und Famile]. Bern: Staatsarchiv des Kantons Bern, Einbürgerungsakte Fritz Lotmar, 1936.

Polizeidirektion des Kantons Bern 1934
Polizeidirektion des Kantons Bern, Anzeige einer erteilten Aufenthalts-, Niederlassung- oder Toleranzbewilligung [Fritz Lotmar], Bern, den 30.05.1934. Bern: Staatsarchiv des Kantons Bern, Einbürgerungsakte Fritz Lotmar, 1934.

Polizeidirektion des Kantons Bern 1938
Polizeidirektion des Kantons Bern, Brief der kantonalen Polizeidirektion aus Bern an Fritz Lotmar in Bern, 7.10.1938, [Aushändigung des Heimatsscheins], in Bern. Staatsarchiv des Kantons Bern, Einbürgerungsakte Fritz Lotmar, 1938.

Poppelreuter 1917
Walther Poppelreuter, Die psychischen Schädigungen durch Kopfschuss im Kriege 1914 - 16 mit besonderer Berücksichtigung der pathopsychologischen, pädagogischen, gewerblichen und sozialen Beziehungen1) 2 Bde., Leipzig: Voss, 1917.

Progin / Seitz 1980

Marianne Progin und Werner Seitz, Das Frauenstudium an der Universität Bern, Bern: Historisches Institut, 1980.

Progin / Seitz 1984

Marianne Progin und Werner Seitz, »Das Frauenstudium an der Universität Bem«, Seminararbeit am Historischen Institut der Universität Bem 1980, in: Hochschulgeschichte Berns, 1528 - 1984: zur 150-Jahr-Feier der Universität Bern 1984, hrsg. von Ulrich Im Hof und der Universität Bern. Kommission für Bernische Hochschulgeschichte, Bern: Universität Bern 1984, S. 497 - 515.

Rexheuser 2008
Rex Rexheuser, Kulturen und Gedächtnis. Studien und Reflexionen zur Geschichte des östlichen Europa, (Veröffentlichungen des Nordost-Instituts, Bd. 12), Wiesbaden: Harrassowitz, 2008.

Rexroth / Linder 2011
Christian A. Rexroth und Martin Linder, Die klinische Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bayern. Entwicklungen – Gegenwart – Perspektiven; Festschrift zum 65. Geburtstag von Dr. Martin Linder, Göttingen: V & R Unipress, 2011.

Rogger 2002
Franziska Rogger, Der Doktorhut im Besenschrank: das abenteuerliche Leben der ersten Studentinnen – am Beispiel der Universität Bern, 2. Aufl., Bern: eFeF-Verlag, 2002.

Rothenbühler 1907
H Rothenbühler, »Dr. Walter Volz. 1875 - 1907« [Nachruf], in: Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft 1907, Bd. 90, S. 103 - 111.

Rotzoll / Brand-Claussen / Hohendorf 2002  
Maike Rotzoll, Bettina Brand-Claussen und Gerrit Hohendorf, »Carl Schneider, die Bildersammlung, die Künstler und der Mord«, in: Wahn, Welt, Bild. Die Sammlung Prinzhorn, Beiträge zur Museumseröffnung, hrsg. von Thomas Fuchs, Berlin: Springer, 2002, S. 41 - 64.

Schenker 1989
Katja Schenker, »Titel – Bild – Gedicht. Paul Klee, Einst dem Grau der Nacht enttaucht…, 1918.17«, in: Georges-Bloch-Jahrbuch des Kunsthistorischen Instituts der Universität Zürich, 1989, Bd. 5, S. 137 - 155.

Schliack / Bauer 1998
Hans Schliack und Helmut Johannes Bauer, Nervenärzte. Biographien, Stuttgart: Thieme, 1998.

Schweizerischer Verband der Akademikerinnen 1928
Schweizerischer Verband der Akademikerinnen, Das Frauenstudium an den Schweizer Hochschulen, Zürich: Rascher & Cie., 1928.

Sinclair 2015
H. Peter Sinclair »Eine Familiengeschichte unserer Zeit – Die 1930er Jahre und später«, in: Die Erfahrung des Exils. Vertreibung, Emigration und Neuanfang. Ein Münchner Lesebuch, hrsg. von Andreas Heusler und Andrea Sinn, Berlin/Boston: De Gruyter, 2015, S. 174 - 185.

Städtische Polizeidirektion Bern 1936a
Städtische Polizeidirektion Bern, Bericht der Sicherheits-und Kriminalpolizei: Fritz Lotmar. Bern: Staatsarchiv des Kantons Bern, St.A.B. BB4.4.275, Einbürgerungen 1938, 41 - 58, 1936a.

Städtische Polizeidirektion Bern 1936b
Abteilung Personenkontrolle Städtische Polizeidirektion Bern, Aufenthaltsbescheinigung von Fritz Lotmar, Bern, den 30.10.1936. Bern: Staatsarchiv des Kantons Bern, St.A.B. BB4.4.275, Einbürgerungen 1938, 41 - 58, 1936b.

Städtisches Gymnasium Bern 1895
Verzeichnis der Behörden, Lehrer, Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums Bern, hrsg. vom Städtischen Gymnasium Bern, Bern: Gerhardt, Rösch & Schatzmann, 1895 

Stadtpolizei München 1958
Stadtpolizei München, Einwohnermeldekarte Fritz Lotmar. München: Stadtarchiv München, 1958.

Tesak / Code 2008
Jürgen Tesak und Chris Code, Milestones in the history of aphasia. Theories and protagonists, Hove: Psychology Press, 2008.

Teuber 1979
Marianne Teuber, »Zwei frühe Quellen zu Paul Klees Theorie der Form. Eine Dokumentation«, in: Paul Klee. Das Frühwerk: 1883 - 1922, Ausst.Kat. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 12.12.1979 - 2.3.1980, hrsg. von Armin Zweite, München: 1979, S. 261 - 296.

Vereinigung der Buchantiquare und Kupferstichhändler in der Schweiz 1995
Zweite Antiquariats-Messe Zürich (Katalog), hrsg. von der Vereinigung der Buchantiquare und Kupferstichhändler in der Schweiz, Zürich, 1995.

Volz / Lotmar 1909
Walter Volz und Fritz Lotmar, Reiseerinnerungen aus Ostasien, Polynesien, Westafrika, Bern: Francke, 1909.

Volz / Zeller 1911
Walter Volz und Rudolf Zeller, Reise durch das Hinterland von Liberia im Winter 1906 - 1907, Bern: Francke, 1911.

Voss 2015
Hendrik Voss, »Die Anfänge der Institutionalisierung der klinischen Neurologie in München (1913 - 1933)«„, in: Der Nervenarzt, 2015, Heft 86, S. 210 - 218.

Walther 1933
Fritz Walther an Fritz Lotmar, 23.3.1933, München: Bayerisches Hauptstaatsarchiv, BayHStA-LEA 23777, Entschädigungsakte Fritz Lotmar.

Wedekind 1993
Gregor Wedekind, »Geschlecht und Autonomie. Über die allmähliche Verfeinerung der Abstraktion aus dem Geist des Mannes bei Paul Klee«„, in: Die weibliche und die männliche Linie. Das imaginäre Geschlecht der modernen Kunst von Klimt bis Mondrian, hrsg. von Susanne Deicher, Berlin: Reimer, 1993, S. 69 - 111.

Wedekind 1996
Gregor Wedekind, Paul Klee: Iventionen, Berlin: Reimer, 1996.

Werckmeister 1981
Otto Karl Werckmeister, Versuche über Paul Klee, Frankfurt a. M.: Syndikat Autoren- und Verlags-Gesellschaft, 1981.

Werckmeister 2000
Otto Karl Werckmeister, »Sozialgeschichte von Klees Karriere«, in: Paul Klee, Kunst und Karriere. Beiträge des Internationalen Symposiums in Bern. Schriften und Forschungen zu Paul Klee, hrsg. von Oskar Bätschmann und Josef Helfenstein, Bern: Stämpfli, 2000, Bd. 1, S. 38 - 67.

Werckmeister 2004  
Otto Karl Werckmeister, »Klees Grenzen des Verstandes«, in: Die Wissenschaft vom Künstler – Kürper, Geist und Lebensgeschichte des Künstlers als Objekt der Wissenschaften, 1880-1930 (Max Planck Institut für Wissenschaftsgeschichte, Preprint, 279), hrsg. von Bettina Gockel und Michael Hagner, Berlin, 2004, S. 119 - 127.

Zöllner 2002a
Frank Zöllner, »Paul Klee, Friedrich Nietzsche und die androzentrische Konstruktion asketischen Schöpfertums«, in: Psychische Energien bildender Kunst. Festschrift Klaus Herding, hrsg. von Henry Keazor, Köln: DuMont, 2002, S. 217 - 256.

Zöllner 2002b
Frank Zöllner, »Das Ende des Körpers: Paul Klees künstlerische Ethik im Kontext zeitgenössischer Triebökonomie«, in: Körper-Sprache Ausdrucksformen der Leiblichkeit in Kunst und Wissenschaft, hrsg. von Angelika Corbineau-Hoffmann, Hildesheim: Olms, 2002, Bd. 1, S. 213 - 240.

 

 

 

 

 

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PAUL KLEE’S CHINESE PICTURE AND CHINESE II

YUBII NODA 

ZUSAMMENFASSUNG

Im Zentrum des folgenden Beitrags stehen Paul Klees Werke Chinesisches Bild und Chinesisches II, die anfänglich als ein Bild konzipiert und unter der Nummer 235 vom Künstler in seinem eigenhändigen Oeuvrekatalog eingetragen worden waren. Zu einem späteren Zeitpunkt schnitt Klee das Gemälde in zwei Teile, die er separat rahmte. Zudem bezeichnete er die ursprünglich rechte Hälfte auf der Rückseite als »Chinesisches II« und gab dem neu entstandenen Werk die Nummer »235 bis«. Durch den Zusatz «bis» (lateinisch für: noch einmal) dokumentierte Klee, dass die beiden Bilder zusammengehören, was auch sofort evident wird, wenn die (Abbildungen der) beiden Werke nebeneinander gehalten werden. Will Grohmann hatte zwar bereits in seiner Klee-Monografie von 1954 auf diese Tatsache hingewiesen, doch geriet diese Information in Vergessenheit, da Klee in seinem Oeuvre-Katalog keine Anpassung des ursprünglichen Eintrags vornahm, und die beiden Werke an unterschiedliche Käufer gingen. Chinesisches II konnte erst 2009 im Zentrum Paul Klee untersucht werden. Dies erklärt, warum Chinesisches Bild und Chinesisches II nicht in der Monografie zum Thema der zerschnittenen Werke Paul Klees von Wolfgang Kersten und Osamu Okuda von 1995 publiziert wurden. 

Die Analysen von Noda erfolgen vor dem Hintergrund von Klees Interesse am Fernen Osten, die der Maler mit zahlreichen Zeitgenossen und später auch mit seinen Künstler-Kollegen am Bauhaus teilte. Hervorgehoben wird die Rolle von Johannes Itten, der von 1919 bis 1923 am Bauhaus einen Vorkurs ausrichtete. Die Autorin sieht in diesem Interesse an Ostasien, das auch eine Beschäftigung mit Taoismus und Buddhismus einschloss, den Wunsch, sich in einer schwierigen Zeit neue Wertvorstellungen zu geben. Zudem ruft die Autorin in Erinnerung, dass Klee am Bauhaus den in keiner Weise abwertend gemeinten Übernahmen «Buddha» erhalten hatte.

Der zweite, sehr viel detaillierter ausgearbeitete Hintergrund, vor dem Noda ihre Forschungen entwickelt, sind die Bücher aus dem Besitz von Paul Klee, die als Ensemble erhalten geblieben sind und sich heute in der Sammlung des Zentrums Paul Klee befinden. In ihrer Analyse unterscheidet Noda zwei Phasen: In der ersten, von 1909 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs dauernden Zeitspanne, gelangten vor allem Publikationen über fernöstliche Poesie und Literatur in Klees Privatbibliothek, von 1919 bis 1924 machten Bücher über die bildende Kunst des fernen Ostens den Hauptteil der Neuzugänge aus. Noda weist darauf hin, dass sich Klees Werke aus diesem Zeitraum häufig auf östliche Themen beziehen. Ihre Beobachtungen, die sie mit Querverweisen zur politischen Geschichte des Deutschen Kaiserreichs verknüpft, untermauert Noda mit Äusserungen Klees aus seinen Tagebüchern und Briefen. 

In der anschliessenden Analyse der beiden Werke, die sie Klees Schriftbildern zuordnet, interpretiert Noda die männliche Figur von Chinesisches II als Selbstporträt, mit dem sich der Künstler – nach dem Vorbild von van Goghs Selbstbildnis der Bayerischen Staatsgemäldesammlung – als buddhistischen Mönch zeigt. Nach Noda nahm Klee die Aufteilung in zwei Werke vor, um seinem Selbstporträt mehr Gewicht zu verleihen. Zugleich erkennt sie im Auseinanderschneiden des Werks eine Stellungnahme Klees zum Kurswechsel des Bauhauses, wo anfänglich ein starkes Interesse an östlichem Gedankengut bestanden hatte, von dem sich jedoch Gropius im Interesse einer stärkeren Zusammenarbeit mit der Industrie schon bald distanzierte. Stellvertretend dafür steht die Entlassung von Johannes Itten im April 1923, der auf diese Weise zum Symbol für die Preisgabe der ursprünglichen Ideale des Bauhauses wird. 


In an attempt to shed light on the Oriental interests of Paul Klee (1879 - 1940), I have examined the periods in which the artist collected books on Asia and the Orient, finding a first period from 1909 to the middle of World War I, and a second from 1919 to 1924.1 The years from 1919 to 1924 also represented a peak for Klee’s production of paintings related to Asia and the Orient. This period overlaps with the years that Klee taught as an teacher at the Bauhaus in Weimar (1921 - 25). It is likely that the keen interest of the Bauhaus community in Asia and the Orient exerted an influence on Klee. In this article I will focus on two paintings by Klee – Chinese Picture (Chinesisches Bild, 1923, 235), in the collection of the Miyagi Museum of Art [Fig. 1] and Chinese II (Chinesisches II, 1923, 235 bis), [Fig. 2] – examining Klee’s engagement with Asia and the Orient by pursuing the hitherto unresearched background to the production of these works.

 
 

1. Interest in Asia and the Orient at the Weimar Bauhaus

In the early years of the Weimar Bauhaus, there was a strong interest in esoteric spirituality and non-Western culture among the artists of this institution. The most influential figure in this regard was Johannes Itten, who was invited to teach at the Bauhaus in 1919, and who was responsible for the institution’s «Vorkurs» (preliminary course) until his resignation in March 1923. Itten, who had developed an interest in East Asian art and philosophy from around 1917, introduced the works of the Chinese and Japanese ink painters into a curriculum centered on the analysis of the works of the great masters of the past and present.2 Itten incorporated the teachings of the Persian religion Mazdaznan, which he and his colleague Georg Muche had discovered prior to being invited to teach at the Bauhaus, into his life and his classes, and generally behaved like the leader of an esoteric cult or secret society.3 This attitude led to differences of opinion with Walter Gropius, founder and director of the Bauhaus, who gave notice of the termination of Itten’s employment there in 1922. The conflict between the two, which began toward the end of 1921 also expressed in disagreement over whether the institution should emphasize individual education or increase its collaboration with industry; in the end, the Bauhaus took the latter course.4 

Yet in his 1919 Bauhaus Manifesto, Gropius himself had espoused the ideal, not of mechanical production, but of »a new guild of craftsmen«, and in the early years of the Bauhaus he was, if anything, favorably disposed to esoteric spiritual tendencies5–  which were shared by a number of the Bauhaus artists, including Muche, Gyula Papp, Karl Peter Röhl, Lothar Schreyer, Gunta Stölzl, Wassily Kandinsky, and Paul Klee.6 Klee was one of the people who found employment as a master at the Bauhaus through Johannes Itten. Although he distanced himself somewhat from Itten’s approach, Klee shared the rising interest in Asia and the Orient that was part of the tenor of the times just before the outbreak of World War I. This interest can be seen, not only in Klee’s work, but in the books he collected during this period. My survey of Klee’s reading, based on the books from the Klee family library in the collections of the Zentrum Paul Klee in Bern, as well as the artist’s diaries and letters to his family have revealed the following. The first peak of this collecting of books on Asia and the Orient was in the years from 1909 to the end of World War I, with the majority of the titles being works of poetry and narrative prose; the second peak came from 1919 - 24, when art books made up a high percentage of those collected.7 Klee’s collecting as a whole encompassed a variety of ages and regions, but during both the first and second peaks, titles related to China and India tended to predominate. The tendencies of the collection can probably be said to reflect rather strongly the situation and trends in German society and art from the war years into the postwar era. In particular, Klee’s collection of books on Chinese literature and Daoism is clearly connected to the popularity enjoyed by translations of Chinese poetry in the wake of the establishment of German Empire’s leasehold at Jiaozhou Bay (Qingdao) in 1898, as well as the appeal that Daoism and Buddhism had to German intellectuals searching for a new system of values from the middle of World War I to the period after Germany’s defeat. As a result of the defeat, Germany lost all of its overseas possessions, including those in China, and by the terms of the Versailles Peace Treaty the German concession in the Shandong Peninsula was ceded to Japan.8 In return, the Japanese plenipotentiary published an official statement, on the basis of an agreement with US President Woodrow Wilson, that it was Japan’s policy to restore sovereignty over the peninsula to China. In addition, in 1921 China signed with Germany its first modern treaty on equal terms with a Western power, and the result was a very positive development of Sino-German relations.9 For Klee, who had been critical of Western colonialism even before World War I,10 this must have been significant news. And Klee’s collection of books related to India must be considered in the context of Rabindranath Tagore’s influence in Germany and the sympathy which the defeated German nation felt for the rise of the Indian independence movement after 1919.11

Even before the war had ended, in works deriving from his 1914 trip to Tunisia and in the series of »word pictures« (Schriftbilder) he made from 1916 - 21, Klee was incorporating Oriental themes into his work, but as one might suspect, it was during the second peak of his collecting that he produced a large number of works related to Asia and the Orient. These tend to be divisible into the categories of figure painting and landscape, with a variety of Asian place names represented in their titles. The richness of these works was no doubt strongly influenced by the growing interest in the cultures of Asia and the Orient within the Weimar Bauhaus at the time – a trend which was not limited merely to the imagination of these artists, but also developed into more active and tangible forms of cultural exchange. One example of this was the Bauhaus exhibition in Calcutta, in planning from October 1922 until March of the following year, and eventually opening on 23 December 1923. The exhibition was spearheaded by Abanindranath Tagore, nephew of Rabindranath and secretary of the Indian Society of Oriental Art. Georg Muche was responsible for selecting the works to be exhibited. The occasion which inspired this exhibition was probably a poetry reading on 7 May 1921 at the German National Theater in Weimar celebrating Rabindranath Tagore’s sixtieth birthday.12 In connection with this event, Itten drew a pencil portrait of Tagore in May 1921 (preserved in the Itten Archive, Zurich).13 Partha Mitter suggests that it is likely that Tagore, who visited the Bauhaus on this occasion and was quite impressed by it, may have proposed the idea of an exhibition under the auspices of his nephew.14 Nine new works by Klee from 1922 were exhibited in Calcutta. The Central State Archive of Thüringen in Weimar has a catalogue of the works submitted to the exhibition, of which List No. 4 comprises works by Klee, whose titles are as follows:15 Red-Violet / Yellow-Green Gradation (1922, 64), Two Kiosks (1922, 66), Queen of Hearts (1922, 63), Mask (1922, 61), Locks (1922, 60), Stars over the Temple (1922, 58) [Fig. 3], Face of a Flower (1922, 57), Evening Sun (1922, 62), and Palace (1922, 65). All of these works were characterized by a rhythmical geometric organization of the picture plane employing gradations of transparent watercolor, but also incorporated various fairy-tale or fantastic elements. The same year, Klee also painted Indian Flower Garden 1922, 28 [Fig. 4].

This is an abstract landscape, with stylized flowers lyrically arrayed as if on a musical staff in a work that belongs to the lineage of Schriftbilder mentioned earlier. Klee is believed to have had in mind the world of Tagore’s Gitanjali and The Gardener when creating this painting. In a letter of October 1917 to his wife Lily, Klee mentions a collection of Tagore’s poetry,16 and the participation of his father Hans Klee in the reading of a free verse translation of The Garden at the Town Hall (Rathaus) in Bern on 1 November 1920 is believed to have focused his attention on this work.17 Indian Flower Garden employs watercolor and colored chalk over a prepared ground of English red mixed with wheatpaste applied to paper; this was then mounted on cardboard, with the exposed borders surrounding the work painted with ink and watercolor. While depicting a fantastic Indian flower garden, at the same time the dark English red ground establishing the fundamental tonality of the painting may also hint at the legacy of British rule in India and the impact of the Indian independence movement of which Tagore was also a participant.

Something which tends to substantiate Klee’s interest in India’s political situation is the fact that Klee received copies of Sattar M. A. Kheiri’s Indian Miniatures of the Islamic Era (Berlin, 1921) from both his son Felix Klee in 1921 and a favorite student in Bern, Marguerite Frey-Surbek, in 1923.18 This book was also in the library of the Weimar Bauhaus.19 In his preface to the book, Kheiri criticized British rule and Western colonialism from the perspective of an Indian, and expressed the intention of introducing the miniatures of the Islamic era (16th - 19th centuries) as an aspect of Indian art hitherto unappreciated in the West.20 From such reading as this, and the general environment of the Weimar Bauhaus, we can see how Klee might have developed a positive engagement with the art and society of Asia and the Orient, and how this interest could have developed into a wellspring of his artistic production – sometimes influencing even his choice of materials and his process of artistic production. 

Next, I would like to look at the background to that artistic process as embodied in two works that clearly represent Klee’s interest in Asia and the Orient at this time – Chinese Picture and Chinese II, painted in 1923.

2. Chinese Picture and Chinese II: Separated at Birth

Although Will Grohmann observed as early as 1954 that Chinese Picture and Chinese II were originally part of a single composition, no subsequent work was done to confirm this suggestion.21 In this paper I would like to explore this possibility. Since the whereabouts of Chinese II are unknown, photographic evidence will provide the basis for this investigation. 

The titling of the two works in itself suggests an association, that is borne out by the following two points. First, in Klee’s handwritten personal catalogue of his work, Chinese Picture is recorded as opus number 235 of the year 1923, while there is no entry for Chinese II. However, on the verso of Chinese Picture II is an inscription in Klee’s hand which reads »1923 235 bis "Chinesisches II" Klee« (»235 bis« signifying no. 235, part 2) [Fig. 5]. From this numbering, the relationship between the two paintings is apparent. Moreover, from the following we can determine that the wood frame surrounding Chinese II was attached by Klee himself. In the photograph of the verso of the painting, we can see that it is covered with a roughly applied coat of yellow paint, overwritten with the title, number, and Klee’s signature and thus naturally indicating that it was Klee himself who applied the paint. And since the pieces of wood holding the painting within the frame are also covered with this paint, it is reasonable to assume it was Klee himself who placed the picture in the frame. 

Second, in a letter dated 5 September 1945 from Walter Lotmar – son of Fritz Lotmar, a Bern neurologist who was an old friend of Klee – to Klee’s wife Lily, Lotmar related that he has a friend named Picken engaged in cultural affairs work in China who would like to purchase both works, and asks if Lily still has them in her possession. In other words, this hints that at this point as well, the two works were being considered as a pair, or at least as very closely related. But in the event, neither work joined Picken’s collection, and each was fated to end up in different hands. According to Klee’s catalogue raisonné,22 and the information on provenance in the records of Zentrum Paul Klee, Chinese Painting was in the possession of Daniel-Henry Kahnweiler’s Gallery Simon in Paris until 1938, at which time it passed through the Karl Nierendorf Gallery into the possession of American modern art collectors Stanley Rogers Resor and his wife Helen. It was inherited by Ann Resor and her husband, the American poet James Laughlin, becoming part of the Ann Resor Laughlin estate after her death, and was eventually put up for auction at Sotheby’s in New York in May 1991. From there it passed the same year from the Natalie Seroussi Gallery in Paris to the Satani Gallery in Tokyo, and finally entered the collection of the Miyagi Museum of Art. On the other hand, according to the records of provenance at Zentrum Paul Klee, Chinese II was owned by the Swiss publisher Hans Meyer-Benteli and his wife Erika, becoming part of the collection of their estate. It was appraised by the Zentrum Paul Klee in 2009 and certified as a genuine work by Klee, but its present ownership is unknown. The photos used as illustrations for this article were all taken at the time of the appraisal at the Zentrum Paul Klee.23

 
 

Dimensions of the two paintings are as follows: both are 31 cm in height; Chinese Picture is 17 cm in width, while Chinese II is 19.3 cm. Chinese Picture was mounted by Klee himself on cardboard, which was in turn painted with oil paint, and then framed. Visual comparison of the two paintings reveals two incomplete forms in the upper right hand corner of Chinese Picture and two incomplete forms in the upper left corner of Chinese II. If the images of the two paintings are aligned along their vertical dimension, these forms match up perfectly; the first becoming a leaf or slender cloudlike shape, the second suggesting a lamp formed by a triangle and an oval [Fig. 6]. Moreover, if we look closely, there is hatching in the base of the triangular portion of this lamplike form in Chinese II that is matched by hatching running in exactly the same direction in Chinese Picture. As a result, I believe that Chinese Picture once occupied the left half and Chinese II the right half of a single painting that at some point in the process of creation Klee divided and separated along the vertical axis – though I must state that this hypothesis is based solely on the photographic evidence taken at the time of the appraisal of Chinese II. The selection of where to make the cut separating the two halves appears to have been carefully calculated, at least from a formal perspective, to cause the least damage to the forms represented in the painting – the division of the two small forms in the upper part of the painting, mentioned earlier, being the only sacrifice of this kind.

Next I would like, insofar as possible, to take a fresh look at the process of production of this painting. In Klee’s manuscript catalogue of his own work, production details for Chinese Picture are recorded as: »Öl = und Wasserfarben (kl. Gemälde in der Art der chin. Lackmalerei) Pappe« [Oil and watercolor (a small work in the manner of Chinese lacquer painting) Cardboard]. This is speculative, but I believe the process went something like this. Klee first applied a ground to a piece of cardboard, drew the outlines of the forms on it, and applied green, brown, and red watercolor to them. Then, preserving the outlines of the forms, he applied a transparent glaze of thinned black oil paint to the entire ground surrounding them. Over this he applied another glaze of transparent paint. Chinese II no doubt followed a similar process. If we look closely at Chinese Picture, there is a horizontal band in about the middle third of the painting to which another layer of black paint was applied – producing a richer, glossier black than the areas above and below that had earlier received the glaze of black oil [Fig. 7]

 
 

This is what Klee described as a technique »in the manner of Chinese lacquer painting«. However, amid the books Klee collected on Asia and the Orient, we do not find any with illustrations of Chinese lacquer painting. A Japanese artist named Shibata Zeshin, active in the late 19th century, is renowned for having invented and developed his own unique technique, based on traditional methods, for paintings employing lacquer on paper or fabric – but Klee was much more likely to have been acquainted with, and had in mind, the type of decorative patterns found on lacquerware craft objects.24 Among the techniques of Chinese lacquerware is one called diao qi, or carved lacquer, that seems close to Klee’s artistic process. Diao qi involves the application of numerous layers of lacquer, which are then carved or incised to create a pattern. Particularly when this carving reveals an underlying layer of color as part of the pattern, it might be said to come close to what Klee was doing. Where could Klee have learned of such a technique? In a letter of 5 March 1903 to his fiancée Lily Stumpf, Klee mentions that he has been reading The Art of Pre-Christian and Non-Christian Peoples, the first volume of Karl Woermann’s series The History of Art of All Ages and Peoples [Karl Woermann, Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker, Bd. 1: Die Kunst der vor- und außerchristlichen Völker, Leipzig/Wien 1900].25 This book touches upon the craft of Chinese lacquerware, explaining that »various layers are applied one atop the next, from which a relief carving is made« (p. 517) – a description that would seem to refer to the diao qi technique. In his artistic production, it seems likely that Klee remembered this technique he had learned of in his younger days. Yet the actual appearance of Chinese Picture and Chinese II seems to more closely resemble that of the Japanese lacquer technique known as maki-e. 

From 1919 into the early 1920s, produced a series of works on Chinese themes: the figure paintings With the Chinese 1920, 19, Chinese Novella 1922, 80, The Monkey Sun 1922, 217, and Chinese Porcelain 1923, 234; the landscape The Way from Unklaich to China 1920, 153; and Exotic River Landscape 1922, 158, which combines aspects of both Chinese landscape and bird and flower genres. But Chinese Picture and Chinese II were unusual in that they were related to China not only in terms of content, but in that China also inspired the technique of their production, producing a unique result. 

3. Chinese Picture – Self-Portrait as a Buddhist Monk

If Klee did indeed cut this painting in half, the question remains why. If we consider what was presumably the prior state of the composition, the male figure at the lower right of Chinese Picture stands out from amid the other symbolic forms, and it seems likely that Klee experimented with cutting the original painting in two for the purpose of giving greater emphasis to this figure. 

On the other hand, a number of the forms depicted in Chinese II seem to draw inspiration from Klee’s collection and reading of books on Asia and the Orient. The key element among them is the figure just right of the center of the picture, which appears to be wearing a kimono-like garment with broad sleeves and standing with upraised arms. This faceless figure with its simple form gives the impression of being a sculpture or doll rather than a human being. It is possible that in making this figure, Klee referenced a photograph in Karl With’s The Monumental Sculpture of Asia (a copy of which was given to Klee as a Christmas present by his son Felix in 1921) of a sculpture captioned »Japan. Image of Prince Shōtoku as a child.«26 [Fig. 8].

 
 

The only illustration amid Klee’s collection of books on Asia and the Orient that so closely resembles the specific costume and pose of the figure in Chinese II is not a Chinese image at all, but this photo of a sculpture of Japan’s Prince Shōtoku. It is the first plate in With’s book, and he alludes to it dramatically in his preface, where it s described in the following manner: »… a child, already showing the splendid promise of youth, kneels with arms outstretched towards heaven in prayer and supplication…«27 In Klee’s painting, above this figure a balloon floats upward, while to the upper right of the balloon, as if in response to the gesture of the figure, an arrow descends from the heavens towards the figure’s hand. Klee seems to be taking a hint from With’s description, giving symbolic representation to the human longing to ascend into the heights of heaven. In addition, a bird resembling a stylized crane is depicted in the lower part of the composition. This may have been inspired by an illustration and the corresponding description in Otto Kümmel’s The Art of East Asia (Berlin, 1921) of an inkstone box, made in Japan in about 1500, featuring a design of cranes with pine branches in their beaks.28 [Fig. 9] In this case, the illustration is a black and white photograph of a piece of lacquerwork, with the lacquer ground appearing as a black similar to that used in Chinese Picture. The book itself was used by Itten at the Bauhaus as a reference text for exploring ink painting in his classes, and there is ample reason to believe that he could have shown it to Klee.29 Of this work of maki-e style lacquer, Kümmel writes: »The cranes with the pine branches in their beaks symbolize the Isle of the Immortals, which according to Chinese legend is located in distant eastern seas, inapproachable by human beings. The reason for this was that for the Chinese, and perforce for the Japanese as well, the crane and the pine embodied a youthful vigor and beauty even into the extremity of old age.«30 The crane with the pine branch in its mouth was imported to Japan from China as a stock motif of bird-and-flower painting, where it was also associated with Hōraisan, the distant isle of immortality. In Klee’s painting, the bird does not hold a pine bough in its beak, but its beak points in the direction of a flower that would seem to suggest the pine boughs carried by the cranes on the inkstone box illustrated in Kümmel’s book. These motifs are connected with those mentioned earlier – the figure, the balloon, the arrow – as representing the human longing for ascension, and may be regarded as supporting the sprightly world of the imagination that the Orient opened to Klee. Moreover, it seems likely that this book might have provided other images besides this inkstone box – photographs of other maki-e pieces and lacquerware from the Shōsoin repository – as reference for Klee in creating works of artmaking pieces »in the manner of Chinese lacquer painting.« Otto Kümmel was a historian of East Asian art and first director of the East Asian department of the Berlin Ethnological Museum. He was involved in mounting an exhibition in Munich entitled Japan and East Asia in Art31 in 1909, when Klee was living there. In addition, Kümmel gave a lecture on »Ancient Chinese Painting« on 28 October 1921 at the Jena Art Association, where Klee would have four exhibitions of his work and deliver the lecture »On Modern Art« in 1924.32 Jena is located close to Weimar, and Klee’s friend, the Constructivist designer and writer Walter Dexel served as the exhibitions director for the Jena Art Association.33 As the Art Association was frequented by members of the Bauhaus, it is quite possible that Klee could have attended Kümmel’s lecture, as well as a lecture on »The Art of Ancient India« given there on 15 November 1921 by Karl With, author of The Monumental Sculpture of Asia.34 Klee owned a total of three volumes on Asian art written by With and published in 1921 and 1922.35 All of this supports the idea that at the time he produced Chinese Picture and Chinese II, Klee was at least aware of the writings of Kümmel and With. And when Klee Asian or Oriental art as a springboard for his own work, his imagination tended to travel quite freely in space and time – for example, in the resemblance between the compositions of Two Vignettes for the Psalms (1915, 81) and »High and Shining Stands the Moon«: Composition on a Chinese Poem by Wang Seng-yu, Part 1 (1916, 20). This suggests that when Klee drew inspiration for the motifs in Chinese Picture and Chinese II from Japanese as well as Chinese art, this was not because he was unable to distinguish between the two, but that he intentionally chose not to, keeping Kümmel’s explanation of the relationship between Chinese and Japanese culture in mind and allowing his imagination to roam freely between the two as he developed his own work. 

If some of the forms in Chinese II took hints from Klee’s cllection of books, then certain characteristics of the head of the male figure in Chinese Picture recall Buddhist images, and suggest the possibility that it may be a self-portrait as a Buddhist monk. Klee could have gained information about Buddhist monks from such sources as the depiction of Xuanzang Sanzang in Richard Wilhelm’s translation Chinese Folktales (Jena, 1914).36 Klee’s interest in this theme found early expression in a hand-puppet he made for his son in 1920, Untitled (Buddhist Monk) [Fig. 10]. He was also known – respectfully – by students and colleagues at the Bauhaus as »The Buddha«.37 As mentioned earlier, in the period after the defeat in World War I, not only members of the Bauhaus but German intellectuals in general were looking to Buddhism and Daoism as potential guides to a new path leading away from the discredited traditional values of the West.38 

 
 

In this regard, it is likely that Klee was aware of Vincent Van Gogh’s Self-Portrait as a Buddhist Monk (1888) [Fig. 11]. This painting was made during Van Gogh’s time in Arles, and was originally owned by Paul Gauguin, who traded it for a self-portrait of his own, Le Misérables (1888). Around 1905, about fifteen years after Van Gogh’s death in 1890, his works finally began to sell and achieve some degree of economic success.39 According to Gesa Jeuthe, in 1906, the director of the National Gallery in Berlin, Hugo von Tschudi, bought Van Gogh’s Self-Portrait from Paul Cassirer, owner of a Berlin gallery, secretary of the Berlin Secessionists, 

and editor of the journal Kunst und Künstler (Art and Artists).40 Tschudi was a champion of modern art who was responsible for introducing to the National Gallery the art of the period from the French Barbizon school of the 19th century onward.41 Hounded from his post by conservative forces, Tschudi left Berlin in 1909 for Munich, where he was appointed director of the Bavarian State Painting Collections. The Van Gogh Self-Portrait went with him. Tschudi gave enthusiastic support to the young artists of the Blaue Reiter movement, but passed away in 1911. After World War I, in 1919, the Van Gogh was purchased from Tschudi’s widow by the Munich State Gallery.42 Until 1938, when it was confiscated by the Nazis, the Van Gogh Self-Portrait was on permanent display as a memorial to Tschudi and to the contribution he made to the museum and to modern art. Klee, who was a participant in the Blaue Reiter movement, almost certainly had the opportunity to see this much-discussed painting during his time in Munich. 

Even before World War I – that is, from the time Van Gogh first began to be introduced and talked about in Germany – Klee showed an interest in Van Gogh’s paintings and letters. For Christmas in 1907, his wife Lily presented him with a copy of a German translation of a selection of Van Gogh’s letters published in 1906 by Bruno Cassirer.43 In two autobiographical fragments written at the request of Wilhelm Hausenstein, Klee notes that he read the Van Gogh letters in 1908, and that same year saw two Van Gogh exhibits, at the Brakl and Zimmerman galleries.44 Additional bibliographic materials related to Van Gogh in Klee’s collection published prior to World War I included a collection of Van Gogh paintings published in 1912, and Vincent Van Gogh by Julius Meier-Graefe, published in 1910 and given to Klee for Christmas that year by his wife Lily.45 Since Klee had been interested in Van Gogh from his younger days, it seems no coincidence that Lily would present Klee with a German translation of Van Gogh’s letters to his brother Theo46 in 1919 – the year that the Van Gogh self-portrait owned by Tschudi became part of the Bavarian State Painting Collections. The title of Van Gogh’s Self-Portrait as a Buddhist Monk was rendered in German simply as Selbstbildnis (Self-Portrait).47 But in this collection of 

Van Gogh’s letters, Van Gogh writes as follows of the self-portrait he would trade to Gauguin: 

»My portrait, which I am sending to Gauguin in exchange, holds its own, I am sure of that. I have written to Gauguin in reply to his letter that if I might be allowed to stress my own personality in a portrait, I had done so in trying to convey in my portrait not only myself but an impressionist in general, had conceived it as the portrait of a bonze, a simple worshiper of the eternal Buddha.

And when I put Gauguin’s conception and my own side by side, mine is as grave, but less despairing….

Someday you will also see my self-portrait, which I am sending to Gauguin, because he will keep it, I hope.

It is all ashen gray against pale veronese (no yellow). The clothes are this brown coat with a blue border, but I have exaggerated the brown into purple, and the width of the blue borders.

The head is modeled in light colours painted in a thick impasto against the light background with hardly any shadows. Only I have made the eyes slightly slanting like the Japanese.« [Letter No. 529 in the German translation Klee acquired in 1919]48 

Reading this letter, it is apparent that it describes the self-portrait as a Buddhist monk that Van Gogh traded to Gauguin; this is supported by the partially effaced dedicatory inscription and signature still partially visible at the top of the painting. In addition, this painting is reproduced in Julius Meier-Graefe’s Vincent (published in 1922), which Klee owned.49 

A comparison of Van Gogh’s Self-Portrait as a Buddhist Monk with the male figure in Klee’s Chinese Picture shows a number of similarities. They face in opposite directions, but both are bust-length portraits of bearded men with close-cropped hair and eyes slanting slightly upward. A photo portrait of Klee taken in 1922 [Fig. 12] shows a similar appearance of cropped hair and beard to the figure in Chinese Picture. The hand-puppet of a Buddhist monk with shaved head and slanting eyes that Klee made in 1920, mentioned above, has been described by Osamu Okuda as probably a self-portrait.50 And in Kümmel’s The Art of East Asia there is a reproduction of a painting of a Buddhist arhat (the caption says »China?«) with fierce expression and a beard [Fig. 13]. It seems plausible that Klee, taking Van Gogh’s self-portrait as a model, and enriching this image with reference to the arhat painting and other sources, produced his own self-portrait as a Buddhist monk.

 
 

Van Gogh projected his ideals of religion and community onto Japan, and painted a portrait of himself as a Buddhist monk living in that utopia.51 The Bauhaus also started out as a utopian community with strong spiritual leanings. But the Bauhaus would soon begin to distance itself from this tendency, as symbolized by the departure in April 1923 of Itten, who had stood at the apex of it. If we examine the forms surrounding the male figure in Chinese Picture, the five-pointed star on the flag at the upper left recalls the three five-pointed stars floating above the three towers of Lyonel Feininger’s illustration Cathedral, which was featured on the cover of Gropius’s Bauhaus Manifesto of 1919 [Fig. 14]. Stars also feature prominently as a motif in the design submitted by Elfriede Knott in the student competition to design an official school emblem for the Bauhaus [Fig. 15].

 
 

And in 1923, when Klee painted Chinese Picture, he produced other works with starry themes, such as Assyrian Game (1923, 79) in which five-pointed stars romp and rotate amid a variety of others; and Connected to the Stars (1923, 159) [Fig. 16], which according to Klee’s son Felix was based on impressions of a festival at the Bauhaus.52 From this it is possible to speculate that the flag with its five-pointed star appearing in Chinese Picture symbolizes the Bauhaus. Then, in the lower left corner of the painting, we find a geometric form closely resembling one which Klee drew to represent the principle of compositional symmetry in the notes on pictorial morphology he made for a class at the Bauhaus on 12 December 1921.53 [Fig. 17]. Above the head of the figure floats a geometric form based on the triangle, and above it another geometric form built around a circle, but with a strategically placed dot suggesting an eye and creating an ambiguous fusion and interplay of geometric and organic forms. This effect may be seen in a number of other works from Bauhaus artists of the period, such as Johannes Bertholt’s Eternity (1924) [Fig. 18].

 
 

 

Unlike Itten, Klee at first glance appears to have adapted rather flexibly to the functionalist, constructivist orientation that was becoming Bauhaus policy. But even as he shifted course from expressionism to constructivism, he continued to produce works that wove back and forth between the two. Chinese Picture may be considered a self-portrait which reflects the realities of Klee’s situation and that of the Bauhaus as they underwent a disruptive change of direction. In contrast, in Chinese II densely fills the entire picture plane with forms that have a strong narrative and illustrative tendency. By severing the original painting into two parts, Klee emphasized the character of the first as a self-portrait, with the figure (in other words Klee himself) in Chinese Picture parting from the arty and imaginative 

Chinese realm depicted in Chinese II – which the Bauhaus was abandoning as an institution. In the calm, yet sharp and somewhat ironic gaze directed at the viewer by the figure in Chinese Picture we may glimpse the visage of Klee, conscious of Van Gogh’s ideals and their failure, and cooly surveying himself in the midst of the whirlpool of the Bauhaus during its period of transition.

Conclusion

Chinese Picture and Chinese II are works demonstrating that Klee’s interest at this time in Asia and the Orient was not limited to motifs alone, but also extended to method and technique; it might also be said that by severing the two works from one another Klee was expressing his attitude toward his present reality. Current events in the year Klee made these works, 1923, began with the occupation of the Ruhr by French and Belgian forces in January on the pretext that Germany had defaulted on its reparations payments and disruption of the German economy by the »passive resistance« this invited. In Saxony and Thuringia, leftist regimes formed by an alliance of radical Social Democrats and Communists took power in the states of Saxony and Thuringia, but were toppled by the intervention of the central government. And in November, Adolf Hitler staged a failed coup attempt in Munich. The same year, the Bauhaus was criticized by the state assembly of Thuringia, and in August

and September mounted a »Bauhaus Exhibition« that decisively expressed its commitment to a functionalist orientation. Even so, the following year pressure from conservatives forced the Bauhaus to consider closing; in the end, it was relocated to Dessau in 1925. Klee would follow the Bauhaus to Dessau and continue to teach there. The background to the Klee’s two works was thus formed by the dizzying changes taking place in both the internal and external realities surrounding the Bauhaus.

Klee appears to have conceived the left side of the original painting as representing his actual situation and the right as the world of his imagination, and in the end severed them from one another. But this left-right compositional structure would be reunited once again in a work from 1938, Project 1938, 126 [Fig. 19]. Research by Otto Werckmeister has shown that this painting was based on a drawing made in 1933, House Revolution 1933, 94 [Fig. 20] that hints at Nazi violence.54 Following up on this, in 2006, Osamu Okuda has argued that the large central figure in Project is a self-portrait, and that in contrast to the large central figure in House Revolution leading an attack by the figures on the left side of the work against those on the right, in Project Klee has reinterpreted this Nazi activist as a creator of modern art and a modern revolutionary.55

Okuda also draws attention to the presence of a flag in the left-hand side of Project containing more legible figurative forms, seeing it as alluding to the Nazi flag and Nazi propaganda, and expressing the reality in 1938 of Nazi control of Germany. Yet at the same time, he points out that the tormented figures at the right of House Revolution have been transformed in Project into a collection of vivid and vital, albeit fragmentary forms embodying aspirations for the future.56 Moreover, in the catalogue for the 2011 Paul Klee: Art in the Making exhibition at the National Museum of Modern Art, Kyoto, Okuda relates that Klee’s illness, which before Easter of 1938 had become so severe that the artist was apparently resigned to dying, suddenly abated, and that having weathered this crisis, Klee regained his enthusiasm for the promise of an exhibition in November 1939 commemorating his 60th birthday, which Will Grohmann had secured for him at the Kunsthaus in Zurich – and interprets the central figure in Project as »an allegorical self-portrait of the artist as he strove to make this ambitious exhibition a reality.«57 In Project, two sheets of newsprint have been pasted onto the jute support, joined at the center where the large figure is situated. If, as Okuda suggests, this figure is a self-portrait, then of the pictographic forms scattered over the entire surface of the painting, the more abstract ones on the right represent the future being planned by the artist, while the ones to the left depict the present situation in which he finds himself. At the time of its creation, Klee was once again able to reunite the internal and external realms he was forced to put asunder in 1923. It is entirely possible that Klee recalled Chinese Picture and Chinese II during the process of making Project, considering the flag that is depicted on the left-hand sides of both Chinese Picture and Project, as well as Klee’s awareness of the fact that Chinese characters are pictographic.58 Both 1923 and 1938 were years in which Klee faced a major transition, and responded by producing self-portraits that examined both his internal and external condition – and regardless of whether the end result was a severing or a union, the artist used their production to reaffirm his will to move forward. 

Postscript

This paper is a revised and expanded version of an oral presentation delivered on 28 January 2012 at the annual conference of the Eastern Division of the Japan Art History Society meeting at Tokyo University of the Arts. Researcher Osamu Okuda and conservator Patrizia Zeppetella of Zentrum Paul Klee cooperated generously with my research, as did Yuki Kobiyama, curator of the Miyagi Museum of Art, and Jun Ishikawa, curator of the Utsunomiya Museum of Art. I also received valuable comments and advice from the members of the editorial and research committees of the Japan Art History Society. I would like to express my gratitude to all concerned. Research for this paper was supported by a 2011 Grant-in-Aid for Young Researchers (B) from MEXT and the Japan Society for the Promotion of Science.

 


1    Cf. Noda 2011, pp. 219 - 233.

2    Cf. Delank 1996, p.152.

3    Cf. Baumgartner 2003, p. 106.

4    Cf. Delank 1996, pp. 154 - 159.

5    Cf. Delank 1996, p. 154.

6    Cf. Wagner 2005, p. 66.

7    Cf. Noda 2011, p. 225.

8    Cf. Nakatani 2004, pp. 130 - 131.

9    Cf. Kuß 2011, p. 94.

10    Cf. Noda 2009a; Noda 2009b.

11    Cf. Mitter 2010, p. 152.

12    Cf. Vogelsang 1994, p. 516.

13    Cf. Wagner 2005, p. 70.

14    Cf. Mitter 2010, p. 153.

15    »Liste No. IV. Paul Klee. Meister am Staatlichen Bauhaus in Weimar«, in: Verzeichnis der Bilder für die Ausstellung der Indian Society of Oriental

Art in Calcutta im Oktober 1922, Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar. »rot violett / gelbgrün, Stufung« (1922/64), »zwei Kioske«»(1922/66), »Herzdame« (1922/63), »Maske« (1922/61), »Schleusen« (1922/60), »Gestirne über den Tempel« (1922, 58), »Gesicht einer Blüte« (1922/57), »Abendsonne« (1922/62), »Palast« (1922/65).

16    Cf. Klee 1979a, p. 885 (an Lily Klee, Gersthofen, 27.10.1917). In Hans Klees Nachlass befindet sich das Buch Gitanjali von Rabindranath Tagore, übers. von Marie Luise Gothein, 9. Aufl., Leipzig 1918.

17    Cf. Noda 2011, p. 222; Noda 2009, p. 120.

18    Kheiri 1921. Noda 2011, pp. 223 - 224.

19    Rudolf/Schröder/Simon-Ritz 2009, p. 141.

20    Cf. Kheiri 1921, pp. 1 - 15.

21    Cf. Grohmann 1954, p. 206.

22    Cf. Klee CR4, p. 140. 

23    The fact that Chinese II didn’t turn up before 2009 explains why these pictures are not included in the major study by Wolfgang Kersten and Osamu Okuda from 1995, cf. Kersten / Okuda 1995.

24    It is possible that prior to World War I, Klee had already seen examples of lacquerware or lacquer painting in the personal collections of Jugendstil and Blaue Reiter artists and their associates, or in major exhibitions such as »Japan and the Orient in Art«, mounted in Munich (Cf. Murnau 2011). However, there are no specific references in Klee’s correspondence or diaries confirming that this was the case. A diary entry for 9 January 1917 does contain such a reference: Klee writes of being shown the collection of Bernhard Köhler, remarking on »a couple of fleeing deer embroidered by Frau Niestlé, reminiscent of Chinese art.« (Klee 1964, p. 363)

25    Klee 1979a, p. 315 (an Lily Stumpf, Bern, 5.3.1903)

26    Cf. With 1920, Abb. 1; p. 14.

27    Cf. With 1920, p. 15.

28    Cf. Kümmel 1921, Abb. 86.

29    Cf. Delank 1996, p. 158.

30    Cf. Kümmel 1921, p. 37.

31    Cf. München 1909.

32    Cf. Wahl 1988, p. 279; Noda 2011, p. 226 - 227.

33    Cf. Wahl 1988, p. 20; Delank 1006, p. 136; Baumann 2004, pp. 251 - 254.

34    Cf. Wahl 1988, p. 279.

35    Cf. With 1919; With 1920; With 1922; Noda 2011, p. 227.

36    »Der Mönch am Yangtsekiang«, in: Chinesische Volksmärchen, übers. von Richard Wilhelm, Jena 1914, pp. 281 - 288.

37    Cf. Okuda 2006a, pp. 121 - 122.

38    Cf. Okuda 2006, p. 122; Okuda 2002, p. 21.

39    Cf. Feilfenfeldt 1990, p. 43.

40    Cf. Jeuthe 2009, p. 449.

41    Cf. Paul 2011, pp. 181 - 230.

42    Cf. Jeuthe 2009, p. 461.

43    Cf. Baumann 2004 Auflösung zum Sigel fehlt, p. 58.

44    Cf. Klee 1988, pp. 498, 514.

45    Van-Gogh-Mappe, München 1912; Julius Meier-Graefe, Vincent van Gogh, München 1910.

46    Van Gogh 1914.

47    Cf. Katalog der neuen Staatsgalerie, amtliche Ausgabe, 2. Aufl., München 1921, p. 8.

48    Van Gogh 1958, pp. 66 - 67 (Van Gogh 1914, Vol. 2, pp. 480 - 481). 

49    Meier-Graefe 1922.

50    Cf. Okuda 2006a, pp. 121 - 122.

51    Cf. Koudera 2009, p. 171.

52    Cf. Hopfengart 2007, p. 182.

53    Cf. Klee 1979b, p. 37.

54    Cf. Werckmeister 2003.

55    Cf. Okudab, 2006, p. 177.

56    Cf. id.

57    Cf. Okuda 2011, p. 93.

58    For Christmas 1909, Klee was presented by Alexander Eliasberg and his wife with a copy of Hans Heilmann’s Chinese Lyric Poetry [Chinesische Lyrik vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München/Leipzig o.J. (1906)]. In it, Heilmann speaks of the ideographic nature of Chinese characters, and how this unique feature of written Chinese imparts a »painterly and illustrative element« to Chinese poetry (p. XXVI). Klee used a poem from this collection – Wang Seng-Yu’s »Qiu gui yuan« (translated into German as »Die einsame Gattin«, or »The Lonely Wife«) – as material for one of his 1916 »word pictures«, which suggests he took particular note of Heilmann’s interpretation. See Noda 2011, p. 66.


Literatur

Baumgartner 2003

Michael Baumgartner, »Johannes Itten und Paul Klee – Aspekte einer Künstler-Begegnung«, in: Christa Lichtenstern, Christoph Wagner (Hrsg.), Johannes Itten und die Moderne. Beiträge eines wissenschaftlichen Symposiums, Ostfildern-Ruit 2003, S. 100 - 115.

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Gesa Jeuthe, »›… der armer Vincent!‹ Van Goghs Selbstbildnis von 1888 und der ›Verwertung‹ der ›entarteten‹ Kunst«, in: Uwe Fleckner (Hrsg.), Das verfemte Meisterwerk. Schicksalswege moderner Kunst im »Dritten Reich«, Berlin 2009, S. 445 - 462. 

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Wolfgang Kersten and Osamu Okuda, Im Zeichen der Teilung. Die Geschichte zerschnittener Kunst Paul Klees (1883 - 1940). Mit vollständiger Dokumentation, Ostfildern: Hatje Cantz, 1995.

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Sattar M. A. Kheiri, Indische Miniaturen der islamischen Zeit, Berlin [1921]

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The Diaries of Paul Klee 1898 - 1918, ed. Felix Klee, tr. by B. Schneider, R. Y. Zachary and Max Knight, Berkeley/Los Angeles 1964.

Klee 1979a

Paul Klee, Briefe an die Familie 1893 - 1940, Bd.1: 1893 - 1906, Bd. 2: 1907 - 1940, hrsg. von Felix Klee, Köln 1979.

Klee 1979b

Paul Klee, Beiträge zur bildnerischen Formlehre, hrsg. von Jürgen Glaesemer, Basel/Stuttgart 1979.

Klee 1988

Paul Klee, Tagebücher 1898 - 1918, textkritische Neuedition, hrsg. von der Paul-Klee-Stiftung, Kunstmuseum Bern, bearb. von Wolfgang Kersten, Stuttgart und Teufen 1988.

Klee CR4

Catalogue raisonné Paul Klee, Bd. 4, 1923 - 1926, hrsg. von der Paul-Klee-Stiftung, Kunstmuseum Bern, Bern 2000.

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Koudera Tsukasa, Van Gogh: Struggle of nature and religion, Tokyo 2009.

Kümmel 1921

Otto Kümmel, Die Kunst Ostasiens, Berlin 1921.

Kuß 2011

Susanne Kuß, »Chinas Völkerbundspolitik 1920-1930: Der Kampf um die Aufhebung der ungleichen Verträge«, in: Katja Levy (Hg.), Deutsch-chinesische Beziehungen, München 2011, S. 92 - 105.

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Julius Meier-Graefe, Vincent, München 1922.

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Partha Mitter, »Bauhaus in Kalkutta«, in: Bauhaus-Archiv Berlin (Hrsg.), Bauhaus global. Gesammelte Beiträge der Konferenz bauhaus global vom 21. bis 26. September 2009, Berlin 2010, S. 149 - 158.

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Japan und Ostasien in der Kunst, Offizieller Katalog der Ausstellung, München 1909.

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»...diese zärtlichen, geistvollen Phantasien...« Die Maler des »Blauen Reiter« und Japan, Schlossmuseum Murnau, 21.07. - 06.11.2011.

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Tadashi Nakatani, »Wilson and Japan: The Shandong Question at Paris Peace Conference, 1919«, in: The Doshisha Hogaku (The Doshisha law review), Vol. 56, Nr. 2, 2004, pp.79 - 166.

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Yubii Noda, Paul Klees Schriftbilder: Blick auf Asien, den Orient und die Musik, Tokyo 2009.

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Yubii Noda, »Die Beziehung zwischen Paul Klee und ›Ostasien‹ bis zum Entstehen der ›Schriftbilder‹ im Jahre 1916« (Jap.), in: Paul Klee and East Asia, Ausst.-Kat. Chiba City Museum of Art, 16.5. - 21.6.2009; Shizuoka Prefectural Museum of Art, 14.7. - 30.8.2009; Yokosuka Museum of Art, 5.9. - 18.10.2009, pp. 65 - 85; 157 - 158.

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Yubii Noda, »Paul Klees Verhältnis zu Asien und Orient im Spiegel seiner Lektüre zwischen 1919 und 1924« (Jap.), in: Bigaku-Bijutushi Ronshu, Seijo University, Nr. 19, März 2011, S. 219 - 233.

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Osamu Okuda, »16 Buddhistischer Mönch«, in: Christine Hopfengart (Konzeption und Red.), Eva 

Wiederkehr Sladeczek (Red.), Zentrum Paul Klee, Bern (Hrsg.), Paul Klee. Handpuppen, Ostfildern 2006, S. 121 - 122.

Okuda 2006b

Osamu Okuda, »Bildtotalität und zerstörerischer Werkprozess bei Paul Klee«, in: Reto Sorg und Stefan Bodo Würffel (Hrsg.), Totalität und Zerfall im Kunstwerk der Moderne, München 2006, S. 163 - 182.

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Osamu Okuda, »Paul Klees Atelier in Bern 1934 - 1940«, in: Paul Klee. Art in the making 1883 - 1940, Ausst.-Kat. The National Museum of Modern Art, Kyoto, 12.3. - 15.5.2011; The National Museum of Modern Art, Tokyo, 31.5. - 31.7.2011, S. 40 - 47.

Paul 2011

Barbara Paul, Hugo von Tschudi und die moderne französische Kunst im deutschen Kaiserreich, Mainz, 1993.

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Sylvelin Rudolf, Jana Schröder, Frank Simon-Ritz, »Die Bibliothek des Staatlichen Bauhauses in Weimar«, in: Michael Siebenbrodt, Frank Simon-Ritz (Hrsg.), Die Bauhaus-Bibliothek. Versuch einer Rekonstruktion, Weimar 2009, S. 128 - 169.

Vogelsang 1994

Bernd Vogelsang, »Chronologie des Weimarer Bauhauses. 1919 - 1925«, in: Das frühe Bauhaus und Johannes Itten, Ausst.-Kat. Kunstsammlung zu Weimar, 16.9. - 13.11.1994; Bauhaus-Archiv, Museum für Gestaltung, Berlin, 27.11.1994 - 29.1.1995; Kunstmuseum Bern, 17.2. - 7.5.1995, S. 511 - 522.

Wagner 2005

Christoph Wagner, »Zwischen Lebensreform und Esoterik: Johannes Ittens Weg ans Bauhaus in Weimar«, in: Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Paul Klee. Das Bauhaus und die Esoterik, Ausst.-Kat. Gustav-Lübcke-Museum, Hamm, 28.8.2005 - 8.1.2006; Museum im Kulturspeicher, Würzburg, 22.1. - 22.4.2006, S. 65 - 77.

Wahl 1988

Volker Wahl, Jena als Kunststadt. Begegnungen mit der modernen Kunst in der thüringischen Universitätsstadt zwischen 1900 und 1933, Leipzig 1988.

Werckmeister 2003

Otto Karl Werckmeister, »Körperfigur und Kunstfigur in Klees Zeichnungen von 1933«, in: Paul Klee 1933, Ausst.-Kat. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 8.2. - 4.5.2003; Kunstmuseum Bern, 4.6. - 17.8.2003; Schirn Kunsthalle Frankfurt/M., 18.9. - 30.11.2003; Hamburger Kunsthalle, 11.12.2003 - 7.3.2004, S. 217 - 227.

With 1919

Karl With, Buddhistische Plastik in Japan, 2 Bde., Wien 1919.

With 1920

Karl With, Asiatische Monumental-Plastik, Berlin [1920].

With 1920

Karl With, Java. Buddhistische und brahmanische Architektur und Plastik auf Java, Hagen 1922


Comment

Vorwort Nr.1  / 2015

Comment

Vorwort Nr.1 / 2015

Vorwort

Zwitscher-Maschine – Paul Klee ist der grosse Betiteler unter den Künstlern. So liegt es nahe, dass die Person im Zentrum des Interesses dieser neuen Publikationsformat dieser auch gleich einen Titel entleiht. Was alles da raschelt, rauscht, pfeift und zwitschert, sei es im Garten oder im tiefen Wald der Klee-Forschung, soll mit der »Zwitscher-Maschine« ein Gefäss zur Verbreitung finden.

Paul Klee
Die Zwitscher-Maschine, 1922, 151, Ölpause und Aquarell auf Papier auf Karton, 41,3 x 30,5 cm, The Museum of Modern Art, New York, Mrs. John D. Rockefeller Jr. Purchase Fund. DIGITAL IMAGE © 2016 The Museum of Modern Art/Scala, Florence

Als Hort von Paul Klees Werk und der Dokumentation seines Schaffens und Lebens sieht das Zentrum Paul Klee seine Aufgabe auch darin, nebst der eigenen Forschung die vielfältige Beschäftigung mit dem Künstler, die irgendwo in der Welt stattfindet, zu (er) fassen und sowohl der »Klee-Gemeinde« wie auch breiter interessierten Kreisen zugänglich zu machen. Bei unserer neu geschaffenen »Zwitscher-Maschine« gibt es zwei Grundsätze. Erstens: Wissen, Forschungsergebnisse und -erkenntnisse gehören allen. Die »Zwitscher- Maschine« ist via Internet frei zugänglich. Zweitens: »Zwitscher-Maschine« interessiert sich für die Auseinandersetzung mit Klee in allen Disziplinen. Wissenschaftliche und künstlerische Ansätze geraten in unmittelbare Nachbarschaft. Ein Blick auf Klees Original-Zwitscher-Maschine verrät, dass in diesem digitalen Publikationsorgan selben Namens alles andere als Dogmatismus herrschen wird. Experimente sind durchaus erwünscht, die Vieldeutigkeit, wenn nicht der Widerspruch sind Programm, die Klee- Gemeinschaft darf sich auch in Dissonanzen verlauten lassen.

Die Initiative für diese Online-Zeitschrift ging von Walther Fuchs und Osamu Okuda aus. Sie haben das Konzept erarbeitet und sind auch für die Umsetzung verantwortlich, während das Zentrum Paul Klee sogleich das Potenzial erkannte und seinerseits Ressourcen und Fachkompetenz einbringt. Auch die Museumsstiftung für Kunst der Burgergemeinde Bern misst dem Unterfangen grossen Wert bei und unterstützt das Projekt in seinen ersten Jahren mit finanziellen Beiträgen. Allen Beteiligten sei herzlich gedankt.

Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, wünsche ich viel Anregung und Vergnügen beim Eintauchen in Paul Klees »klangvolles« Universum und all dessen Resonanzen. 

Peter Fischer

 

Direktor Zentrum Paul Klee


Preface

Twittering Machine – Paul Klee always came up with impressive titles for his works of art. It was therefore only right that this new publication format should borrow a title from the artist who is at its heart. The Twittering Machine journal serves as a vessel for everything that rustles, rushes, sings and twitters, whether in the garden or in the deep forest of research into Klee’s work.

Paul Klee
Konzert auf dem Zweig, Concert on the Branch, 1921, 188, Feder, Konturen mit einer Nadel geritzt, auf Papier auf Karton 28,2 x 22 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

As a repository of Paul Klee’s work and documentation of his creative output and life, in addition to conducting its own research into the artist, the Zentrum Paul Klee sees its role as a collector and guardian of the research being carried out into the artist’s legacy all over the world, to make it accessible not only to the Klee community but also to a broader circle of interested parties. Our newly hatched Twittering Machine has two guiding principles: first, knowledge and research findings and insights belong to everyone; Twittering Machine must be freely accessible via the Internet. Second, Twittering Machine is inter- ested in all the disciplines’ approaches to the examination of Klee. Scientific and artistic approaches to his work have much in common. A glance at Klee’s original Twittering Machine will tell you that the digital publication of the same name will be anything but dogmatic in its approach. Experimental content is highly desirable, and ambiguity or even contradiction is the order of the day, since the Klee community should not have to be one in its opinions.

Walther Fuchs and Osamu Okuda were the brains behind this online magazine. They came up with the concept and are also responsible for making it a reality. The Zentrum Paul Klee immediately recognized its potential, contributing resources and its specialist expertise to the mix. The Museumsstiftung für Kunst der Burgergemeinde Bern also attaches great importance to this venture and is helping to fund the project in its early years. We are profoundly grateful to everyone involved. 

I hope, dear readers, that you will find delving into Paul Klee’s resonant and vibrant world a stimulating and pleasurable experience. 

Peter Fischer

Director of the Zentrum Paul Klee

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Editorial

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Paul Klee, Im Ostermundiger Steinbruch, 2 Krähne, 1907, 23, Kohle, Feder und Aquarell auf Papier auf Karton, 63,1 x 48,6 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Das Redaktionsteam freut sich, dass das Online-Journal »Zwitscher-Maschine« (Twittering-Machine) mit dieser ersten Nummer das Licht der Welt erblickt. Möge sein Geburtsschrei von vielem Klee-Interessierten gehört werden!
Die erste Nummer der Zeitschrift versammelt bereits einen bunten Strauss von Beiträgen. Den Auftakt machen zwei sich ergänzende Essays zu Klees Tafelbild Glas-Fassade aus dem Todesjahr 1940. Als Kontrapunkt dazu wird das bisher unbekannte Frühwerk Vater und Sohn, das mit grosser Wahrscheinlichkeit auf einer neu entdeckten Fotografie von 1902 zu sehen ist, zur Diskussion gestellt. Anschliessend erzählt der Ostermundiger Steinbruch von sich durch die Stimme des Berner Poeten Jürg Halter neu, begleitet von Klees flüssigen, vibrierenden Linienduktus. Dann erfolgt ein Blick in die Ferne: Das Aquarell Im Ostermundiger Steinbruch, 2 Krähne reiste im Sommer 2015 zusammen mit vielen anderen Werken Klees des Zentrum Paul Klee ins fernöstliche Inselreich Japan, wo die Ausstellung »Paul Klee. Spuren des Lächelns« in den beiden Museen, Utsunomiya Museum of Art und Hyogo Prefectural Museum of Art Erfolge feierte. Darüber berichtete der japanische Kulturphilosoph Nobuyuki Kakigi in seiner »Flaschenpost« im Internet; wir veröffentlichen die englische Übersetzung dieser Besprechung. Unter dem Rubrik »Tweets« versammeln sich weitere zwitschernde kleine Beiträge und Ankündigungen, die mehrheitlich mit den aktuellen oder kommenden Ausstellungen im Zentrum Paul Klee in Verbindung stehen. Die Nr. 2 der »Zwitscher-Maschine« erscheint voraussichtlich im Juli 2016 mit den Beiträgen von Joachim Jung, Yubii Noda, Anne-Marie Kohler, Marie Kakinuma u.a. (siehe die Vorschau auf der Homepage


The editorial team is pleased that the online journal »Zwitscher-Maschine« (Twittering Machine) sees the light of day with this first number. May its birth cry be heard by many Klee-enthusiasts!
The first issue of the magazine already gathered a colorful bouquet of contributions. The two complementary essays on Klees panelpainting Glas-Fassade (Glass Façade) from the year of his death in 1940 form a prelude. As a counterpoint to this, the previously unknown early work Father and Son, which can be seen with high probability in a newly discovered photograph of 1902, is put forward for discussion. Subsequently, the Ostermundigen quarry tells of itself through the voice of the Bernese poet Jürg Halter, accompanied by Klee’s vibrant, liquid lines. This is followed by a look into the distance: In the summer of 2015 the watercolor In Ostermundigen quarry, 2 Krähne traveled along with many other  Klees of the Zentrum Paul Klee to Japan, where the exhibition »Paul Klee. Traces of Smiles« celebrated successes in the two museums, Utsunomiya Museum of Art and Hyogo Prefectural Museum of Art. The Japanese cultural philosopher Nobuyuki Kakigi reported about this exhibition in his Blog »Flaschenpost«; We publish the English translation of his review. Under the heading »tweets« we gather additional small twittering contributions and advertisements which are for the most part connected to current or upcoming exhibitions at the Zentrum Paul Klee. We anticipate to publish the second issue of »Zwitscher-Maschine« in July 2016 with the contributions from Joachim Jung, Yubii Noda, Anne-Marie Kohler, Marie Kakinuma and others. (see the preview on the website)

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»Mädchen stirbt und wird«. Hinter der »Glas-Fassade« von Paul Klee

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»Mädchen stirbt und wird«. Hinter der »Glas-Fassade« von Paul Klee

Osamu Okuda

Summary

Girl dies, to Live Again. Behind Glass Façade of Paul Klee

The Picture Glass Façade, which Paul Klee finished three months before his death, plays a key role for the material- and technology-related investigation of his entire works, since the publication of the important essay »Painting as Provocation of Material. Reflections on Paul Klee's Technique« (1990) written by the art historian Wolfgang Kersten and the fine art restorer Anne Trembley. Klee painted at first the figurative composition Girl dies, to Live Again on plaster-primed jute. Then he put on this the layer of rose-brawn pigment, to bury the image and composed with beeswax a new geometrical color field painting on the other (now front) side. The rear figurative composition has become visible only in the 1970s between the flaked layers of rose-brawn pigment, while the front-side composition decays more slowly. Between 2005 and 2015, the working process and the meaning of Glass Façade were almost exclusively in Japan in the specialist circle of Klee's art put forward for discussion. But we know still very little, if there are any integral relations between the recto and verso paintings. Now I try to explain hypothetically the intension of Klee in the contemporary historical context of his situation in exile. A possible source of Klee's inspiration for the verso composition could be Alban Berg's Violin Concerto (1935), which dedicated to »the memory of an angel«, namely Manon Gropius, wo died of polio 1935 at the age of 18. The geometrical recto painting may be then related to the modern glass façade of the Bauhaus in Dessau, built by Manon's father Walter Gropius. Klee created supposedly the pictorial time space of his autobiographic memories in connection with his career as painter and teacher of the Bauhaus.


Im März 1940, drei Monate vor seinem Tod, vollendete Paul Klee das Tafelbild Glas-Fassade, 1940, 288 (Abb.1), welches Will Grohmann zufolge »zu seinem Requiem gehört«[1]. Spätestens seit den 1980er Jahren war im engen Fachkreise bekannt, dass sich eine figurative Komposition auf der Rückseite des Bildes versteckt. Erst um 1990 wurde in der Klee-Forschung die besondere materielle Beschaffenheit des Werkes untersucht und dies initiierte die Diskussion über die kompositorische und inhaltliche Bedeutung der doppelseitigen Gestaltung. Der mögliche Zusammenhang zwischen den Vorder- und Rückseiten ist jedoch noch nicht restlos geklärt worden. In Folgenden soll nun versucht werden, den Werkprozess der Verso/Recto-Gestaltung und die damit verbundene Bildaussage im zeithistorischen und insbesondere in Klees autobiografischem Kontext zu erläutern. Wir werfen zunächst einen Blick auf die bisherigen Forschungsergebnisse in lockerer chronologischer Folge, da die Diskussionen über dieses Bild ab 2005 mehrheitlich in Japan stattfanden und im Westen wenig beachtet wurden.

 

Abb. 1: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288, Wachsfarbe auf Jute auf, Leinwand, 71,3 x 95,7 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

1. Forschungsgeschichte

1.1.Kersten/Trembley

Wolfgang Kersten und Anne Trembley haben 1990 in ihrem Aufsatz Malerei als Provokation der Materie. Überlegungen zu Paul Klees Maltechnik erstmals öffentlich darauf hingewiesen, dass sich eine bisher unbekannte Komposition auf der Rückseite vom Tafelbild Glas-Fassade befindet. Ihre Überlegungen dazu können immer noch als Grundstein der weiteren Erforschung des Bildes betrachtet werden, weshalb ich sie hier vollständig wiedergebe:

»Rein ästhetisch besticht das Bild durch seine kontrastreiche, scheinbar lichterfüllte Farbigkeit und eine solide Gitterkonstruktion, komponiert nach dem in der internationalen Geschichte der Moderne seit mindestens 1914 bewährten

Quadratbildmuster. ln der exegetischen Literatur wird ›die Glasfassade als begrenzende Wand eines Innenraumes gegen das helle Aussen‹[2] gesehen. Gedeutet wird es mit Hilfe metaphysischer Anspielungen zum Verhältnis von innerer Freiheit und außenräumlich bedingter Begrenztheit. Wie auch immer dem sei – wir können die in der Tat durch die Darstellung nahegelegte Frage, was sich denn hinter der Glasfassade befindet, auch wörtlich nehmen. Drehen wir also das Bild herum und betrachten es von der Rückseite (Abb. 2). Dort werden wir mit einem ganz anderen Problem konfrontiert: Wir sehen eine figürliche Darstellung, die zwischen den Überresten einer ruinierten Farbschicht sichtbar wird (Abb. 3). Die rosabraune Farbe, mit der Klee die Komposition übermalte, hat sich von der weißen Grundierung gelöst, zu Schüsseln zusammengezogen und ist zu etwa 30 Prozent abgebröckelt.

Abb. 2: Paul Klee, Rückseite der Glas-Fassade 1940, 288. Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Abb. 3: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288, Rückseite, Detail, Fotograf: Patrizia Zeppetella
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Schauen wir uns nun noch einmal die Vorderseite des Gemäldes an: Dort entdecken wir in der Malschicht, verstreut über das ganze Bild, sehr viele kleine Fehlstellen in einem weißen Farbton, obwohl die Farben direkt auf die Jute aufgetragen wurden (Abb. 4). ln Klees Werkverzeichnis findet sich zur Technik die Angabe:

 

Abb. 4: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288, Detail
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv 

 

›Wachsfarben Jute auf Keilr. [Keilrahmen]‹.

Es ist also die rückseitige Grundierung, die in den Fehlstellen der Vorderseite durch die Jute hindurchscheint und die Wachsfarben immer mehr verdrängen wird. Der Zerfallsprozeß nahm in den siebziger Jahren, bedingt durch Klimaprobleme, die während eines Transports auftraten, seinen Anfang. Damals wurden die Fehlstellen retuschiert. Seitdem treten jedoch ständig neue hinzu. Die Vorderseite droht zu verfallen wie die Übermalung auf der Rückseite.

Wir wissen nicht, wie Klee selbst sein Bild verstanden wissen wollte. Vielleicht genügt es zu wissen, wie er bei der Arbeit an dem Bild vorging: Zuerst schuf er die Komposition auf der Rückseite. Die Grundierung reicht bis unter den Keilrahmen. Vielleicht war die Jute auf einem anderen Keilrahmen oder einer Wand befestigt. Dann überdeckte er sie mit der rosafarbenen Farbschicht. Anschließend bemalte er die ungrundierte Rückseite mit Wachsfarben und entschloß sich, die Rückseite zur neuen Vorderseite zu machen. Die Grundierung und weitere Faktoren bewirkten mit der Zeit vorne und hinten einen Zerfallsprozeß, vorne einen langsamen, hinten einen schnellen. Die Glasfassade vorne wird länger halten als die Übermalung hinten. Diegut erhaltene figürliche Komposition war ursprünglich hinter der Glasfassade und der Jute zwischen der Grundierung und der Übermalung unsichtbar verborgen. Nun inkarniert sie sich wieder – vielleicht nicht zufällig – ganz im Sinn des Titels, der auf dem originalen Keilrahmen in Klees Handschrift steht:

 

Abb. 5: Glas-Fassade, rückseitige Inschrift: »Mädchen stirbt und wird«, Fotograf: Patrizia Zeppetella
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

›Mädchen stirbt und wird‹[3]. (Abb. 5)

Insgesamt beurteilt, drängt sich an diesem Bild wie wohl an kaum einem anderen die Frage auf, inwieweit Klee seine Werke ›für die Ewigkeit malte‹ oder ob er aufgrund seiner Provokation der Materie im Dienst der Bildaussage die Möglichkeit eines baldigen Verfalls bewußt in Kauf nahm.«[4]

Auf dieser neuen Kenntnis basierend machte Josef Helfenstein 1991 auf eine Vorarbeit für die rückseitige Komposition aufmerksam:

»Die Vorstufe, wie Klee das einfarbige Blatt Unfall (1939,1178) bezeichnete, für die verworfene Rückseite des Tafelbildes Glas-Fassade (1940, 288) datiert aus dem Vorjahr«.[5] (Abb. 6)

 

Abb. 6: Paul Klee, Unfall, 1939, 1178, Kleister- und Ölfarbe auf Papier auf Karton, 68 x 39,5 cm, Privatbesitz, Schweiz
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv 

 

Tatsächlich bezeichnete Klee im handschriftlich geführten Œuvrekatalog von 1939 zum Blatt Unfall zusätzliche Angaben: »Vorarbeit zu: ein Mädchen stirbt und wird«. (Abb. 7)

 

Abb. 7: Paul Klee, Œuvrekatalog von 1939, zusätzliche Angaben zum Blatt Unfall: »Vorarbeit zu: ein Mädchen stirbt und wird«, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

 

1.2.Diskussionen in Japan

Ab 1992 wurde es in der Klee-Forschung ruhig um das Werk Glas-Fassade. Danach, ab 2005 bis heute, wurde das Bild bemerkenswerterweise fast ausschließlich in Japan in der Klee-Literatur und auch im Fernsehen wiederholt thematisiert und zur Diskussion gestellt[6], obwohl das fragile Werk[7] noch nie in dem fernöstlichen Land ausgestellt worden war.

1.2.1. Maeda/Miyashita

2005 wird das doppelseitige Werk zum Gegenstand eines langen Dialogs über Klees Schaffen zwischen den beiden japanischen Kunsthistorikern Makoto Miyashita und Fujio Maeda, in der populären Kulturzeitschrift Geijutsu-Shincho. Miyashita äußert darin die Vermutung, es könnte Klees bewusste Absicht gewesen sein, dass das verborgene Mädchen nach seinem Tod wieder in der Welt erscheinen könnte, da die Farbschichten auf der Rückseite nach und nach zerfallen würden.[8] (Abb. 8) Nach Miyashita lässt bei Klee gerade dieser sich verändernde Zustand des Werkes die Zeit erfahrbar werden, anders als bei den Futuristen oder Marcel Duchamp, die durch multiplizierte Darstellungen von Bewegungsabläufen Zeit simulierten.[9] Miyashita erweiterte seine Überlegung (zum Teil angeregt durch das Gespräch mit dem Verfasser) in seiner 2009 postum erschienenen Publikation zu Klee.[10]  

 

Abb. 8: Geijutsu Shincho, Bd. 56, Dezember 2005, S. 45
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Maeda interpretierte seinerseits 2006 in einem Katalogbeitrag, der anlässlich der Wanderausstellung Paul Klee. Erzählung und Schöpfung in Japan publiziert wurde, die doppelseitige Darstellung als »architektonischen Raum«:

»Glas-Fassade ist buchstäblich ein architektonisches Fenster und das Gemälde eines Glasbildes. Aus Wachsfarben auf grober Jute bestehend, laden die Bildschichten in Form einer farbigen Überflutung den Betrachter ein, hinter die Bildfläche zu schauen. Selbstverständlich handelt es sich dabei nicht um ein Fenster im Sinne Albertis, eine flächige Überschneidung, vor der der Betrachter von einem bestimmten Standpunkt aus eine lichte Welt aus Zeichnung und Farbe vermisst. Vielmehr vergegenwärtigt er sich etwas, das ›für den Geist undarstellbar, seinem Zugriff immer entzogen ist.‹[11] Dieses Fenster vielschichtiger Überlagerungen von Farbe und Stoff zwingt zur Konfrontation mit der ›immateriellen Materie‹ (Lyotard) und ist dennoch ein Erscheinungsbild des Lichts, voll von belebendem ›Halblicht‹ oder ›Halbschatten‹. Die eigentümliche Überlagerung in den Bildern Klees stellt nicht zuletzt eine neue Konstellation für die Integration von ›Bildarchitektur‹, wie Klee sagt, in den architektonischen Raum dar. Der architektonische Raum aber ist gleichbedeutend mit dem Raum des alltäglichen Lebens, oder anders gesagt, der offenen Lebenswelt.«[12]

1.2.2. Kakinuma

Fast zur gleichen Zeit veröffentlichte die japanische Klee-Forscherin Marie Kakinuma einen maßgebenden Aufsatz über »Paul Klees beidseitig bearbeitete Bilder« in der japanischen Zeitschrift Bijutsushi, wo sie es unternimmt, »Klees grundlegende Kunsttheorie, dass Werke immer im Werden begriffen seien und nicht vom statischen Gesichtspunkt des Vollendeten, sondern vielmehr in Hinblick auf den organisch-dynamischen Werkprozess verstanden werden sollten, kunsttheoretisch nachzuweisen, indem Vorder- und Rückseite der beidseitig bearbeiteten Bilder aufeinander bezogen betrachtet und systematisch analysiert werden, wobei darüber hinaus der vom Künstler proklamierte Begriff des ›dynamischen Schaffensprozesses‹ kenntlich gemacht werden soll. […] Es lässt sich annehmen, dass der durch ›Verso-Entdeckungen‹ ausgelöste Rezeptionsprozess nicht ohne Folgen für die weitere Beurteilung von Klees Gesamtwerk bleiben wird.«[13]

1.2.3. Fernsehprogramm »Museum des Labyrinths«

Im März 2008 wurde die doppelseitige Gestaltung der Glas-Fassade Thema in der Fernsehserie »Art-Entertainment - Museum des Labyrinths« der NHK (Nippon Hōsō Kyōkai: Japanische Rundfunkgesellschaft).

Ausschnitt aus dem Fernsehprogramm Museum des Labyrinths der Japan Broadcasting Corporation (NHK) Japan, 11.03.2008 Interviewpartner: Patrizia Zeppetella (Restauratorin, Zentrum Paul Klee, Bern) Dr. Wolfgang Kersten (Institut für Kunstgeschichte, Universität Zürich) Beratung: Osamu Okuda, Zentrum Paul Klee, Bern © NHK Japan und Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv Im März 2008 wurde die doppelseitige Gestaltung der Glas-Fassade Thema in der Fernsehserie " Museum des Labyrinths" der NHK in Japan.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesem Quiz-Programm sollten schrittweise das Geheimnis der verborgenen rückseitigen Komposition ergründen. Zu diesem Zweck hatte im Dezember 2007 ein vierköpfiges Fernsehteam der NHK im Zentrum Paul Klee die beiden Seiten der Glas-Fassade gefilmt und dazu verschiedene Materialien gesammelt. Danach wurde der Arbeitsprozess von Klee im Atelier des Berner Malers Markus Zürcher szenisch rekonstruiert. In der Sendung wurde erstmals die Vermutung des Verfassers vorgestellt, dass die Komposition Mädchen stirbt und wird mit dem Tod von Manon Gropius in einer Verbindung stehen könnte (darüber gleich mehr). Zu sehen waren auch Interviews mit Wolfgang Kersten sowie mit Patrizia Zeppetella. 

Das Bild Glas-Fassade wurde anschließend in der von Michael Baumgartner und Simon Oberholzer kuratierten Ausstellung Paul Klee. Bewegung im Atelier, die vom 13. September 2008 bis zum 18. Januar 2009 im Zentrum Paul Klee zu sehen war, erstmals in einem speziell eingerichteten Schaukasten präsentiert, der es den Besuchern ermöglichte, das Bild von beiden Seiten zu sehen. (Abb. 9a, 9b) Bei dieser Gelegenheit wurde auch die kunsttechnologische Untersuchung, welche Patrizia Zeppetella durchführte, mit Fotos und Kommentaren vorgestellt.

Abb. 9a: Glas-Fassade in der Ausstellung »Paul Klee. Bewegung im Atelier«, Zentrum Paul Klee, 13.9.2008 bis 18.1.2009
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Abb. 9b: Glas-Fassade in der Ausstellung »Paul Klee. Bewegung im Atelier«, Zentrum Paul Klee, 13.9.2008 bis 18.1.2009
©  Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

1.2.4. Kersten/Kakinuma

Wolfgang Kersten hielt 2011 in einem Katalogbeitrag, der anlässlich der von ihm konzipierten Ausstellung Paul Klee. Art in the making 1883–1940 in Kyoto und Tokyo publiziert wurde, zusammen mit der Co-Autorin Marie Kakinuma, rückblickend fest, dass seine und Anne Trembleys Überlegungen aus dem Jahr 1990 zu dem Bild Glas-Fassade eine bemerkenswerte Wende in der Klee-Forschung markiert hätte:

»Sobald der kreative Prozess der Bildherstellung unter pragmatischen Maximen wie ›Art in the Making‹, ›Picture-Making‹ oder ›Werkprozess‹ erforscht wird, kann ein Bild nicht mehr bloss als zweidimensionale Erscheinung verstanden werden, es wird vielmehr in seiner Bedeutung als dreidimensionales Objekt wahrgenommen.«[14]

In Hinblick auf diesen erweiterten Wahrnehmungsmodus spiele Glas-Fassade eine Schlüsselrolle. Die Schlussfolgerung des Aufsatzes von Kersten/Kakinuma lautet:

»Zusammenfassend betrachtet zeigt die Untersuchung der Recto/Verso-Gestaltung, dass Klee ein Werk als dreidimensionales Objekt konzipierte und mit ungewohnter Häufigkeit Vorder- und Rückseiten aufeinander bezog. Der hantierende Künstler verstärkte damit die Aussagekraft des Werks. Manchmal versteckte er eine heimliche Chiffre im rückseitigen Bild, womöglich mit der Absicht, dass das in tiefe Schichten seines Schaffens verborgene Geheimnis eines Tages ans Licht kommen sollte. Die Ergründung des Kunstwerks wird damit in eine unvorhersehbare Zukunft projiziert, so dass ›Art in the Making‹ für die Kunstgeschichte noch heute stattfindet.«[15]

1.2.5. Ishikawa

Anlässlich der Ausstellung Paul Klee. Spuren des Lächelns, die im Sommer 2015 im Utsunomiya Museum of Art stattfand, stellte Jun Ishikawa, der Kurator des Museums, eine eigene vertiefte Interpretation der rückseitigen Komposition Mädchen stirbt und wird vor. Der Titel erinnerte Ishikawa an die Zeilen des bekannten Goethe-Gedichts Selige Sehnsucht aus dem West-östlichen Divan: »Stirb und werde! / Bist du nur ein trüber Gast / Auf der dunklen Erde.« Dies offenbare sich, so Ishikawa, auch als Geheimnis, da das Gedicht mit der Zeile »Sagt es niemand, nur den Weisen« beginnt. Dem entsprechend erkennt Ishikawa einen Prozess von Tod und Wiedergeburt in der Komposition:

»The verso painting of Glass Façade reproduces the entire composition of Accident [Unfall], including the fermata, with certain minor alterations of detail. Yet the issue in this new context is that while the fermata can be taken to indicate a full stop, the rest or pause that it can also indicate in musical notation is no more than relative. If we look at the composition of the verso painting as a whole, the downward momentum created by the inverted falling girl reverses itself at the bottom of the painting, rising up in a form suggesting an angel with an upraised wing. In the center of the face of this angelic presence, another fermata forms a cyclopean eye. If this presence can indeed be taken as one of Klee’s angels, then perhaps it is leading the girl toward rebirth, or represents her reborn form. She is in the process of transition to her next state; or, to borrow Klee’s terminology, in the realm where the dead and the unborn coexist — just as Glass Façade is not decisively ›completed‹ but is on its way to a new life through the process of decomposition. Here, the fermata stands as a symbol of death and rebirth.«[16]

Um Ishikawas Interpretation besser verstehen zu können, möchte ich hier noch darauf hinweisen, dass die engelhafte Figur in der Verso-Komposition besonders dem im November 1939 entstandenen Blatt Engel, noch weiblich, 1939, 1016 (Abb. 10) nahesteht.

 

Abb. 10: Paul Klee, Engel, noch weiblich, 1939, 1016, Kreide auf Grundierung auf Papier auf Karton, 41,7 x 29,4 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

2. Malerei als Erinnerungs- und Projektionsraum

Was für ein Geheimnis hat Klee in der dreidimensionalen Recto/Verso-Gestaltung der Glas-Fassade verborgen? Beziehen sich die Kompositionen der beiden Seiten dieses Werkes aufeinander? Im Folgenden werde ich mich mit solchen Fragen beschäftigen, um die ›Art in the Making‹ bei Klee postum fortzusetzen.

Wenn Klees architektonischer Raum, wie Maeda formulierte, »gleichbedeutend mit dem Raum des alltäglichen Lebens, oder anders gesagt, der offenen Lebenswelt« ist, sollte dieser Raum zugleich mit Klees Lebenssituation und -welt im Jahr 1939/1940 in Zusammenhang stehen, in der das Werk Glas-Fassade entstand. So könnte man die Dreidimensionalität des Bildes noch erweitern, indem man sie mit einer zeitlichen Dimension der Erinnerung und zukünftigen Projektion verbindet. Wegen der vermeintlichen Lücken von Beweismitteln könnte dieser kontextuelle Annährungsversuch zunächst provisorisch einen gewissen Hintergrund des Arbeitsprozesses von Klee skizzieren. Doch dank der zum Teil abschweifenden Recherche über den zeithistorischen Kontext dürfte sich die bis dato in der umfangreichen Klee-Literatur fast nirgends erwähnte Geschichte um den Maler Klee in Berner Exil offenbaren. Und diese neue Kenntnis könnte uns ermöglichen, die dreidimensionale Gestaltung in einem neuen Licht zu sehen.

2.1. Manon Gropius und Alban Bergs Violinkonzert

Wir beginnen mit der oben erwähnten Bemerkung Ishikawas auf dem musikalischen Zeichen Fermata. Sie öffnet eine Möglichkeit, die rückseitige Komposition im Kontext der Musikgeschichte zu interpretieren, die auch mit den Motiven Unfall/Tod, Engel und Wiedergeburt in Verbindung gebracht werden könnte. Infrage kommt etwa Alban Bergs Violinkonzert, das – wie der Untertitel sagt – »Dem Andenken eines Engels«, nämlich der im April 1935 an Kinderlähmung verstorbenen Tochter aus Alma Mahlers zweiter Ehe mit dem Architekten und Gründer des Bauhauses Walter Gropius, gewidmet ist. Klee kannte sowohl Walter Gropius, den ehemaligen Direktor des Bauhauses (an dem er von 1921 bis 1931 zunächst in Weimar und dann ab 1926 in Dessau unterrichtete) und Manon als auch Alban Bergs letzte vollendete Komposition. Der als Schönberg-Schüler bekannte Komponist und Dirigent Winfried Zillig, der seit Februar 1933 mit Klee befreundet war, schickte Ende 1935 einen Brief an Klees Frau Lily. Darin hieß es:

»Dass Berg gestorben ist [24.12.1935], hat mich tief erschüttert. Ich liebe ihn als verehrten Freund und als einmaliges Genie, und bin gänzlich unfasslich, dass nun mit einem Male ein solches Werk, das in ihm blühte wie nie in seinen frühen Jahren, denn er hat in den zwei letzten Jahren die ganze Oper Lulu geschrieben, die fertig im Kasten liegt, und erst im Sommer ein Violinkonzert, abgeschnitten sein muss, und zu Ende. […] Mir tut auch Arnold Sch. [Schönberg] sehr leid. Es bleibt ihm der die 60 überschritten hat, wenig erspart.«[17]

Lily Klee berichtet später um 1942 nach dem Tod ihres Mannes rückblickend über Manons Mutter Alma Mahler und erwähnt auch Bergs Violinkonzert:

»Und Gropius u. dessen 1. Frau Alma die Witwe des Wiener Komponisten u. Dirigenten Gustav Mahler. Eine Wienerin sehr racig u. auffallende starke Persönlichkeit. Sie hat Gropius bei allen seinen Unternehmungen sicher immer angeregt u. aufs Beste beeinflusst: denn diese Frau hatte schöpferisch intuitive Kräfte in sich. Leider dauerte diese Ehe nicht lange. (Sie hatten eine damals [1926] 6jährige Tochter Manon. Dieselbe starb mit 18 Jahren. Alban Berg hat ihr zum Angedenken sein schönes Violinkoncert später geschrieben.«[18]

Sie wiederholt diese Erinnerung in modifizierter Form:

»Sie [Alma Mahler] war eine sehr künstlerische u. hochbegabte Frau, sehr originell u. hat Gropius immer sehr angeregt u. fortschrittlich beeinflusst. Sie hatten eine Tochter, welche später mit 18 Jahren starb. Tragisch. Der berühmte österr. Komponist Alban Berg (†) schrieb zu ihrem Andenken das Violinkoncert ›dem Andenken eines Engels‹.«[19]

Auch Paul Klee kannte Alma Mahler persönlich, wie ihr Brief an den Künstler vom Juni 1922 belegt:

»Verehrtester Meister / Ich liege im Bett mit einer veritablen Herzschwäche und bin der Freude beraubt – Sie und Ihre einzig [einzig unterstrichen] liebe Frau noch einmal zu sehen – Ihrer beider Freundschaft – die ich mir noch verdienen werde – ist mir ein grosses Glück – / Vor Ihren wunderbaren herrlichen Zeichnungen liege ich nun und kann mich nicht entscheiden – Ich lasse nun Ihnen die Wahl zwischen dem Engel und der Landschaft 117 [1917]. Diese Landschaft ist von einer unbeschreiblichen Innigkeit. / Ich danke Ihnen aus einem vollen Herzen. – Schreiben Sie mir etwas Gutes – Liebes darauf. Ihnen und Ihrer lieben Frau meine allerwärmsten Grüsse –  ihr noch einen Kuss – diesem lieben Wesen / Eure Freundin / Alma Mahler«[20]

 

Abb. 11: Walter Gropius und Tochter Manon auf der Veranda des Meisterhauses in Dessau, 1927, Fotograf: Ise Gropius
© Bauhaus-Archiv Berlin

 

Alma Mahler besaß zwei Zeichnungen von Klee: Ein Engel als Leuchter, 1921,167 und Landschaft, 1917,151. Sie schenkte die letztere später im Jahr 1950 dem Komponisten Igor Strawinsky. Lily und Paul Klee hatten wohl Gelegenheit, auch Manon Gropius persönlich kennenzulernen, als die elfjährige »Mutzi« – so Manons Kosename – erstmals von ihrer Mutter Alma getrennt im Herbst 1927 für vier Wochen im Dessauer Bauhaus bei Walter und Ise Gropius wohnte.[21] (Abb. 11) Über Manons Tod am 22. April 1935 dürften Paul und Lily Klee direkt von ihrem Vater Walter Gropius erfahren haben, als dieser im August desselben Jahres das Ehepaar in Bern besuchte. Obwohl dieser Besuch von Gropius, der seit 1934 im Exil in London lebte, soweit wir wissen, nur in einem Brief von Lily Klee an Gertrud Grohmann erwähnt ist[22], ist der Aufenthalt des ehemaligen Direktors des Bauhauses in der Schweiz im Sommer 1935 in der Gropius-Monografie von Isaacs gut dokumentiert. Demzufolge reisten Walter und Ise Gropius im August zu einem Besuch auf Schloss La Sarraz im Kanton Waadt in die Schweiz. Dort auf La Sarraz waren 1928 die CIAM (Congrès Internationaux d'Architecture Moderne) gegründet worden. »Hélène de Mandrot, die Schloβherrin und groβzügige Gönnerin, hatte in diesem August 1935 in ihrem ›Künstlerhaus‹[23] etliche CIAM-Mitglieder […] um sich versammelt, und das Treffen erbrachte eine lebhafte und ergebnisreiche Diskussion.«[24] Zum Treffen kamen neben Gropius, wie die Eintragungen ins »Livre des hôtes« der Gastgeberin, datiert auf »3/VIII – 24/VIII«, zeigen, auch Max Ernst, László Moholy-Nagy, Sigfried Giedion, und Xanti Schawinsky. (Abb. 12a, 12b) Gropius überquerte auf der Rückreise erstmals im Flugzeug den Ärmelkanal, landete am 28. August auf dem Flughafen Croydon bei London.[25] Vermutlich besuchte Gropius die Klees in Bern nach dem Künstler-Treffen in La Sarraz vor der Abreise nach England. 

Abb. 12a: Gästebuch vom Künstlerhaus in La Sarraz, 1935. A1, mit Einträgen von Xanti Schawinsy u. Walter Gropius
© Archives cantonales vaudoises, Chavannes-près-Renens

Abb. 12b: Gästebuch vom Künstlerhaus in La Sarraz, 1935. A1, mit Einträgen von László Moholy-Nagy u. Géa Augsbourg
© Archives cantonales vaudoises, Chavannes-près-Renens

Nun zurück zum Violinkonzert. Willi Reich, ein Schüler Alban Bergs, schreibt in seiner, überhaupt ersten Berg-Monografie, die 1937 erschien, ausführlich über die Entstehungsgeschichte des letzten vollendeten Werks des Komponisten:

»Nach dem er [Berg] auf Grund einer ihm von dem amerikanischen Geiger Louis Krasner im Februar 1935 zugekommenen Anregung den Plan gefaβt hatte, für Krasner ein Violinkonzert zu komponieren, zögerte er lange mit der Ausführung und war über die Form des Werks unschlüssig. Erst der Tod von Manon Gropius, der achtzehnjährigen, wunderschönen und von Berg innig geliebten Tochter Alma Maria Mahlers löste im April 1935 den entscheidenden Schaffensimpuls aus. In einem vorher nie gekannten fieberhaften Tempo konzipierte Berg in wenigen Wochen […] das ganze ›Dem Andenken eines Engels‹ gewidmete Konzert, in dessen ersten Teil er – nach seiner eigenen Aussage – Wesenszüge des jungen Mädchens in musikalische Charaktere zu übersetzen suchte, während der zweite Teil sich deutlich in Katastrophe und Lösung gliedert. Daβ diese Lösung durch einen Bachschen Choral mit den Textworten:

Es ist genug! –
Herr, wenn es dir gefällt,
So spanne mich doch aus!
Mein Jesus kommt:
Nun gute Nacht, o Welt!
Ich fahrʹ inʹs Himmelshaus,
Ich fahre sicher hin mit Frieden,
Mein groβer Jammer bleibt darnieden.
Es ist genug! Es ist genug!

herbeigeführt wird, stellt eine merkwürdige äuβere Beziehung zu den letzten Werken Bachs und Brahmsʹ her; die tiefe Bedeutung, welche gerade die Tonfolge der Worte ›Es ist genug!‹ durch die Art ihrer Einführung und Verarbeitung für das ganze Konzert erlangt hat, ist das eigentliche innere Zeugnis dafür, daβ Berg dieses Werk auch als sein eigenes Requiem gestaltete.«[26] (Abb. 13, 14)

Abb. 13: »Alban Berg (letzte Aufnahme Ende 1935)«, Foto: Franz Löwy, abgebildet in: Willi Reich, Alban Berg, Wien/Leipzig/Zürich 1937, o. S.
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Abb. 14: »Manon Gropius, deren Andenken Berg das Violinkonzert widmete«, Foto: Alma Mahler-Werfel, abgebildet in: Willi Reich, Alban Berg, Wien/Leipzig/Zürich 1937, o. S.
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Ob Klee Reichs Berg-Monografie gelesen hat, ist unbekannt. Er dürfte aber aus einer anderen Quelle über Bergs Violinkonzert informiert gewesen sein.[27] Wie in Willi Reichs Buch zu lesen ist, kam das Violinkonzert am 19. April 1936 »auf dem Musikfest der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik in Barcelona zur Uraufführung; Dirigent war Hermann Scherchen, nachdem Anton von Webern am Tage vorher abgesagt hatte.«[28]

2.2. Hermann Scherchen

Klee kannte den Dirigenten Scherchen persönlich spätestens seit der Weimarer Zeit, als dieser am 19. August 1923 anlässlich der Bauhaus-Woche unter seiner musikalischen Leitung Strawinskys Geschichte vom Soldaten und Ernst Kreneks Concerto grosso aufgeführt hatte.[29] Scherchen verließ nach der Machtergreifung Hitlers Ende Januar 1933 Deutschland, gründete neben den bunten Aktivitäten als Dirigent in Moskau, Paris, Winterthur u.a. 1935 den Musikverlag »Ars viva« für alte und neue Musik in Brüssel. Seine Frau Gustel schickte am 21. März 1935 von Winterthur eine Postkarte an Klee nach Bern, darin heißt es:

»Wir fahren diesen Sonntag gegen 9 h von Zürich mit Herrn u. Fr. Dr. Friedrich (im Auto) ab, um Ihre Ausstellung in Bern zu sehen. Werden wir Sie sehen können.«[30]

Die Scherchens kamen demnach wohl mit dem Zürcher Kunstsammler-Paar Emil und Clara Friedrich-Jezler nach Bern, um Klees Retrospektive-Ausstellung in der Kunsthalle zu sehen, die noch bis zum Sonntag, 24. März zu sehen war. Scherchen heiratete in vierter Ehe am 13. Februar 1936 in Peking die chinesische Komponistin Xiao Schuxian (Shu-hsien) und wohnte ab 1937 in Neuenburg. Wie Hansjörg Pauli attestiert, hatte sich Scherchen von 1923 bis 1950 »als Leiter des Winterthurer Stadtorchesters für schweizerische Musik eingesetzt wie nur wenige gebürtige Schweizer Dirigenten«.[31] (Abb. 15)

 

Abb. 15: Das Stadtorchester Winterthur auf der Freitreppe des Stadttheaters, Dezember 1938. Gruppenbild zum Abschied von Konzertmeister Joachim Röntgen. Stadtbibliothek Winterthur. Im Vordergrund links, mit Hut, Hermann Scherchen, neben ihm Joachim Röntgen und Scherchens Gattin Hsiao Schusien, Stadtbibliothek Winterthur
© Stadtbibliothek Winterthur

 

Wie Ju [Juliane Paula] Aichinger-Grosch schildert, die 1936 Lily Klee bei der Pflege ihres erkrankten Mannes geholfen hatte, besuchte Hermann Scherchen damals Klee in Bern mit seiner neuen Frau, »einer kleinen japanischen [sic!] Komponistin, die immer reizend und zwitschernd und höflich lachte«[32]. Ju Aichingers Erinnerung wird von Scherchens Brief an Paul Klee vom 8. Januar 1937 bestätigt. Darin heißt es: »Selbstverständlich wuerde ich gern nochmals nach Bern kommen (vielleicht am Sonntag?) wenn das einen Wert haette […]«[33]. Es ging hierbei vermutlich um die Finanzierung der von Scherchen gegründeten Zeitschrift Musica Viva, die nach drei Nummern 1937 eingestellt werden sollte. Jedenfalls ist es höchst wahrscheinlich, dass Bergs Violinkonzert, das Scherchen im April 1936 uraufgeführt hatte, im Dezember des gleichen Jahres ein Thema des Gesprächs zwischen Klee und dem Dirigenten in Bern, gewesen ist. Dies umso mehr, als Klee ein versierter Geigenspieler und trotz seiner Vorliebe für klassische Komponisten wie Bach oder Mozart ein kritischer Kenner der zeitgenössischen Musik war.[34] Scherchen dürfte Klee überhaupt damals tiefe Einsichten über Bergs Komposition vermittelt haben, nachdem er Ende Mai 1936 in einem Brief, vermutlich an Willi Reich, um eine Analyse des Konzertes gebeten hatte.[35] Reich veröffentlichte seinerseits eine Analyse des gleichen Werkes in seiner Berg-Monografie von 1937, die er unter Anleitung von Anton Webern verfasst hatte.[36] Scherchens Beziehung zu Alban Berg datiert indes weit zurück: In den 1920er Jahren fanden durch ihn zwei Uraufführungen von Bergs Kompositionen statt: Drei Bruchstücke aus Wozzeck (1924 in Frankfurt am Main) und Kammerkonzert für Klavier und Geige mit 13 Bläsern (1927 in Berlin). Im Mai 1937 schickte Scherchen eine Einladungskarte für eine internationale Arbeitstagung für Dirigenten und Interpreten in Budapest an Klee und schrieb dazu: »Könnte meine Frau evt. bei Ihnen Unterricht nehmen? Sie wünscht sich das sehr.«[37] Obzwar unbekannt ist, ob Klee Scherchens chinesische Frau unterrichtete, ist es wohl kein Zufall, dass er zu dieser Zeit Chinesin, 1937, 116 (Abb. 16) malte und dieses Motiv weiter variierte.[38]

 

Abb. 16: Paul Klee, Chinesin, 1937, 116, Kohle und Aquarell auf Grundierung auf Papier auf Karton, 24 x 17 cm, Privatbesitz, Schweiz
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Bevor wir zurück zum Werk Glas-Fassade kommen, fassen wir die etwas weitschweifige Vorgeschichte der rückseitigen Komposition Mädchen stirbt und wird zusammen. Klee kannte Manon Gropius, die im April 1935 verstorbene Tochter von Walter Gropius. Dieser besuchte Klee nachweislich im August 1935 in Bern. Der Maler dürfte bei dieser Gelegenheit von Manons Tod benachrichtigt worden sein. Über Alban Bergs Tod im Dezember 1935 und über dessen letzte vollendete Arbeit, das Violinkonzert, wurde Klee Ende des gleichen Jahres von Winfried Zillig informiert. Beim Gespräch mit dem Dirigenten Hermann Scherchen im Dezember 1936 in Bern konnte Klee vermutlich Näheres über die Entstehungsgeschichte und den Inhalt von Bergs Violinkonzert erfahren, das unter der Leitung von Scherchen im April des gleichen Jahres in Barcelona uraufgeführt worden war. Vor diesem persönlichen und zeithistorischen Hintergrund konzipierte Klee, so lautet meine These, Ende 1939 die Verso- und im Frühling 1940 die Recto-Komposition der Glas-Fassade.

2.3. Gitterkonstruktion

Abb. 17: Paul Klee, Œuvrekatalog von 1939, [S. 50], Ausschnitt, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Klee registrierte im handschriftlich geführten Oeuvrekatalog von 1939 insgesamt 1253 Werke – ein Jahresrekord. Er notierte darin unmittelbar nach der Zeichnung Hinweis eines Tieres, 1939,1000: »November« (Abb. 17). Demzufolge hatte Klee in den letzten zwei Monaten des Jahres 1939 die Werke mit den Nummern 1001 bis 1253 registriert. Die Zeichnung Unfall mit der Werknummer 1178 entstand wohl erst im Dezember. Da der Titel der Zeichnung und die oben erwähnte Anmerkung »Vorarbeit zu: ein Mädchen stirbt und wird« mit gleicher Tintenfarbe und Duktus geschrieben sind, liegt es nahe, dass Klee bereits damals angefangen hatte, die rückseitige Komposition Mädchen stirbt und wird zu malen. Oder noch wahrscheinlicher: sie hatte sich bereits am Endstadium befunden oder sie war schon vollendet gewesen. Im Frühjahr 1940 unterbrach Klee die Vorarbeit, indem er sie mit rosabraunen Farben übermalte und auf der Rückseite eine neue Komposition – Glas-Fassade – schuf, um diese dann im März desselben Jahres im Œuvrekatalog zu vermerken. Bei der neuen Recto-Gestaltung griff Klee auf die geometrischen Kompositionen der 1920er Jahre zurück[39], wie Harmonie E zwei, 1926,142, oder Harmonie der nördlichen Flora, 1927,144 (Abb. 18), in denen er die grundliegenden Gitterkonstruktionen unterschiedlich – mal feiner, mal gröber – gliederte. Die diagonale Teilung der einzelnen Quadrate in der Gitterstruktur geht auch auf die Arbeiten der Bauhauszeit, wie Städtebild (rot/grüne Accente), 1921,175 oder Burg und Sonne, 1928, 201 (Abb. 19) zurück. Klee hatte inzwischen diese von dem strikten vertikal-horizontalen System abweichende Gestaltungsweise in der Komposition Abend in N, 1937,138 (Abb. 20) reaktiviert. Hinter seinem Rückgriff auf die früheren Quadratbilder bei der Arbeit an Glas-Fassade verbergen sich kunsthistorisch wohl noch weitreichende Zusammenhänge.

 

Abb. 18: Paul Klee, Harmonie der nördlichen Flora, 1927, 144, Ölfarbe auf Grundierung auf Karton auf Sperrholz; originale Rahmenleisten, 51,6 x 77,2 x 6,7 cm, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Livia Klee
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Abb. 19: Paul Klee, Burg und Sonne, 1928, 201, Ölfarbe auf Leinwand 50 x 59 cm, Privatbesitz
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 
 

Abb. 20: Paul Klee, Abend in N, 1937, 138, Ölfarbe auf Nesseltuch, 60 x 45 cm, Privatbesitz, Schweiz/Deutschland
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Klee beschäftigte sich zwischen 1919 und 1922 intensiv mit dem Fenster-Motiv, vor allem im Zusammenhang mit den orphistisch-kubistischen Fensterbildern Robert Delaunays und dem romantischen Verständnis des Bildes als Ausblick durch ein Fenster. Darüber hinaus schuf Klee ab 1923 die sogenannten Quadratbilder aus rechteckigen Farbfeldern, die bald in der modernen, feingliedrigen, vor das tragende Stahlskelett gehängten Glasfassade des Dessauer Bauhauses ein architektonisches Korrelat fanden.[40] (Abb. 21a, 21b) So gesehen schuf Klee mit der Komposition Glas-Fassade eine Art autobiografischen Erinnerungsraum, in dem sich seine früheren bildkünstlerischen Innovationen mit der Baugeschichte des Bauhauses überlagerten. Und gleichzeitig evoziert der Titel, assoziiert mit den Redewendungen wie »hinter die Fassade blicken/schauen«, »was sich hinter der Fassade steckt« oder »die Fassade bröckelt«, die Neugier auf dahinter Verborgenes.

 

Abb. 21a: »bauhausgebäude / eingang zum hauptbau und querglasfront des werkstattbaues«, abgebildet in: Walter Gropius, Bauhausbauten Dessau, Bauhausbücher 12, München 1930, S. 44, Forograf: Lucia Moholy
© Atlantik, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Abb. 21b »blick vom podest des haupttreppenhauses im bau der technischen ›lehranstalten‹. die lüftungsflügel sind gekuppelte drehfenster, die in jeder stellung stehen bleiben« abgebildet in: Walter Gropius, Bauhausbauten Dessau, Bauhausbücher 12, München 1930, S. 53
© Atlantik, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

(Fortsetzung folgt.)

Ich danke Rudolf Altrichter und Fred Damberger für die freundliche Unterstützung.


Endnoten

[1] Will Grohmann, Der Maler Paul Klee, Köln 1966, S. 156.

[2] Jürgen Glaesemer, Paul Klee. Die farbigen Werke im Kunstmuseum Bern. Gemälde, farbige Blätter, Hinterglasbilder und Plastiken, Bern 1976, S. 345 [Anm. von OO].

[3] Diese Schrift wurde zunächst von der Restauratorin Patrizia Zeppetella entdeckt. Zeppetella reproduzierte auch erstmals die rückseitige Fotoaufnahme der Glas-Fassade in ihrer Diplomarbeit, in der die materielle Beschaffenheit der doppelseitigen Arbeit kunsttechnologisch untersucht wurde. Vgl. Patrizia Zeppetella, Beobachtungen zur Maltechnik im Spätwerk von Paul Klee, Diplomarbeit, Typoskript, Bern 1989, S. 28f., S. 71–74.

[4] Wolfgang Kersten u. Anne Trembley, Malerei als Provokation der Materie. Überlegungen zu Paul Klees Maltechnik, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Das Schaffen im Todesjahr, Kunstmuseum Bern, 17.8.–4.11.1990, S. 77–91, hier S. 87.

[5] Josef Helfenstein, Vorwort, in: Paul Klee. Verzeichnis der Werke des Jahres 1940, hrsg. v. der Paul-Klee-Stiftung, bearb. von Stefan Frey u. Josef Helfenstein, Stuttgart 1991, S. 7–11, hier S. 9.

[6] Eine Ausnahme bildet die Farbanalyse der Glas-Fassade in: Gewerbemuseum Winterthur (Hrsg.), Farbpigmente, Farbstoffe, Farbgeschichten, Winterthur 2010, S. 144f.

[7] In der Datenbank »MuseumPlus« vom Zentrum Paul Klee steht dazu folgende Bemerkung: »Das Gemälde ist einerseits bedingt durch die Materialkombination und den technischen Bildaufbau extrem fragil. Sowohl Wachsfarbe wie auch Jute als Bildträger führen zu spezifischen Konservierungsproblemen. Zudem ist der knapp bemessene Gewebeüberspann der weitmaschigen und brüchigen Jute wenig belastungsfähig. Das Gemälde Glas-Fassade ist darüber hinaus durch die maltechnisch bedingte, schlechte Haftung der rückseitigen Komposition (Ölfarbe auf Jute) als besonders gefährdet einzustufen.«

[8] Vgl. Fujio Maeda u. Makoto Miyashita, Paul Klee, in: Geijutsu Shincho, Bd. 56, Dezember 2005, S. 14–80, hier S. 45. Der Dialog wurde, leicht überarbeitet im Buch Paul Klee. Kaiga no takurami [Strategie der Malerei], Tokyo 2007, wieder abgedruckt.

[9] Ebd.

[10] Vgl. Makoto Miyashita, Paul Klee. Der überschreitende Engel, Tokyo 2009, S. 131–138.

[11] Jean François Lyotard, Das Inhumane. Plaudereien über die Zeit (L'inhumain. Causeries sur le temps, Paris 1988), Wien 1989, S. 158.

[12] Fujio Maeda, Überlagerungen bei Paul Klee – Alternative Poietik und Glasmalerei, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Erzählung und Schöpfung, Kawamura Memorial Museum of Art, Chiba, 24.6.–20.8.2006; Hokkaido Museum of Modern Art, 29.8.–9.10.2006; The Miyagi Museum of Art, Sendai, 17.10.–10.12.2006, S. 233–244, hier S. 244.

[13] Marie Kakinuma, Paul Klees beidseitig bearbeitete Bilder, in: Bijutsushi, 161, Bd. 56, Nr. 1, Oktober 2006, S. 17–30, hier Résumé, S. 2.

[14] Wolfgang Kersten, Marie Kakinuma, Recto/Verso, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Art in the making 1883–1940, The National Museum of Modern Art, Kyoto, 12.3.–15.5.2011; The National Museum of Modern Art, Tokyo, 31.5.–31.7.2011, S. 92–99, hier S. 92.

[15] Ebd., S. 99.

[16] Jun Ishikawa, Secret methods – The hidden dimensions of Klee's work, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Spuren des Lächelns, Utsunomiya Museum of Art, 5.7.–6.9.2015; Hyogo Prefectural Museum of Art, Kobe, 19.9.–23.11.2015 S. 246–250, hier S. 248.

[17] Winfried Zillig, Brief an Lily Klee, ohne Datierung [Ende Dezember 1935], Zentrum Paul Klee, Bern, Nachlass der Familie Klee. Über Klees Beziehung zu Zillig, vgl. Osamu Okuda, Paul Klee und die Komponisten seiner Zeit, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Melodie und Rhythmus, Zentrum Paul Klee, Bern, 9.9.–12.11.2006, S. 156–175, hier S. 162f.

[18] Lily Klee, Lebenserinnerungen, unveröffentlichte Manuskript, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee, o. J. [um 1942], S. 54.

[19] Ebd., S. 127

[20] Brief von Alma Mahler an Paul Klee, Weimar, Juni 1922, Privat Besitz Schweiz.

[21] Vgl. Reginald R. Isaacs, Walter Gropius. Der Mensch und sein Werk, Bd. 1, Berlin 1983, S. 421f.

[22] Vgl. Brief von Lily Klee an Gertrud Grohmann, 11.09.1935, Archiv Will Grohmann, Staatsgalerie Stuttgart: »Gropius besuchte uns kurz auf d. Durchreise. Er lebt in England.«

[23] Zu »la Maison des artistes« de La Sarraz, vgl. Antoine Baudin, Hélène de Mandrot et la Maison des Artistes de la Sarraz, Lausanne 1998.

[24] Isaacs 1983, wie Anm. 22, S. 757.

[25] Ebd.

[26] Willi Reich, Alban Berg, Wien/Leipzig/Zürich 1937, S. 126f.

[27] Klee könnte Willi Reichs Artikel über Bergs Violinkonzert in der auch in der Schweiz verbreiteten österreichischen Zeitschrift Anbruch gelesen haben, vgl. Willi Reich, Requiem für Manon, in: Anbruch, 17. Jg., H. 10, Anfang Dezember 1935, S. 250–252.

[28] Ebd., S. 133. Vgl. Anonym, Österreichisches von den internationalen Veranstaltungen in Barcelona, in:  Anbruch, 168. Jg., H. 3, Mai 1936, S. 90–92: »Da, auf dem Höhepunkt, wird ein Choral von Bach ›Es ist genug‹ intoniert – und es ist sehr bezeichnend, wie sich eine zwei Jahrhunderte alte Musik zwanglos mit dieser ›Zukunftsmusik‹ Bergs vereinigt. Berg hat, als er dem Konzert diese gewiß ungewohnte Apotheose gab, an ein jetzt gerade vor Jahresfrist verewigtes Engelswesen, die achtzehnjährige Manon Gropius, gedacht. Unbewußt schrieb er sich selbst ein Requiem ... Die Zuhörer der Uraufführung hielten sich an die Leistung, es war ›ein großer Erfolg‹; aber der Dirigent Scherchen zeigte, statt sich hervorrufen zu lassen, auf die Partitur, diese letzte Partitur von Berg.« (S. 91)

[29] Vgl. Osamu Okuda, Paul Klee und die Komponisten seiner Zeit, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Melodie und Rhythmus, Zentrum Paul Klee, Bern, 9.9.–12.11.2006, S. 156–175.

[30] Postkarte von Gustel Scherchen an Paul Klee, 21.03.1935, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee.

[31] Hansjörg Pauli, Dossier 769033 - Bundesfeierliche Marginalien zum 100. Geburtstag von Hermann Scherchen, in: dissonanz/dissonance, Nr. 29, August 1991, S. 8–13, hier S. 8.

[32] Ju Aichinger-Grosch, [Erinnerung an Paul Klee], in: Ludwig Grote (Hrsg.), Erinnerungen an Paul Klee, München 1959, S. 50.

[33] Brief von Hermann Scherchen an Paul Klee, 08.01.1937, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee.

[34] Vgl. Osamu Okuda, Paul Klee und die Komponisten seiner Zeit, wie Anm. 30; Makoto Miyashita, Die neue Klassizität. Klee, Busoni und Hindemith, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Melodie und Rhythmus, Zentrum Paul Klee, Bern, 9.9.–12.11.2006, S. 176–197.

[35] Vgl. Hansjörg Paul und Dagmar Wünsche (Hrsg.), Hermann Scherchen Musiker 1891–1966, Berlin 1986, S. 53–55.

[36] Vgl. Reich, Alban Berg, wie Anm. 27,  S. 129–133.

[37] Einladungskarte von Hermann Scherchen an Paul Klee für eine internationale Arbeitstagung für Dirigenten und Interpreten, 03.05.1937, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee.

[38] Vgl. Jürgen Glaesemer, Paul Klee. Die farbigen Werke im Kunstmuseum Bern. Gemälde, farbige Blätter, Hinterglasbilder und Plastiken, Bern 1976, S. 326.

[39] Vgl. Eva-Maria Triska, Die Quadratbilder Paul Klees – ein Beispiel für das Verhältnis seiner Theorie zu seinem Werk, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Das Werk der Jahre 1919–1933. Gemälde, Handzeichnungen, Druckgraphik, Kunsthalle Köln, 11.4.–4.6.1979, S. 45–78, hier S. 70.

[40] Vgl. Osamu Okuda, Klees Architekturfantasie und die Idee des Bauhauses. Das Gemälde Architectur m. d. Fenster, in: Ausst-.Kat. Modell Bauhaus, Martin-Gropius-Bau, Berlin, 22. 7.–4.10.2009, S. 41–44.

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Paul Klees »Glas-Fassade« Notizen zu Fragilität und Ausdruck des Materials

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Paul Klees »Glas-Fassade« Notizen zu Fragilität und Ausdruck des Materials

Patrizia Zeppetella

résumé

Paul Klee a réalisé l’oeuvre intitulée Façade de verre dans la dernière année de sa vie. Il avait d’abord peint des lignes noires au verso et des champs de couleurs transparents sur fond blanc. Mais cette composition, désignée sur le cadre par «Mädchen stirbt und wird», ne le satisfaisait pas et il l’a complètement recouverte. Le dessin à l’huile et à la colle d’amidon Unfall (Accident), 1939, 1178 lui avait ici servi de modèle. Les craquelés et les lacunes de la couche de peinture rendent visible la composition au dos du tableau. Sa façon de travailler en réutilisant des supports est ici clairement visible; et la fragilité des matériaux combinés de manière si peu conventionnelle pose de partuculiaires exigences pour la conservation.


Der Artikel ist eine leicht überarbeitete Fassung des Wandtextes, der anlässlich der Ausstellung Paul Klee. Bewegung im Atelier (Zentrum Paul Klee, Bern, 13.9.2008–18.1.2009) veröffentlicht wurde (Abb. 1 u. Abb. 2).

Abb. 1: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288 (recto), Zentrum Paul Klee, Ausstellung »Paul Klee. Bewegung im Atelier« (13.09.2008 - 18.01.2009)
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Abb.2: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288 (verso), Zentrum Paul Klee, Ausstellung »Paul Klee. Bewegung im Atelier; (13.09.2008 -18.01.2009)
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Das Werk Glas-Fassade entstand in Paul Klees letztem Lebensjahr. Ursprünglich hatte Klee auf der Rückseite eine schwarze Pinselzeichnung und transparente Farbflächen auf weisser Grundierung gemalt. Diese Komposition – auf dem Rahmen als »Mädchen stirbt und wird« bezeichnet – verwarf er und überstrich sie ganzflächig. Als Vorbild dafür hatte ihm die Kleister- und Ölfarbezeichnung Unfall, 1939, 1178 gedient. Durch Brüche und Fehlstellen in der Farbschicht werden Teile der verworfenen Komposition auf der Gemälderückseite sichtbar. Klees Arbeitsweise, Bildträger wieder zu verwenden, wird hier deutlich sichtbar; zugleich aber auch die Fragilität der Materialien in unkonventionellen Kombinationen, die hohe Anforderungen an die Konservierung stellt. 

Paul Klee macht in seinem Œuvre-Katalog folgende Angaben zum beschriebenen Werk: »1940 / 288 / K 8 / März / Tafel / 0,95│0,7 / Glas-Fassade / Wachsfarben / Jute auf Keilr.«. Bei der aufgelisteten Maltechnik »Wachsfarbe«  stellt sich die Frage woraus diese besteht. Ähnlich wie bei Analysen zum Werk Hoher Wächter, 1940, 257 erwies die Zusammensetzung der »Wachsfarbe« als reines Bienenwachs.

Untersuchungen zu seine Atelier- und Malutensilien bestätigen die Verwendung von Bienenwachs und die persönliche Herstellung der Farben. Die stark vergrösserte Detailaufnahme der Gemäldevorderseite zeigt, dass Klee die gelöste Bienenwachsfarbe mit Öl-Anteil mit einem Pinsel aufgetragen hat. Diese haftet relativ gut auf dem Jutebildträger. Stellenweise, wo die Grundierung der Rückseite durch die Gewebefäden hindurchgedrungen ist und sich helle Erhöhungen gebildet haben, steht die Malschicht ab und blättert ab.

Die verwendete Farbauswahl entspricht der zeitgenössischen Anwendung; Pigmente und Wachstypen sind in seinen hinterlassenen Malmitteln und Malutensilien erhalten und nachweisbar. Besondere Erwähnung verdient das angewandte rote Pigment: das synthetisch organische Farbmittel – Toluidinrot, ein für diese Zeit modernes Künstlerpigment. Vermutlich mischte Klee das Pigment selber mit dem Wachsbindemittel zu der leuchtend roten Malfarbe. Toluidinrot wird 1905 als eines der frühesten synthetischen organischen Farbmittel erstmals hergestellt. Die Produktion und Verbreitung erfolgte bereits in der Vorkriegszeit.
Die Analysen, die zum Verständnis der Maltechnik und daraus folgenden Konservierungstechnik werden anhand von Kleinstproben (Malschicht-, Faser- oder Pigmentproben) mit folgenden Methoden durchgeführt:
Die Durchlicht- und Polarisationsmikroskopie (PLM) finden Anwendung bei Streupräparaten, präparierten Fasern oder Dünnschliffen. Angeschliffene Kleinstproben aus Malschichten lassen sich mittels Auflichtmikroskopie untersuchen. Zusätzliche Informationen liefert die Kontrastierung mit der Fluoreszenzmikroskopie.
Die Identifikation von Künstlermaterialien basiert heute vor allem auf der Mikroanalytik: Mittels FTIR- (Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie) und der Ramanmikroskopie (benannt nach dem indischen Physiker C.V. Raman) lassen sich, anhand von Referenzspektren ein grosser Teil der im 20. Jahrhundert verwendeten organischen Bindemittelgruppen, Pigmente und Farbstoffe zuweisen. EDX (Energiedispersive Röntgenspektroskopie) gehört zur Gruppe der Röntgenspektroskopien und nutzt die von einer Probe emittierte Röntgenstrahlung für die Untersuchung der Elementzusammensetzung.
Mit Hilfe des REM (Rasterelektronenmikroskop) lassen sich stark vergrösserte Abbildungen von Oberflächen mit einer hohen Schärfentiefe erzeugen. Es werden so Strukturen und morphologische Eigenschaften im Mikrobereich sichtbar.Bei den entnommenen Mikroproben von Glas-Fassade wurden das Bindemittel, Pigmente sowie der Bildträger identifiziert. Die Proben sind mit den unterschiedlichen Methoden untersucht und tabellarisch zusammengestellt (Abb. 3. Abb. 4).
 

Die Analysen-Resultate

 

Abb.3: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288, Analyse-Plan: 1P1: rot 6.9 unten, 9.2 rechts, P2: ocker 9.5 unten 9.4 rechts, P3: hellgrün 7.0 unten, 18.2 rechts, P4: blau 27.5 rechts, 7.2 unten, P5: rosa 35.7 rechts, 7.5 unten, P6: braun 0.5 unten, 1.2 rechts, P7: schwarz 6.3 unten 27.1 recht
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 
 

Abb. 4: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288, Analyse-Resultate
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Makrobetrachtungen

Kunsttechnologische Detailbetrachtungen der  Gemälde Vorder- und Rückseite (Abb. 5 u. Abb. 6).

Abb. 5: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288. Makroaufnahme der Gemäldevorderseite.Die Malschicht bestehend aus natürlichem Wachs mit Ölanteil und Pigmente haftet relativ gut auf dem Jutebildträger. Stellenweise, wo die Grundierung der Rückseite durch die Gewebefäden hindurchgedrungen ist und sich helle Erhöhungen gebildet haben, steht die Malschicht ab und blättert ab. 
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Abb. 6: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288.  Makroaufnahme der Gemälderückseite. Die rosafarbene Farbe, mit der Klee die Komposition übermalte, hat sich von der weissen Grundierung gelöst, zu Schüsseln zusammengezogen und ist zu etwa 30 Prozent abgeblättert. 
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Rückseite Inschrift

Handschriftliche Bezeichnung Klees der ersten Komposition auf der oberen Hälfte des Spannrahmenschenkels: »Mädchen wird und stirbt« (Abb. 7).

 

Abb. 7: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288. Rückseitige Inschrift »Mädchen stirbt und wird«. Detailaufnahme der Gemälderückseite. Handschriftliche Bezeichnung Klees der ersten Komposition auf der oberen Hälfte des Spannrahmenschenkels: »Mädchen wird und stirbt«.
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Polarisationsmikroskopie

Die Polarisationsmikroskopie ermöglicht die Untersuchung der Bildträgerfaser und somit die Bestätigung der Jute, wie sie Paul Klee in seinem OEuvre-Katalog aufgelistet hat (Abb. 8).

 

Abb. 8: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288. Polarisationsmikroskopie. Die Jutefaser lässt sich anhand der charakteristischen optischen Eigenschaften unter dem Polarisationsmikroskop zuweisen. Die hellen Faserausschnitte lassen die wechselnde Breite der Faserlumen (Lumen: Hohlraum eines röhrenförmigen Organs) erkennen. Typisch sind die wechselnden Interferenzfarben (liegend Orange, stehend Blau) unter gekreuzten Polarisatoren. 
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

 

Rasterelektronenmikroskopisch Aufnahme REM-SE

Mit der Hilfe der Rasterelektronenmikroskopie verdeutlicht die Struktur des Aufbaus und des Erhaltungszustandes der Bilderträgerfaser im kleinsten Bereich (Abb. 9).  Im Vergleich zu anderen Zellulosefasern enthält Jute relativ viel Lignin, welches über Oxidationsprozesse den Materialabbau begünstigt. Die Stabilität des Faserverbundes wird vermindert und das Gewebe verfärbt sich zunehmend. Die Brüchigkeit der Fasern führt schliesslich zum Materialverlust. Voraussetzung für eine optimale Konservierung sind ein stabiles Klima, der Schutz vor ultravioletten Strahlen sowie die Vermeidung von Vibrationen.

 

Abb. 9: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme REM-SE. Gedrehte Faser mit ausgebrochenen, grösseren Faserstücke.
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

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»Vater und Sohn« – das verschollene Frühwerk von Paul Klee?

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»Vater und Sohn« – das verschollene Frühwerk von Paul Klee?

Walther Fuchs

SUMMARY

A photograph from the estate of Sasha Morgenthaler has recently come to light in which a previously unknown early work by Paul Klee can be seen.[1] Subsequently the early work is here tentatively assigned to the composition called Father and Son that Klee mentions several times in his correspondence with Lily.[2] For Klee this study, which can be dated to the autumn of 1902, anticipates the group of inventions. The composition was evidently influenced by Klee’s profound knowledge of human anatomy and studies of form in the manner of Hodler. Klee reworked the version of Father and Son in different ways but none of them satisfied Klee’s desire for successful visual representation of the ideal fantasy state. He therefore destroyed the different variants of the subject Father and Son, so that the photographic reproduction is all that has survived. In the photograph taken in the artist’s studio and his letters to Lily, Klee for the first time represents the artist’s studio as an interpretation of the artistic myth of creation.


»In meinem kleinen Arbeitsraum« (...) im »November 1902« (Paul Klee, 1902)

Nach drei Jahren Ausbildung in München und einer anschliessenden Studienreise nach Italien zieht sich Klee im Sommer 1902 zum Selbststudium in sein Elternhaus nach Bern zurück.[3] Hier entstehen die ersten für ihn gültigen künstlerischen Arbeiten wie die Inventionen, eine Reihe von Radierungen, grotesk-humoristischen Zeichnungen, Hinterglasmalereien und einige Gemälde. Klees »kleiner Arbeitsraum«, den er seiner Verlobten Lily in einem Brief mit Skizze ausführlich beschreibt, liegt im Dachgeschoss des Familiensitzes am Obstbergweg 6 (Abb. 1). Eine neu entdeckte Fotografie gewährt einen fotografischen Einblick in das Atelier von Klee (Abb. 2). 

Abb. 1: Brief von Paul Klee an Lily Stumpf mit Atelier-Plan, 10.08.1902, Zentrum Paul Klee
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Abb. 2: Doppelseite aus dem Fotoalbum »Juli 1915« von Sasha Morgenthaler; rechts: Paul Klee in seinem Atelier am Obstbergweg 6, Bern, Herbst 1902; links: Lily Stumpf, Obstbergweg 6, Bern, August 1906
© Nachlass Morgenthaler Thun, Steffan Biffiger.
Anlässlich ihres Studienaufenthalts 1915 in München fertigte Sasha Morgenthaler für Klee, der ein Freund ihrer Familie war, eine Abschrift seines Oeuvrekataloges an. In diesem Zusammenhang ist die besagte Fotografie wohl in ihren Besitz gelangt, die sie mit weiteren Fotografien von Lily in das mit »Juli 1915« beschriftete Fotoalbum einklebte. 

Der junge Klee ist darauf im Profil wiedergegeben, mit einem gerahmten Bild auf einer Staffelei und weiteren kleinformatigen Arbeiten, die an der Wand aufgehängt sind. Für die Fotografie hat sich Klee auf einen Stuhl gesetzt, auf dem sonst seine »Paletten ruhen« (vgl. Beschriftung Skizze). Er blickt aus dem Fenster, wie man anhand der Skizze rekonstruieren kann. Der Bildausschnitt mit dem Porträt von Klee ist bereits bekannt (Abb. 3). Neu ist der übrige Teil der Fotografie, vor allem das noch unbekannte Bild auf der Staffelei. Die Fotografie ist auf Herbst 1902 zu datieren, denn der Abzug ist auf der Rückseite von Klee eigenhändig mit »November 1902« beschriftet (Abb. 4).

 

Abb. 3: Porträtfotografie von Paul Klee, »November 1902« (Datierung auf der Rückseite s. Abb. 4), Zentrum Paul Klee, Schenkung Familie Klee
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv. Die Porträtfotografie von Paul Klee ist erstmals abgebildet in: Felix Klee, Paul Klee: Leben und Werk in Dokumenten, ausgewählt aus den nachgelassenen Aufzeichnungen und den unveröffentlichten Briefen, 1960. Teilansicht der Fotografie aus dem Album von Sasha Morgenthaler.

Abb. 4: Rückseite der Porträtfotografie von Paul Klee, Zentrum Paul Klee, Schenkung Familie Klee
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Diese Datierung wird bestätigt durch eine weitere Fotografie von Klee, die kurz zuvor in Rom entstanden ist und den jungen Klee mit demselben Vollbart zeigt: »Wie ein Südländer, unendlich verfeinert u. vergeistigt mit einem schwarzen Vollbart (...)«, beschrieb Lily das neue Erscheinungsbild ihres Verlobten nach seiner Rückkehr aus Italien, das er in Bern vorübergehend beibehalten hat (Abb. 5).[4]

 

Abb. 5: Paul Klee und Hermann Haller in Rom, 1902, Fotograf: Karl Schmoll von Eisenwerth
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

In Thematik und Komposition offenbart die Fotografie eine enge Übereinstimmung mit einer zeitgleich entstandenen Aufnahme von Paul Klee aus dem Jahr 1902/03, die sein Freund Hans Bloesch in seinem Arbeitszimmer fotografisch wiedergibt (Abb. 6).[5] Beide, Schriftsteller und Maler, sind in ihren jeweiligen Arbeitsräumen dargestellt, und sie nehmen dabei dieselbe Pose ein. Der Künstler in Profilansicht blickt gedankenversunken in die Ferne (Abb. 7). Diese Übereinstimmung deutet stark auf die kompositorische Autorschaft von Klee hin.[6] Die Aufnahme ist die erste einer Reihe von Fotografien, die Klee im Verlauf seiner späteren Karriere in seinem Atelier zeigen.[7]

Abb. 6: Hans Bloesch, 1902/03, Paul Klee, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee, Fotograf: Paul Klee
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Abb. 7: Paul Klee in seinem Atelier am Obstbergweg 6 Bern, Herbst 1902, mit der mutmasslichen Komposition Vater und Sohn
© Nachlass Morgenthaler Thun

Viele Varianten des Themas »Vater u. Sohn«

Auf dem von Klee inszenierten fotografischen Selbstporträt ist ein Werk zu sehen, das bisher als unbekannt gilt. Wiedergegeben sind zwei Männer, Arm in Arm, dargestellt in Rückenansicht und bekleidet in antiken Gewändern (Abb. 8). Obwohl das Bild gerahmt ist, glaubt man unfertige Stellen im Bildhintergrund zu erkennen. Stilistisch und bildmotivisch ist die Komposition den wenigen Werken zuzuordnen, die in Zusammenhang mit der Italienreise stehen und die Klee in seinem handschriftlich geführten Oeuvrekatalog für die Jahre 1901 und 1902 aufgelistet hat.[8]

Abb. 8: Ausschnitt aus der Fotografie Paul Klee in seinem Atelier am Obstbergweg 6 Bern, Herbst 1902, mit der mutmasslichen Komposition Vater und Sohn
© Nachlass Morgenthaler Thun

Hinweise für die Bildinterpretation sind der Korrespondenz mit Lily und den revidierten Tagebüchern von Klee zu entnehmen, die visuell und chronologisch mit der Datierung der Fotografie und dem abgebildeten Werk übereinstimmen könnten.
Klee erwähnt im Januar 1903 in einem Brief an Lily mehrfach ein Werk, das er »Vater und Sohn« nennt: » (...) Die Composition Vater und Sohn leidet, abgesehen davon, dass sie (wie Haller sagen würde) vollständig aus dem hohlen Ranzen geholt worden ist, an manchen Fehlern. Die Figuren sind isoliert dadurch, daß an ihnen das Humoristische weiter fortgeschritten ist als an den übrigen Gegenständen. Die Felsen müßten analog ganz anders behandelt werden, auch humoristisch. Ebenfalls die überaus zahm geplanten Bäume. Das Ganze entspricht überhaupt gar nicht dem Zustand, den es zuvor in meiner Phantasie eingenommen hatte; sondern müßte, um etwas von der Frische dieses ‚idealen‘ Zustandes zu erhalten, entschieden umkomponiert und ganz neu angefangen werden. Vielleicht geschieht es in der kommenden Zeit. Dem Phlegmatiker ist folgendes ein Trost: Wenn ein Bild so ausgeführt wäre, wie es gedacht worden war, so hätte man es ja mit einem unerhörten Meisterwerk zu thun! O Schmeichelstimme des Phlegmas!«[9] Das Bildmotiv auf der Fotografie und der Textinhalt stimmen in wesentlichen Teilen überein: Zwei männliche Figuren sind isoliert vor neutralem Hintergrund (Felsen?) dargestellt.
Bei der fotografierten Komposition könnte es sich womöglich um eine noch nicht vollendete Variante der Serie/Werkgruppe Vater und Sohn handeln.[10] Denn von der Komposition muss es mehrere »Varianten« gegeben haben, wie einem redigierten Tagebucheintrag vom Januar 1903 zu entnehmen ist:[11] »Viele Varianten des Themas Vater u. Sohn. Ein Vater mit seinem Sohn. Ein/ Vater durch seinen Sohn. Ein Vater angesichts seines Sohnes. Ein Vater stolz/ auf seinen Sohn. Ein Vater segnet seinen Sohn. Alles dies hab ich deutlich/ dargestellt, aber leider wieder vernichtet. Es blieben nur die Titel erhalten.«[12] Es liegt deshalb nahe, dass Klee eine der Varianten von Vater und Sohn auf seiner inszenierten Atelierfotografie präsentiert. Es ist das einzige in der  Korrespondenz mit Lily erwähnte Werke, das mit dem Bildmotive auf der ungefähr zur selben Zeit entstandenen Fotografie übereinstimmt. [13] Die wohl mehrfach überarbeitete Komposition Vater und Sohn war Klee offenbar dann nicht gut genug, sodass er das »missglückte« Werk Ende Januar 1903 zerstörte.[14]

»Plan, in Bern ganz gründlich Anatomie zu lernen wie ein Mediziner. Wenn ich die weiss, kann ich alles.« (Paul Klee, 1901)

Wenn Klee in einem Brief an Lily (7. Januar 1903) die Komposition Vater und Sohn als Werk ausweist, das vollständig »aus dem hohlen Ranzen«, sprich aus dem hohlen Bauch entstanden sei, dann zeugt die Körperdarstellung der mutmasslichen Komposition Vater und Sohn doch von einer intensiven Auseinandersetzung mit der Anatomie des menschlichen Körpers. Diese geht auf eine Kritik von Franz von Stuck zurück, der beim Eintrittsgespräch für die Münchener Kunstakademie Klees fehlenden Kenntnisse in der Anatomie bemängelte: »Stuck hat mich hauptsächlich auf meine total fehlende Anatomie aufmerksam gemacht (...)«.[15]

Klee verlässt die Münchner Kunstakademie ohne Abschluss. Er bildet sich hauptsächlich durch Selbststudium und einen halbjährigen Aufenthalt in Italien weiter. Dort reift in ihm der Entschluss, sich in Bern so gründliche Kenntnisse der Anatomie wie ein Arzt zu verschaffen. Klee schreibt über das Wintersemester 1902/03 ins Tagebuch: »Jeden Morgen arbeitete ich von ½ 9 bis ½ 11 Uhr im Anatomiesaal. Am Samstag um 11 Uhr liest der Professor Strasser für Künstler. (Was für Künstler!) Und am Mittwoch, Donnerstag und Freitag ist Abendakt im Kornhaus. Da excellieren die Herren Born, Boss, Colombi, Link und a. m. Sie hodlern alle mehr oder weniger. Die Modelle sind à la Matte.«[16]

Abb. 8: Anonym, Seziersaal des Anatomischen Instituts der Universität Bern, um 1900, Medizinhistorisches Institut der Universität Bern
© img.unibe.ch

Abb. 9: Paul Klee, Anatomische Zeichnung der Oberarmmuskulatur, von hinten, 1902/03, Bleistift und Aquarell auf Papier, 17,2 x 31,4 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Der kunstbegeisterte Professor Hans Strasser erlaubt Klee den Besuch der Vorlesung über plastische Anatomie und sogar den Zugang zu den täglichen Präparierübungen im Seziersaal (Abb. 8). Paul Klee vermittelt seiner Verlobten darüber sehr lebendige Einblicke: »Der Seciersaal macht einen comfortablen Eindruck (das Gebäude ist neu), scheint doch für 170 Studenten (und hauptsächlich Studentinnen) zu kurz. Es lagen circa 12 oder mehr Leichen in zwei Reihen geordnet, eine schrecklicher als die andere, so daß sie mir nachts eine um die andere im Traum vorkamen. Beim zweiten Mal war ich indessen bereits akklimatisiert und hatte auch Augen für das Leben, zu meiner Scham und Schande zum Teil sogar für das weibliche Leben. So schaute ich frech einigen hübschen Russinnen bei ihrer interessanten, aber nicht normalen Beschäftigung zu. Doch ich übertreibe, hübsch sind sie eigentlich nicht, die meisten sind sogar noch unappetitlicher als die lieben Toten in ihren Armen.«[17]

Seiner Verlobten Lily Stumpf beschreibt Klee die Gründlichkeit von Strassers Unterricht: »In der Anatomie haben wir uns die ganze verflossene Woche mit dem Arm beschäftigt, was das Schwerste ist, besonders Ellenbogen, Unterarm und Handgelenk (Abb. 9). Der Professor [Strasser] verwendete schon zwei Vorträge darauf, nächsten Samstag wird wohl noch die Hand dran kommen.«[18] Klee hat sieben anatomische Zeichnungen und einen Knabenakt mit drei verschiedenen Armhaltungen aufbewahrt. Für ihn hatten diese Studien, die offenbar über längere Zeit an einer Wand seines Zimmers hängten, vorbereitenden Charakter für ein grösser angelegtes Projekt, für das der menschliche Körper zum zentralen Gegenstand werden sollte: die Inventionen.[19] Ein Vergleich mit einer dieser Arbeiten, dem Studienblatt mit drei verschiedenen Armhaltungen, legt nahe, dass Klee bereits in die fotografisch dokumentierte mutmassliche Komposition Vater und Sohn seine vertieften Kenntnisse in Akt und Anatomie einfliessen liess. Trotz der etwas unscharfen Fotografie lässt sich eine deutliche Übereinstimmung in der bildlichen Darstellung der Arme feststellen (Abb. 10, Abb. 11). Oberarm, Unterarm und Hand der beiden Männer Vater und Sohn sind nicht maskulin-muskulös wiedergegeben, sondern knabenhaft schlank, karikaturistisch überzeichnet.

Abb. 10: Paul Klee, [Studienblatt mit drei verschiedenen Armhaltungen], 1903, Bleistift auf Papier, 27,8 x 37 cm, Zentrum Paul Klee, Bern. Bezeichnet unten rechts mit Bleistift: »03« 
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Abb. 11: Obere Extremitäten der Vater-Figur aus Vater und Sohn (Ausschnitt aus: Paul Klee in seinem Atelier, Bern, Herbst 1902)
© Nachlass Morgenthaler Thun

 

»Formstudien im Hodlerschen Sinn« [Paul Klee, Hausenstein I, 1902]

Schon als Klee noch die private Malschule von Heinrich Knirr besuchte, scheute er sich nicht, Elemente der Karikatur in seine seriöse Akademiezeichnungen einfliessen zu lassen (Abb. 12).[20]

Knirr sagte dazu: »Herr Klee, Sie haben die Mittel etwas ganz Außerordentliches zu werden, nur müssen Sie mir folgen und fleißig sein. Ich bin nicht zufrieden, wenn Sie mir einen Akt mit richtigen Proportionen herausbringen. Ich will, dass Sie das Eigenartige jedes Aktes bringen. Sehen Sie diesen Akt (weiblichen Akt) an. Die untere Partie ist beinah’ männlich, nicht wahr? (...) «[21]
 

 

Abb. 12: Paul Klee, ohne Titel [ein berüchtigtes Mannweib], 1899, Knirrblatt 61, Bleistift auf Papier, Zentrum Paul Klee, Bern © Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Die Auseinandersetzung mit der expressiven Anatomie des menschlichen Körpers setzte Klee in der Folge fort. In Rom begeisterte er sich für die »Aktkarikaturen« Rodins[22] und in Bernbewunderte er kurze Zeit später die expressiven Körperdarstellungen Hodlers.[23] Im Mai 1902 schaute er sich mit seinem Freund, dem Neurologen Fritz Lotmar, Gemälde von Hodler im Kunstmuseum Bern begeistert an[24] und er betrieb in November 1902, also zeitgleich zur Entstehung der Komposition Vater und Sohn, »Formstudien im Hodlerschen Sinn«, am Abendakt im Kornhaus beim »Hodlerschüler [Eduard] Boss«.[25]
Hodler war zwar für Klee zu diesem Zeitpunkt bedeutend, doch kein Werk von Hodler kann als ikonographischer Bezugspunkt für das Werk Vater und Sohn in Betracht gezogen werden.[26] Stattdessen sind es Hodlers expressive Körperdarstellungen in einer symbolistischen Landschaft, die Klee in der Entwicklung seiner künstlerischen Ausdrucksform zu interessieren schienen, bevor er »die anatomische Ausdruckssteigerung seiner nackten Figuren zur Formulierung bissiger, ja bitterer satirischer Themen im Miniaturformat monochromer Radierungen [verwandte].«[27]

»Mein erstes brauchbares Opus ist die Radierung Jungfrau im Baum« (Paul Klee, 1903)

Offenbar entsprach die Komposition Vater und Sohn noch nicht einer geglückten bildnerischen Wiedergabe eines ‚idealen‘ Fantasiezustands, wie aus dem oben zitierten Brief an Lily hervorgeht. [28] Erst mit der Radierung Jungfrau (träumend), 1903, 2 (auch unter dem Titel Jungfrau im Baum bekannt) begann – nach der Einschätzung des Künstlers – seine Laufbahn als Ausstellungskünstler (Abb. 13).

 

Abb. 13: Paul Klee, Jungfrau (träumend), 1903, 2, Radierung, 23.6 x 29.8 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Klee liess für das Jahr 1902 nur vier Werke gelten, die er in seinem handschriftlich geführten Oeuvrekatalog für die Jahre 1902 auflistete: Windspielartiges Tier, 1902, 1, Puppenartige Dame, 1902, 2 und Zuhälterartiger Athlet, 1902, 3. Hinzu kommen noch die nicht verzeichneten Akt- und Anatomiezeichnungen sowie die Illustrationen aus dem Buchprojekt mit Hans Bloesch. Alle übrigen Werke des Jahres 1902, die in der Korrespondenz mit Lily erwähnt sind, wurden von Klee offenbar vernichtet (Abb. 14), worunter auch die Komposition Vater und Sohn.

 

 

Abb. 14: Ein weiteres Werk von Klee, das nicht mehr erhalten ist. Trotz der Unschärfe der Fotografie ist eine Figur mit erhobener Hand zu erkennen. Die Figur zeigt gewisse Übereinstimmungen mit der Bleistift und Aquarell ZeichnungZuhälterartiger Athlet, 1902, 3 und entsprechenden Zeichnungen im »Buch« von Bloesch. Ausschnitt aus Paul Klee in seinem Atelier am Obstbergweg 6 Bern, Herbst 1902
© Nachlass Morgenthaler Thun

 

Klee äusserte gegenüber seiner Verlobten, dass die Radierung Jungfrau (träumend) auf einen älteren Entwurf zurückgehe und die weibliche nackte Figur »ja nicht nach dem Modell«, sondern nach dem »Gefühl« gezeichnet sei; auf die möglichst getreue Wiedergabe des Sichtbaren komme es ihm nicht an, da sonst die »Witzlaune« dahin sei.[29] Die intensiven Auseinandersetzung mit dem Modell, konkret, mit der Anatomie des menschlichen Körpers sowie das schulmäßige Aktzeichnen und das Werk von Ferdinand Hodler, bildeten wichtige Grundlagen für die künstlerische Produktion der Werkgruppe der Inventionen und der kurz zuvor entstandenen Komposition Vater und Sohn. Klee stellt fest »Je weniger Freiheiten man sich beim schulmäßigen Aktzeichnen nehme, desto mehr hat man dann beim künstlichen Produzieren. Vormittags beim Buben [Aktzeichnen] bin ich bescheiden, wie ein Schulmeister, nachmittags lasse ich alles springen und tanzen. (...)«

Die von Klee beschriebene Trennung zwischen Naturabbildung und Phantasiewelten ist als fliessend zu betrachten, wie ein Vergleich mit der bereits besprochenen Zeichnung des Bubenarms (Abb. 10) nahelegt. Wie bereits in der Komposition Vater und Sohn, orientiert sich Klee auch in der Darstellung Jungfrau (träumend), 1903, 2, an Akt- und Anatomiezeichnungen aus seinem Bestand.[30] Sein Bestreben war es offenbar, ohne direkte Modellvorlage, den »idealen Fantasiezustand« zu einem bestimmten Thema künstlerisch widerzugeben, oder wie es Klee in bereits erwähnten Brief an Lily ausdrückt: »Es muss nur Geist (Liniengeist) und (Gedanken) Witz darin sein. Und dazu kann man an keinem Modell hängen, sonst ist die Witzlaune bald dahin, sondern hier ist der Moment Gott«.[31]

Mit der Darstellung der reinen »Witzlaune«, in der Form der bildnerischen Satire, schuf sich Klee nach der Italienreise ein Mittel, Inhalt und Form nach eigenen Vorstellungen zu erfinden. Die Komposition Vater und Sohn kann als zentraler, jedoch noch gescheiterter Versuch dieser neuen bildnerischen Ausdrucksweise betrachtet werden, die Klee rückblickend erst in der Werkgruppe der Inventionen als gelungen und  voll gültig erachtete.


Fussnoten

1    Vgl. Eva Wiederkehr Sladeczek, Eine Künstlerfreundschaft. Sasha Morgenthaler von Sinner als Privatschülerin und "Secretär" von Paul Klee, in: Ausst.-Kat. Der Kontinent Morgenthaler. Eine Künstlerfamilie und ihr Freundeskreis, Kunstmuseum Thun, 5.9.-22.11.2015, S. 37-42. 

2    Osamu Okuda äusserte als erster die Vermutung, dass es sich beim abgebildeten Werk auf (Abb. 2) um das Werk Vater und Sohn von Klee handeln könnte. Ich danke ihm für die freundschaftliche Unterstützung beim Verfassen dieses Texts und W. Kersten für dessen kritische Durchsicht.

3    Vom 19. bis zum 28. Juli 1902 unternimmt Klee eine Reise nach Oberpöcking an den Starnberger See, um dort seine Verlobte Lily zu treffen. Vom 20. bis 30. September 1902 weilt er in München. Vgl. Paul Klee, Tagebücher 1898-1918, textkritische Neuedition, hrsg. von der Paul-Klee-Stiftung, Kunstmuseum Bern, bearb. von Wolfgang Kersten, Stuttgart/Teufen 1988, Nr. 447, S. 160. Ab dem 1. November 1902 besucht Klee den Anatomieunterricht bei Hans Strasser (ebd., Nr. 453, S. 161). Im Folgenden zitiert: Klee 1988, Tgb.

4    Vgl. Lily Klee, Lebenserinnerungen, unpubliziertes Manuskript, Bern 1942, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee.

5    »Ich habe auch von Bloesch eine gelungene Photographie gemacht, an seinem Schreibtisch […]. Er geht nächstens auf kurze Zeit nach Paris, um den Rest zu verthun. Wenn er zurückkehrt, ist er ebenso arm wie ich.«. Vgl. Paul Klee, Briefe an die Familie 1893-1940, Bd.1: 1893-1906, Bd. 2: 1907-1940, hrsg. von Felix Klee, Köln 1979, S. 285. Im Folgenden zitiert: Klee 1979, Briefe

6    »Endlich ist Bloesch zurückgekehrt«; gegen-seitige Porträtfotos Paul Klee und Hans Bloesch. Vgl. Klee 1979, S. 280.

7    Vgl. Wolfgang Kersten, Zwischen Geniekult, Kultraum und Werkstatt, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Art in the making 1883-1940, The National Museum of Modern Art, Kyoto, 12.3.-15.5.2011; The National Museum of Modern Art, Tokyo, 31.5-31.7.2011, S. 34-39.

8    Gemäss Wolfgang Kersten wird sich Klee frühestens zwischen Februar 1911 und Frühjahr 1913 dazu entschlossen haben, im Rückblick auf die mehr als zehn Jahre zurückliegende Italienreise, Werke aus seiner nicht registrierten Kunstproduktion in den eigenen Œuvrekatalog aufzunehmen und Teile davon zu vernichten. Nur vier Werke, die Klee selbst in seinem handschriftlich geführten Œuvrekatalog für die Jahre 1901 und 1902 aufgelistet hat, stehen offenkundig im Zusammenhang mit der Italienreise: Schwebende Grazie (im pompejanischen Stil), 1901, 2, Windspielartiges Tier, 1902, 1, Puppenartige Dame, 1902, 2 und Zuhälterartiger Athlet, 1902, 3. Vgl. Wolfgang Kersten, »Für die Nachlass-Sammlung bestimmt«. Strategie zur Gewinnung unsterblichen Ruhms. Von Dürer über Klee bis Beuys, in: Werner Egli, Kurt Schärer (Hrsg.), Erbe, Erbschaft, Vererbung, Zürich 2005, S. 227–241.

9    Vgl. Klee, Briefe an die Familie 1893–1940, Bd. 1: 1893–1906, Bd. 2: 1907-1940, hrsg. von Felix Klee, Köln 1979, S. 301.

10    Klee hat die Komposition Vater und Sohn fotogra-fiert wie aus dem Brief an Lily vom 18. Januar 1903 zu nehmen ist. Vgl. Klee 1979, Briefe, S. 304.

11    Der Beginn der Reinschrift von Tagebuch III [lässt sich] auf Ende 1918 datieren. Vgl. Paul Klee, Tgb. S. 589.

12    Vgl. Klee 1988, Tgb. Nr. 474, S. 166 und S. 489.

13    Es ist auch das einzige Werk, das während dieser Zeit (November 1902-Januar 1903) mehrfach erwähnt wird. Vgl. Klee 1979, Briefe, S. 301, S. 304 und S. 306.

14    Vgl. Klee 1979, Briefe, S. 306.

15    Vgl. Klee 1979, Briefe, S. 93 (27. IV. 1900).

16    Vgl. Klee 1988, Tgb., S. 162 (Nr. 456). Zu Klees Anatomieunterricht bei Hans Strasser und zum Aktunterricht im Berner Kornhaus vgl. Walther Fuchs, Von der Menschenanatomie zur Bildanatomie. Anatomisches Institut, Balzerstrasse 2, in: Zentrum Paul Klee (Hrsg.), Mit Klee durch Bern. Spaziergänge in Stadt und Umgebung, Bern 2015, S. 63–65 und Walther Fuchs, Abendakt im Kornhaus: Modelle ganz à la Matte. Kornhaus, Kornhausplatz 18, in: Zentrum Paul Klee (Hrsg.), Mit Klee durch Bern. Spaziergänge in Stadt und Umgebung, Bern 2015, S. 59-62.

17    Vgl. Klee 1979, Briefe, S. 281 (Paul Klee an Lily Stumpf, Bern, 5. November [1902].

18    Vgl. Klee 1979, Briefe, S. 290 (Paul Klee an Lily Stumpf, 7. Dezember 1902).

19    Alle Blätter weisen an den vier Ecken Einstiche und Rostspuren von Reissnägeln auf. Vgl. dazu auch Klee 1979, S. 323 (Paul Klee an Lily Stumpf, 29. April [19]03). 

20    Vgl. Jürgen Glaesemer, Paul Klee. Handzeichnun-gen I. Kindheit bis 1920, Bern 1973, S. 77.

21    Vgl. Paul Klee, Brief von Paul Klee (München) an Hans Bloesch (Bern), 20. November 1898, Burgerbibliothek, Bern, Nachlass Hans Bloesch.

22    In Frühjahr 1902 besucht Klee in Rom eine Gruppenausstellung, an der ihn die erotischen Zeichnungen von Auguste Rodin faszinieren. Er bezeichnet Rodins moderne Arbeiten als »Aktkarikaturen«. Paul Klee orientiert sich in den folgenden Jahren stark an Auguste Rodins Werk.

23    In seinem Aufsatz Grundlinien des Frühexpressionismus (1938) spricht Fritz Schmalenbach von Hodlers verzerrender Darstellung seiner Modelle: »Er [Hodler] verzerrt, um etwas Bestimmtes auszudrücken, nicht wie Toulouse-Lautrec oder Munch unmittelbar das Bild, sondern er verzerrt das Modell und gibt es dann realistisch wieder. Die Expression liegt nicht im Bild, sondern wird ins Modell vorverlegt. Das Modell führt gleichsam eine expressive Pantomime auf, die das Bild unverzerrt darstellt«. Vgl. Fritz Schmalenbach, Hodlers Stellung im Frühexpressionismus, in: Das Werk. Schweizerische Zeitschrift für Baukunst, Gewerbe, Malerei und Plastik. Offizielles Organ des Bundes Schweizer Architekten u. d. Schweizerischen Werkbundes, Bd. 25, H. 7, 1938, S. 193-198, S. 196. Doch es lag Klee total fern solchen Verzerrungen und Übersteigerungen »einen erhebenden Ausdruck geistiger, seelischer oder gar symbolischer Bedeutung mitzuteilen, so wie es Hodler im Vertrauen auf eine Harmonie von Körperhaltung und Seelenstimmung tat«. Vgl. Otto Karl Werckmeister, Klees Orientierungskünstler, in: Ausst.-Kat. Das Universum Klee, Neue Nationalgalerie, Berlin, 31.10.2008-8.2.2009, S. 25–51, S. 26-28. Zur Hodler und Klee vergleiche auch Charles Werner Haxthausen, Paul Klee: The Formative Years, Dissertation, 2., um ein Vorwort verm. Aufl., New York/London 1981, S. 122ff.

24    Vgl. Klee 1979, Briefe, S. 234.

25    Vgl. Klee 1988, Tgb. Nr. 456, S. 162, S. 488 (Hausenstein I 456), und S. 510 (Hausenstein II).

26    Die Ikonographische Analyse von Vater und Sohn bleibt noch ein Desiderat.

27    Vgl. Werckmeister 2008, wie Anm. 23, S. 28.

28    Vgl. Klee 1979, Briefe, S. 301.

29    Klee 1979, Briefe, S. 336.

30    Klee orientierte sich auch an kunsthistorischen Vorbildern. Die unmittelbaren Vorläufer für die Darstellung Jungfrau im Baum finden sich in der zeitgenössischen Graphik, bei Félicien Rops und bei Ferdinand Hodler sowie in der Malerei des ausgehenden 19. Jahrhunderts, besonders in den Bildern der Serie »Die Bösen Mütter« Giovanni Segantinis aus dem Jahre 1894. Vgl. Frank Zöllner, Das Ende des Körpers: Paul Klees künstlerische Ethik im zeitgenössischer Triebökonomie, in: Angelika Corbineau-Hoffmann u. Pascal Nicklas (Hrsg.), Körper/Sprache: Ausdrucksformen der Leiblichkeit in Kunst und Wissenschaft, Hildesheim/Zürich/New York 2002, S. 213-240, Werckmeister 2008, wie Anm. 23, S. 26 und Haxthausen 1981, wie Anm. 23, S. 122ff.

30     Vgl. Klee 1979, Briefe, S. 336.

Comment

Der Ostermundiger Steinbruch erzählt sich

Comment

Der Ostermundiger Steinbruch erzählt sich

von Jürg Halter

 

»Seit dem Mittelalter wird an und in mir abgebaut. Sie nennen mich den ›Ostermundiger Steinbruch‹. Mit den neuen industriellen Möglichkeiten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreichte der Abbau hier seinen Höhepunkt. Zu jener Zeit war ich der grösste Steinbruch in der Schweiz. Mein Sandstein wurde zum Bau des Münsters, des Rathauses, der Heiliggeistkirche und vieler anderer Gebäude in der Stadt Bern verwendet. Mein Material wurde aber auch weit über die Landesgrenzen hinaus geliefert. Ich, beziehungsweise mein Abbau, mein stetes Verschwinden, hat die Gemeinde Ostermundigen stark geprägt. Generationen von Taglöhnern, Steinbrechern und Baumeistern haben ihre Existenz auf mir begründet. 

 

Paul Klee, a. d. Steinbr. b. Bern, 1909, 23, Feder auf Papier auf Karton, 14,3 x 14,6 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Paul Klee, Osterm. Steinbruch, 1909, 27, Feder auf Papier auf Karton, 21,7 x 27,7 cm, Zentrum Paul Klee, Bern, Leihgabe aus Privatbesitz
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Unzählige Gebäude, einfache wie feudale, sind aus meinem Material entstanden. So habe ich es mir jedenfalls erzählen lassen. Ich selbst habe bedauerlicherweise nie eines der Gebäude, die unleugbar aus meinem Körper geschlagen wurden, zu Gesicht bekommen. Überhaupt: Was spreche ich von Gesicht? Meines ändert sich alle Tage. Ich habe schon Millionen von Gesichtern gehabt. Mit jedem Abbruch habe ich ein neues erhalten. Ich bin der Beweis, dass einem Gegenwachstum lebendig hält, wenn Sie verstehen, was ich meine?

Schon seit langer Zeit ist es aber ruhiger um mich geworden, heute werde ich nur noch zu Renovationszwecken abgetragen. Ich und meine Geschichte sind jedoch bis in die Gegenwart bei Lichte gesehen das Wahrzeichen von Ostermundigen geblieben. 

 

Paul Klee, Arbeiter im Sandsteinbruch, auf einer Terrasse, 1909, 20, Feder auf Papier auf Karton, 11,4 x 13,2 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

In mir fand der Maler Ferdinand Hodler die Modelle für sein Meisterwerk ›Der Rückzug der Eidgenossen nach der Schlacht von Marignano‹, das heute im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich ausgestellt ist. 

Vor allem Paul Klee liess sich in seinem künstlerischen Lebenswerk, ich darf das fast ganz bescheiden anmerken, massengebend vom Ostermundiger Steinbruch leiten. Klee war von mir und den in mir arbeitenden Menschen begeistert und hatte sich deshalb oft hier aufgehalten; er nannte mich schlicht den ›schönen Ostermundiger Steinbruch‹. Ich diente ihm als Inspirationsquelle für zahllose Bilder und Zeichnungen. Hin und wieder hat er gar leise zu mir gesprochen, dabei habe ich ihm geschworen, dass ich von seinen mir anvertrauten Geheimnissen niemals jemandem etwas preisgeben würde. Ich verrate Ihnen nur so viel: Es könnte sein, dass die Kunstgeschichte sonst weitreichend umgeschrieben werden müsste ... Klees Grab befindet sich, nicht zu vergessen, noch immer auf dem Schosshalden-Friedhof. 

Wo war ich stehengeblieben? Ach, ja, also heutzutage werde ich vorab von an Kultur Interessierten oder Tagesausflüglern besucht. In mir wurde überdies schon Theater gespielt! Madame Bissegger setzte sich hier in Szene. – Mir ist es ganz recht so wie es ist. Wenn das noch lange so wie zur meiner ›Abbauhochzeit‹ weiter gegangen wäre, würde heute vielleicht nicht mehr von mir übrig geblieben sein als ein Sandsteinkörnchen; das dann eines Tages, mir nichts, dir nichts, von einem hier spielenden Kind, unter einem seiner Fingernägel abtransportiert werden würde. Zum Schluss hätte ich mich so in einer Ritze im Abfluss eines Lavabos wieder gefunden. An einem Ort, an dem mir bestimmt niemand mehr geglaubt hätte, dass aus mir einst das Münster gebaut worden sei.«

 

Paul Klee, Krahn im Steinbruch, 1910, 41, Feder auf Papier auf Karton, 13,4 x 10,4 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Jürg Halter, * 1980 in Bern, wo er meistens lebt. Studium an der Hochschule der Künste Bern. Halter ist Dichter und Performance Poet. Auftritte an renommierten Literaturfestivals in der ganzen Welt. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt erschienen: Sprechendes Wasser (Secession Verlag, 2012, Kettengedicht mit Shuntaro Tanikawa), Wir fürchten das Ende der Musik (Wallstein, 2014, Gedichte), Hoffentlich verliebe ich mich nicht in dich (Edition Patrick Frey, 2014, Text-Bilder-Buch mit Huber.Huber) .

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Viewing the Paul Klee Exhibition »This is Just Between Ourselves«

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Viewing the Paul Klee Exhibition »This is Just Between Ourselves«

Nobuyuki Kakigi

 

»Folly lies at the heart of Kafka's favorites—from Don Quixote via the assistants to the animals.... This much Kafka is absolutely sure of: first, that someone must be a fool if he is to help; second, that only a fool's help is real help. The only uncertain thing is whether such help can do a human being any good.« (Walter Benjamin, Some Reflections on Kafka in: Illuminations, tr. Harry Zohn, New York: Schocken Books, 1968, p. 144.)

The concluding section of the Paul Klee Exhibition This is Just Between Ourselves currently on view at the Utsunomiya Museum of Art is entitled The Assistance of Fools. This is an allusion to the passage quoted above, taken from a letter of Walter Benjamin to his friend Gershom Scholem in which Benjamin discusses what resides at the core of the writings of Franz Kafka. In this final section, a menagerie of images of misshapen creatures is assembled, including What’s the Matter with Him? (1930) a small, perhaps self-deprecatory work depicting the torso-less figure of a human or animal. The angels that Klee produced in such concentrated fashion in his final years are kindred to these creatures.

 

Paul Klee, was fehlt ihm?, 1930, 267, what's the Matter with Him?, pencil on paper on cardboard, 32,9 x 20,9 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Klee’s angels have not yet acquired the capacity to reveal the truth on earth as God’s messengers. Like the one depicted in The Angel, Still Searching (1939), they are still far from truth, groping in the midst of a distorted world. Perhaps their reaching out to human beings can only be like the groping of this angel, a blind and somewhat foolish gesture. Yet the metamorphosis that these prayerlike gestures engender—such as the birth of the grotesque creature in The Inventress of the Nest (1925)—is precisely the breathing of living beings.

 

Paul Klee, die Erfinderin des Nestes, 1925, 33, The Inventress of the Nest watercolour on primed paper on cardboard, 27,6 x 22 cm, Zentrum Paul Klee, Bern, Leihgabe aus Privatbesitz
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

This is what, along with an impish smile, indicates the Spielraum, or realm of play, that Klee opens to us. The present Klee exhibition, with its theme “This is Just Between Ourselves” might be said to be an exhibition that invites the viewer into a unique space and time, a Spielraum in which creatures that escape classification and domestication by virtue of incorporating an element of incompleteness or malformation live and breathe amidst constant metamorphosis. Has there ever been a Klee exhibition—at least in Japan — that offers such a rich sensory experience, and the opportunity to enjoy a glimpse of Klee’s creative process, affording fresh insight into the profundity of his work? Needless to say, this is undergirded by Klee scholarship of a depth that has made it possible to arrange works from a variety of periods to echo and reflect one another in the context of the unique themes that characterize Klee’s work.

One of the important aspects of the present exhibition is the experience it gives of the deepening of the oft-noted musicality of Klee’s work. The music that reverberates through Klee’s Spielraum can be a unique polyphony such as that of Fugue in Red (1920), but it does not stop at the harmony of several disparate voices—it goes on to possess a dynamism that gives birth to something else entirely from amidst that harmony. The second section of the exhibition, “Polyphony,” provides a place to fully appreciate the immense range of these reverberations. For example, in Island (1932), the open-ended form of an island arises, multidimensionally, out of a polyphonic ocean of pointillist color.

Or Klee’s resounding polyphony might, as in Illuminated Leaf (1929) take the form of a single leaf, taking shape from gradations of hue formed from the fusion of complementary colors—quietly growing as if embodying Goethe’s Urphänomen, the essential phenomenon that symbolizes the generation of the plant itself. The tranquillity of this work has something in common with the mysterious calm of Nude (1910), from the early period of Klee’s career. When this painting was rotated 90 degrees and photographed with infrared equipment, a smaller figure was found floating faintly within the torso of the melancholy and apparently pregnant nude that is the subject of the completed work.

 

Paul Klee, Akt, 1910, 124, Nude, oil on muslin on cardboard, 38,9 x 25 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

This seems to announce that the small figure was buried before it could be born; while at the same time perhaps hinting that conceived out of the woman’s sadness, it is now striving for rebirth. This polyphony of Klee’s, expressed in the deliberate overlapping of multiple layers in a painting, invites the viewer to explore the liminal realm between life and death, and would appear to be grounded in a profound grief for the dead. Klee directly experienced the immensity of the deaths wrought by World War I, and no doubt saw how nature invades the relics left by history and brings forth new life from amidst the ruins. This is hinted at by the greenery that leaves such a strong impression in the group of works gathered in the third section of the exhibition, »A Demonic Fairy Tale.«

Among them, Women’s Pavilion (1921) a green light flickers in the darkness, illuminating a group of forms like something from a fairytale, difficult to classify as either natural or manmade, inviting the viewer to cross the threshold into another world. And in Still Life with Props (1923), a set of discarded props begin to move on their own, while giving off their own uncanny light.

 

Klee, Requisiten Stilleben, 1924, 112, Still Life with Props, oil on muslin on cardboard, 35.2/36.3 x 43.8/44.2 cm,
Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

That they exist in a time quite distinct from the chronological time of the real world is something that Klee’s painting suggests with consummate musicality. This is also convincingly expressed in the works grouped in the first section of the exhibition, »The Allegorical Klee,« employing motifs derived from the musical notation of the fermata and the turn.

The symbol of the turn, which produces the reverse of time while an ornament is being played, is used to form a face in Child (1918) that recalls that of the later Angelus Novus (1920). But in Album Leaf for a Musician (1924) it appears to be reining in a progressive temporal collapse of the musical staff.

 

Paul Klee, Kind, 1918, 70, indelible pencil on paper on cardboard, 22,6 x 10,5 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 
 
Book cover with the picture of Paul Klee's Angelus Novus, 1920, Ölpause und Aquarell auf Papier auf Karton, Collection of the the Israel Museum, Jerusalem, Zentrum Paul Klee, Bern© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Book cover with the picture of Paul Klee's Angelus Novus, 1920, Ölpause und Aquarell auf Papier auf Karton, Collection of the the Israel Museum, Jerusalem, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

On the other hand, the fermata, a symbol suggestive of an eye, not only brings about a suspension of time, but also appears to warp the landscape and breathe life into the greenery. When living things—including those lost to death—are penetrated in this way by another dimension of time, they can be reborn, into a world living in the midst of metamorphosis. This world is comprised of Klee’s works, but the invitation to enter it is extended by »The Children of the In-Between World« that give the fifth section of the exhibition its title.

 
Paul Klee, Ohne Titel (Kind und Drache), um 1940, Untitled (Child and Kite), coloured paste on cardboard, 33,5 x 42,5 cm, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Livia Klee© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Paul Klee, Ohne Titel (Kind und Drache), um 1940, Untitled (Child and Kite), coloured paste on cardboard, 33,5 x 42,5 cm, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Livia Klee
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

In Untitled (Child and Kite), from 1940, the last year of the artist’s life, a child whose body has been transformed into a letter seems to guide the viewer into a paradise that exists in the form of another painting on the verso, Untitled (Flower and Snake)—and the exhibit, by showing us this, also conveys the importance of Klee’s use of both sides of certain of his works.

 

Paul Klee Ohne Titel (Blume und Schlange) [Rückseite von Kind und Drache], um 1940 Rückseite, Untitled (Flower and Snake), watercolour and coloured paste on primed cardboard, 33,5 x 42,5 cm, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Livia Klee
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

This child, whose form invites the viewer to visit the source from which the forms of all living things arise and metamorphose, might even serve as a symbol of Klee’s art itself. And the present Klee exhibition, »This is Just Between Ourselves,« responds to that invitation by following the traces of Klee’s impish smile into the inner reaches of his perfectly imperfect world, giving us a rare opportunity to be led to a rich experience of music and introduced to new forms of knowledge.

Mosaic from PRHUN (1931) and other masterpieces are also included in the exhibit.


Paul Klee Exhibition This is Just Between Ourselves (Part 1)

Paul Klee Exhibition This is Just Between Ourselves (Part 2)




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Paul Klee und die Tänzerin Gret Palucca

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Paul Klee und die Tänzerin Gret Palucca

Osamu Okuda und Walther Fuchs

Reto Sorg, Der Tanz und das »Gesetz der Bewegung« bei Paul Klee, in: Ausst.-Kat. Paul Klee. Überall Theater, Zentrum Paul Klee, Bern, 28.6. - 14.10.2007, S. 220–226.

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Als Vorankündigung zur geplanten Ausstellung »Paul Klee. Bewegte Bilder« des Zentrum Paul Klee (2016) geben wir den Artikel von Reto Sorg zur Beziehung der Ausdruckstänzerin Gret Palucca und Paul Klee als PDF wieder. Die Quellen zu Klee sind farbig reproduziert und erweitert (Beitrag von Klee im Prospekt der Paluccca Tanzschule).


Quellen (Auswahl)

Anlässlich eines Auftritts vom 29. April 1927 in der Aula des Dessauer Bauhauses entstand ein Gruppenbild, das Klee mit Palucca in einer Reihe zeigt; vorsichtig das Tanzbein hebend: »Ballettschule« [Titel von Felix Klee], Stresemannallee 6, Dessau, v.l.n.r.: Paul und Lily Klee, Gret Palucca, Herbert Trantow, Karla Grosch, Schenkung Familie Klee, Zentrum Paul Klee, Bern, Fotograf: Felix Klee
© 
Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Klee erhält im Sommer 1925 von der Palucca-Schule einen Brief, der lautet:

Dresden 10. August

Sehr geehrter Herr Klee,

Entwurf des Beitrags für den Palucca-Prospekt, den Klee direkt auf dem Anfragebrief niederschrieb. Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

es soll ein neuer Prospekt über Palucca zusammengestellt werden. In diesem Prospekt sollen nicht Pressestimmen gesammelt werden, sondern Briefe und Aufsäze von Künstlern, in denen zum Ausdruck gebracht ist, welchen Einfluss Paluccas Tanz auf das künstlerische Arbeiten oder Denken anderer Künstler gehabt hat. Palucca würde sich sehr freuen, gerade von Ihnen hierfür einen Beitrag zu erhalten. Darf ich Sie deshalb um einige Zeilen über Ihre Eindrücke von Paluccas Tänzen bitten?Ergebenst Sekretariat der Palucca-Schule

Dr. Hanna Eisfelth(?)

Klee notierte auf dem Rand des Briefes einen Entwurf seines Beitrags für Palucca:
er Tanzabend, den Frau Palucca vor kürzerer Zeit in Weimar gab hat mich davon überzeugt, dass diese Künstlerin auf erster Höhe steht sehr wichtig ist und uns allen eine grosse Anregung war [auf erster Höhe stet ... uns allen eine grosse Anregung war durchgestrichen] insbesondere ist ihre Kunst von besonders [von besonders durchgestrichen] geeignet, hat grosse Kreise [hat grosse Kreise durchgestrichen] weite Kreise des modernen Kunstschaffens in anregender Weise zu erfreuen und zu beglücken [und zu beglücken durchgestrichen]. Gerade der Umstand, dass Alles Über [Über durchgestrichen] Allzuindividuelle – oder Zufällige vermieden oder zum Typischen [vermieden oder zum Typischen durchgestrichen] überwunden und ins Typische gesteigert war, brachte ihr das sonst selten [sonst selten durchgestrichen] sonst nicht immer einstimmige Lob unserer damaligen Weimarer Gemeinschaft (Transkription, Christine Brunner)


Erst am 28. Oktober 1925 antworteteKlee brieflich auf der Bitte der Palucca-Schule  mit seinem Beitrag in Reinschrift:

Manuskript des Beitrags, den Paul Klee für den Palucca-Prospekt 1925/26 verfasste. Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Gret-Palucca-Archiv, Fotograf: Frank Röth
© 
Stiftung Archiv der Akademie der Künste

 

An das Secretariat der Palucca Schule

                in Dresden Burgerwiese 25

Der Tanzabend, den Frau Palucca vor einiger Zeit in Weimar gab, hat mich überzeugt, dass diese Künstlerin sehr wichtig ist. Insbesondere ist ihre Kunst geeignet, weite Kreise des modernen Kunstschaffens in anregender Weise zu erfreuen. Gerade der Umstand, dass alles Allzu-Individuelle, Zufällige, überwunden war [war durchgestrichen] und ins Typische gesteigert war, brachte ihr das sonst nicht immer einstimmige Lob unserer damaligen Weimarer Gemeinschaft. (Transkription, Christine Brunner)

Dieser Kurztext von Klee wurde 1926 im Prospekt III 1925/1926 Palucca Tanz veröffentlicht* (S. 4). Das Heft beinhaltet auch die Beiträge von Wassily Kandinsky, Georg Kolbe, László Moholy-Nagy u.a.

Palucca Tanz, Prospekt III, 1925/26, Dresden 1926 mit Kurztext von Klee (S. 4)
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv
 

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*Wiederabdruck in: Prospekt IV 1926/1927 Tanz Palucca. Bilder, Besprechungen und Auszüge aus Kritiken von Solo- und Gruppen-Tanzaufführungen (S. 25, 1. Aufl.,1927; 2. erweit. Aufl., 1928). Dieser Text ist in der von Christian Geelhaar herausgegebenen Publikation Schriften Rezensionen und Aufsätze von Paul Klee (Köln 1976) nicht aufgenommen worden. 

 


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Surrealism Exhibitions in England (1936/1937)

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Surrealism Exhibitions in England (1936/1937)

ZM

 

The International Surrealist Exhibition. New Burlington Galleries, London 1936

Abb. 1: Paul Klee, Bäume im Gestein, 1933, 266, Kleisterfarbe auf Papier, 31 x 48 cm, Galerie Jeanne Bucher, Paris
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Im Juni 1936 eröffnete André Breton in den Londoner New Burlington Galleries die »International Surrealist Exhibition« mit Werken von 58 Künstlern aus 14 Ländern. Paul Klee zeigte dabei 15 Werke, darunter das mehrfarbige Blatt  Bäume im Gestein, 1933, 266 (Abb. 1). An der Arbeit des Aquarells erzielte der Künstler durch Modellierung der pastösen Farbe mit  einem Malmesser reliefartigen Eindruck und daraus entstanden üppige und dynamisch wachsende Bäume auf Felsboden.  In Klees Nachlass befinden sich die Einladungskarte zur Eröffnung (Abb. 2) und die Ankündigung  über die Vortragserie mit André Breton, Herbert Read, Paul Éluard, Hugh Sykes Davies und Salvador Dalí (Abb. 3).

 

Abb. 2: Einladungskarte: The International Surrealist Exhibition. New Burlington Galleries, London 1936, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee
© Zentrum Paul Klee, Bildarchiv

 

Abb. 3: Einladung zur Lesung: A series of Lectures. The International Surrealist Exhibition. New Burlington Galleries, London 1936, Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee
© Zentrum Paul Klee, Bildarchiv

 

Abb. 4: The International Surrealist Exhibition. New Burlington Galleries, London 1936, Umschlag des Kataloges, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bildarchiv
Ausstellungskatalog als PDF-Datei

Surrealism Exhibition of the Cambridge University Arts Society at Gordon Fraser's Gallery, Cambridge 1937

Ein Jahr nach der grossen »International Surrealist Exhibition« in London (New Burlington Galleries) fand 1937 in Cambridge eine weitere Surrealismus-Ausstellung statt.

Bisher war die von der Cambridge University Arts Society organisierte Schau in der Klee-Literatur noch unbekannt geblieben. Dies obwohl zwei Werke, Kleine Handlung zur Drehorgel, 1923, 154 (Abb. 5und bunter Blitz, 1927, 181 (Abb. 6in der Ausstellung zu sehen waren.

Abb. 5: Paul Klee, Kleine Handlung zur Drehorgel, 1923, 154, Ölpause und Aquarell auf Papier auf Karton, 47 x 30,8 cm, Harvard Art Museums/Fogg Museum, Gift of Mr. and Mrs. Alfred Jaretzki, Jr., 1963.131
© Artists Rights Society (ARS), New York / VG Bild-Kunst, Bonn, Photo: Imaging Department
© President and Fellows of Harvard College

Abb. 6: Paul Klee,  bunter Blitz, 1927, 181, Ölfarbe auf Leinwand auf Karton; originale Rahmenleisten, 50,3 x 34,2 cm, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
© Kunstsammlung NRW)

Auf dem Umschlag des Ausstellungskatalogs von Graham Sutherland steht in floraler Schrift das Wort »Surrealism« geschrieben. Die Schriftzeichen sind aus jungen Baumstämmen gebildet, die von Wurzeln genährt werden, auf denen die Namen der ausgestellten Künstler stehen: Picasso, Ernst, Moor, Dalí, Nash, Chirico, Klee, Breton, Miró etc.

Abb. 7: Katalog der Surrealism Exhibition of the Cambridge University Arts Society at Gordon Fraser's Gallery (3.20.11.1937), Standort: Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee
© Zentrum Paul Klee, Bildarchiv

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Diese Quellenpräsentation steht in Zusammenhang mit der zurzeit laufenden Ausstellung »About Trees« des ZPK (Bis 24.1.2016) und der geplanten Ausstellung »Paul Klee und die Surrealisten« (ab November 2016) am selben Ort.

 

           

 

 

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»Die Zwitscher-Maschine« als »entarte Kunst«

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»Die Zwitscher-Maschine« als »entarte Kunst«

ZM


»Entartete Kunst« Ausstellung in München

Anlässlich der Schandausstellung Entartete Kunst in München (19. Juli bis 30. November 1937 in den Hofgarten-Arkaden) wurden auch offizielle Postkarten herausgegeben, auf denen die Ausstellungsräume und Exponate der verfemten Künstler abgebildet waren. 

Klees Frau Lily schickte im Sommer 1938 an das Berner Sammler-Paar Hermann und Margrit Rupf eine dieser Postkarten, auf der das Aquarell Die Zwitscher-Maschine abgebildet ist. Wohl im Einverständnis mit ihrem Mann und als sarkastischer Kommentar gedacht, wählte Lily dieses Propagandamittel des Nazi-Regimes, wie aus dem Inhalt der Karte hervorgeht:

 

Postkarte (recto) von Lily Klee, Bern an Hermann und Margrit Rupf, 23.6.1938, Kunstmuseum Bern, Hermann und Margrit Rupf-Stiftung, Archiv
© Rupf-Stiftung, Bern

(Postkarte von Lily Klee, Bern an Hermann und Margrit Rupf, 23.6.1938, Kunstmuseum Bern, Hermann und Margit Rupf-Stiftung, Archiv. Transkription: Christine Brunner)

*Die Auktion der Sammlung Heinrich Stinnes fand bei der Kunsthandlung Aug. Klipstein, vorm. Gutekunst & Klipstein in Bern statt. Klee-Werke kamen am 21. Juni 1938 zum Aufruf. Vgl. Stefan Frey, Paul Klee in großen Privatsammlungen Deutschlands 1915–2015. Ein Überblick, in: Ausst.-Kat. Phantasiewelten Paul Klee, Schlossmuseum Murnau, 19.3.–28.6.2015, S. 60–110, hier S. 72.


Liebe Freunde,

Dank für Ihre liebe Karte. Ich war des Oefteren bei d. Auktion der Stinnessammlung*.  Klees Arbeiten haben die Preise gehalten u. sämmtlich gute Preise erzielt. So dass wir zufrieden sein können. Das Meiste ging nach New York Einiges n. Paris. Das Zusammensein mit Kahnweiler sehr angenehm u. erfreulich. Ich lernte ihn bei dieser Gelegenheit nun endlich kennen. Im Allgemeinen wurden gute Preise erzielt. Das Desinteressement der schweizerischen Kunsthändler für Klee eigentl. beschämend. -- (entre nous) Klee geht es ordentlich. Wir hatten noch viel Besuche v. auswärts. Viel a. Deutschland. Auch New York.

Geniessen Sie noch recht die letzte Woche. Alles Gute.

Vl. Grüsse Ihre Paul u. L. Klee. 


Postkarte (verso) von Lily Klee, Bern an Hermann und Margrit Rupf, 23.6.1938, Kunstmuseum Bern, Hermann und Margrit Rupf-Stiftung, Archiv
© Rupf-Stiftung, Bern


Museum Of Modern Art

zm

Alfred H. Barr, Jr (Hrsg.), Fantastic art, Dada, Surrealism, 3. Auflage, New York: Museum of Modern Art, 1946
© Zentrum Paul Klee, Archiv

Die Berliner Nationalgalerie erwarb 1923 Die Zwitscher-Maschine direkt vom Künstler. Das Werk wurde 1937 unter der nationalsozialistischen Diktatur konfisziert und in der Ausstellung »Entartete Kunst« in München präsentiert. 1939 gelangte das Blatt über den Kunsthändler Karl Buchholz in dessen New Yorker Filiale Buchholz Gallery-Curt Valentin. Im Rahmen der NS-Aktion »Entartete Kunst« wurde Karl Buchholz ab 1938 zusammen mit Ferdinand Möller, Hildebrand Gurlitt und Bernhard A. Böhmer mit der »Verwertung« der beschlagnahmten Kunstwerke beauftragt. 
Im Oktober 1939 erwarb das Museum of Modern Art, New York das Aquarell von der Galerie Buchholz Gallery-Curt Valentin.
Für den Direktor des Museums, Alfred H. Barr, Jr. war die kulturhistorische Bedeutung der Zwitscher-Maschine bewusst, als er entschied das Werk in der dritten Auflage der Publikation Fantastic Art, Dada, Surrealism (New York 1946) an prominenter Stelle – auf der Frontispizseite der Publikation – farbig abzubilden.


Vgl.  MoMA Provenance Research Project

Acquired from the artist by the Nationalgalerie, Berlin, 1923 [1]; removed as “degenerate art” by the Reich Ministry for Public Enlightenment and Propaganda, 1937 [2]; on consignment to Karl Buchholz, Berlin, 1939; to Buchholz Gallery (Curt Valentin), New York; acquired by The Museum of Modern Art, New York, October 14,1939 [3]. 
[1] Paul-Klee-Stiftung, Kunstmuseum Bern, eds. Paul Klee: catalogue raisonné. Bern: Benteli and New York: Thames and Hudson, vol. 3 (1999), no. 2975. One of four works the Nationalgalerie acquired from the artist for 40 million M during the inflation of 1923 (see Annegret Janda and Jörn Grabowski, eds., Kunst in Deutschland 1905-1937: Die verlorene Sammlung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzenpalais, exh. cat. Berlin: Staatliche Museen zu Berlin, 1992, no. 229). Included in the exhibition Paul Klee, Nationalgalerie, Kronprinzenpalais, Berlin, February 1923. On loan from the Nationalgalerie to the Museum of Modern Art, New York for the exhibition German Painting and Sculpture, March 13 - April 26, 1931 (no. 42). On view at the Kronprinzenpalais of the Nationalgalerie, Berlin until 1933 (ibid.). Included in the exhibition Der Bolschewismus - große antibolschewistische Schau, Deutsches Museum, Munich, November 7, 1936-January 31, 1937 (see Charles Werner Haxthausen, "A 'Degenerate' Abroad: Klee's Reception in America, 1937-1940," Josef Helfenstein and Elizabeth Hutton Turner, eds., Klee and America, exh. cat. New York: Neue Galerie, 2006, pp. 159-162; Anja Tiedemann, "Auf dem Weg in ein freies Land. Paul Klees Vokaltuch der Kammersängerin Rosa Silber," Uwe Fleckner, ed., Das verfemte Meisterwerk, Berlin: Akademieverlag, 2009, pp. 177-179).
[2] Not on "Harry Fischer list." Included in the exhibition Degenerate Art, Hofgarten-Arkaden, Munich, July 19-November 30, 1937 and other venues (Berlin, Leipzig, Düsseldorf, Salzburg, Hamburg, Stettin, Weimar).
[3] Included shortly thereafter in the exhibition Contemporary German Art, November 1-December 9, 1939, Institute of Modern Art, Boston. 

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»Paul Klee’s twitter was heard around the world...« (Alfred Russell)

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»Paul Klee’s twitter was heard around the world...« (Alfred Russell)

Fabienne Eggelhöfer

 

»Paul Klee’s twitter was heard around the world...« (Alfred Russell, The Twittering Machine of the future, in: Icongraph, Nr. 2, Sommer 1946)

Alfred Russell, The Twittering Machine of the future, in: Icongraph, Nr. 2, Sommer 1946, S. 25f
© Zentrum Paul Klee, Bildarchiv

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Als der amerikanische Künstler Alfred Russell (1920–2007) seinen Beitrag »The Twittering Maschine of the future« – die Zwitscher-Maschine der Zukunft – mit diesen Worten einleitete, konnte er deren heutige Aktualität nicht voraussehen. Tatsächlich »twitterte« Klee seine »Botschaft« in zahlreichen Ausstellungen seiner Werke während der 1930er und 1940er Jahre in Amerika. Russell spricht im Artikel, der im Sommer-Heft der kurzlebigen Zeitschrift Iconograph, a magazine of art and literature erschienen ist, vom »post-Klee man«, dessen Kunst wie die Klees lebendig und authentisch sein soll, und spielt damit auf das Schaffen der jungen Künstlergeneration, der sogennanten abstrakten Expressionisten, an.

 

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Nachtrag »Paul Klee – Sonderklasse, unverkäuflich«

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Nachtrag »Paul Klee – Sonderklasse, unverkäuflich«

Osamu Okuda

Nachtrag zur Publikation: 

Wolfgang Kersten, Osamu Okuda und Marie Kakinuma, Paul Klee – Sonderklasse, unverkäuflich, mit zwei Beiträgen von Stefan Frey, Zentrum Paul Klee, Bern, Museum der bildenden Künste Leipzig (Hrsg.), Köln 2015.

Das Sonderklasse-Werk ähnlich 1920/136, 1920, 37 gehörte ehemals zu einer größeren Komposition, die Klee mit der Schere vertikal in zwei etwa gleichgrosse Stücke zerschnitt. Als ich für das Buch Paul Klee – Sonderklasse, unverkäuflich einen Kommentar darüber schrieb, war das Teilstück Das Haus zum blauen Stern, 1920, 136 nur über eine schwarzweiße Fotografie bekannt. Kurz nach dem Erscheinen der Publikation aber wurde das Werk durch das Auktionshaus Griesebach in Berlin versteigert und im Katalog farbig abgebildet, so dass ich hier nun eine farbige Rekonstruktion der ursprünglichen Komposition als Nachtrag präsentieren kann.

Paul Klee
ähnlich 1920/136, 1920, 137, Aquarell auf Grundierung auf Leinen auf Papier auf Karton, 20 x 15,2 cm, Standort unbekannt
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Paul Klee
Das Haus zum blauen Stern, 1920, 136, Aquarell auf Grundierung auf Leinen auf Papier auf Karton, 17.5 x 12.5 cm, Privatbesitz
© Villa Grisebach Auktionen GmbH, Berlin

Paul Klee, Rekonstruktion von 1920, 136 und 1920, 137
© Osamu Okuda, Digiboo

Anhand der farbigen Rekonstruktion der ehemaligen Komposition ist deutlich erkennbar, dass Klee die linke und rechte Hälften auch koloristisch unterschiedlich gestaltete. Die Frage, ob er nach der Zerteilung die Teilstücke weiter überarbeitete, zum Beispiel dem rechten Teil den blauen Stern oder die drei gelben Fenster mit grünen Fensterläden nachträglich hinzufügte, oder auf dem linken Stück die dunkelgrünen und -blauen Bereiche zusätzlich malte, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Jedenfalls behandelte der Künstler die beiden Teilstücke unterschiedlich, indem er das linke schwarz einfasste – im Gegensatz zum rechten, das er auf einen hellen, duplizierten Karton montierte. 

Die Publikation Paul Klee - Sonderklasse, unverkäuflich ist vielfach vergriffen, aber im Shop des Zentrum Paul Klee in Bern noch erhältlich. http://www.zpk.org/de/besucherinfoshop/shop_0/shop-276.html

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Historiografie der Moderne: Carl Einstein, Paul Klee, Robert Walser und die wechselseitige Erhellung der Künste

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Historiografie der Moderne: Carl Einstein, Paul Klee, Robert Walser und die wechselseitige Erhellung der Künste

Abb.1: Titelblatt zu Historiografie der Moderne Carl Einstein, Paul Klee, Robert Walser und die wechselseitige Erhellung der Künste
1. Aufl., Paderborn: Fink, 2015

Osamu Okuda u. Walther Fuchs

Die Werke von Carl Einstein, Paul Klee und Robert Walser gelten in der Historiografie der Moderne als ›singulär‹ und repräsentativ für die ›wechselseitige Erhellung der Künste‹. 
Die Beiträge des Bandes untersuchen, wie sich in der historiografischen Behandlung der drei Zeitgenossen Beschreibungskategorien wie Intermedialität, Transnationalität und Pluridisziplinarität topisch verdichten. Die angewandte Kombination bildhistorischer und textwissenschaftlicher Perspektiven erweist in exemplarischer Weise, wie sich die modernen Künste nicht nur selbst reflektieren, sondern auch ausdifferenzieren und hybridisieren müssen, um der als immer bildmächtiger und dynamischer erlebten Wirklichkeit – dem überwältigenden ›Simultané‹ (Carl Einstein) – noch gewachsen zu sein. Der Band ist ein Gemeinschaftswerk der Carl-Einstein-Gesellschaft, des Zentrums Paul Klee und des Robert Walser-Zentrums.

Das Robert Walser-Zentrum in Bern präsentiert ab 19. November 2015 in einer Ausstellung die Auseinandersetzung von Tilo Steireif mit Robert Walsers ›Räuber-Roman‹. Mit 112 Aquarellzeichnungen interpretiert der Lausanner Künstler den Roman, der als Meilenstein der literarischen Moderne gilt. Er wurde 1972 aus dem Nachlass herausgegeben.


Publikation

Einleitung

I. Carl Einstein

  • Jutta Müller-Tamm: Nachträglichkeit. Carl Einstein als Historiograf
  • Matthias Berning: Carl Einsteins Skizze zum Handbuch der Kunst – ein Buch »fuer die Schulen«?
  • Maria Stavrinaki : Jeu d’échelles dans l’histoire de l’art : Le Handbuch der Kunst de Carl Einstein
  • Andreas Michel: Futurisierter Antimodernismus. ›Antike‹ und ›Moderne‹ in Carl Einsteins Handbuch der Kunst
  • Julia Kerscher: »Man unterlasse das Interpolieren bequemer Evolutionen«. Ansätze für eine synchrone Literatur- und Kunstgeschichte bei Carl Einstein
  • Karina Schuller: »pflanzhaft willige Formen werden entstehen« – Carl Einstein und der Surrealismus
  • Manuel Maldonado-Alemán: Zur Textur des Absoluten: Carl Einstein und Gottfried Benn
  • Klaus H. Kiefer: Bebuquins Kindheit und Jugend: Carl Einsteins regressive Utopie
  • Charles W. Haxthausen: Renaisssance Reconsidered: Carl Einstein on De Cimabue à Tiepolo, 1935

II. Paul Klee

  • Osamu Okuda: »Verwandlung und Neubildung«. Paul Klees Verhältnis zu Carl Einstein um 1930
  • Norman Kasper: Expressionistische Moleküle, universalgeschichtlich betrachtet. Franz Marc bei Kurt Breysig
  • Rainer Lawicki: »Ein Auge welches sieht; das andre, welches fühlt.« Sehen und Weltanschauung bei Carl Einstein und Paul Klee
  • Lothar Schmitt: Paul Klee und die Geschichtsschreibung der Moderne
  • Patricia Lambert / Elena O’Neill: Mira Schendel: towards other approaches on Carl Einstein and Paul Klee
  • Osamu Okuda: Carl Einstein – Paul Klee – Robert Walser

III. Robert Walser

  • Reto Sorg: »So tanzt nur ein Dichter!« ›Bewegungskultur‹ bei Paul Klee, Carl Einstein und Robert Walser
  • Antonius Weixler: »Augen, die alles sehen, was los ist.« Visuelle Schreibstrategie in der Essayistik Robert Walsers und Carl Einsteins
  • Luisa Banki: Aufträge. Zum Verhältnis von Historie und Grafie bei Robert Walser und Paul Klee
  • Dominik Müller: Von den Bildern weg – zu den Bildern zurück. Zum Umgang mit Robert Walsers Bildvorlagen
  • Jens Hobus: Robert Walsers ›schwatzhafte Moderne‹ und die Sprachskepsis seiner Zeit
  • Moritz Baßler: Robert Walser in den Weißen Blättern

Tagung

 

Abb. 2: Ausschnitt des Flyers zur Tagung »Historiografie der Moderne« im Zentrum Paul Klee, 2013

 

Ausstellung

Das Zentrum Paul Klee hat anlässlich der Internationalen Tagung Historiographie der Moderne (Abb. 2) in seiner Sammlungsausstellung Paul Klee. Leben und Werk (18/10/2013–30/03/2014) eine Präsentation von Autographen und Dokumenten eingerichtet, die ein Licht auf den intellektuellen Austausch zwischen Carl Einstein und Paul Klee werfen (Abb. 3. 4. 5. 6). Ein kleiner Exkurs gilt dem einzigen schriftlichen Hinweis Klees auf Robert Walser. Er findet sich in einem Tagebucheintrag von 1906, in dem Klee Walsers 1904 im Insel-Verlag erschienenen Erstling Fritz Kocher’s Aufsätze als »psychologisch sehr ansehnlich« lobend erwähnt.

Abb. 3: Wandkonsole mit Autographen und Dokumenten zum Thema der Tagung »Historiografie der Moderne: Carl Einstein, Paul Klee, Robert Walser und die wechselseitige Erhellung der Künste« in der Ausstellung »Paul Klee. Leben und Werk« im Zentrum Paul Klee, Bern 2013/14

Abb. 4: Carl Einstein, Negerplastik, Leipzig 1915, mit einer Widmung von Einstein an Klee (Schenkung Familie Klee, Zentrum Paul Klee, Bern) u.a. 

Abb. 5: Carl Einstein, Die Kunst des 20. Jahrhunderts, Berlin 1926 (Schenkung Familie Klee, Zentrum Paul Klee, Bern) u.a.     

 

Abb. 6: Robert Walser, Fritz Kochers Aufsätze, Leipzig 1904 (Robert Walser Zentrum, Bern); Paul Klee, Tagebuch III (Zentrum Paul Klee, Bern), Nr. 782/81 (1906): »Fritz Kochers Aufsätze, psychologisch sehr ansehnlich.«; Carl Seelig, Wanderungen mit Robert Walser, St Gallen 1957 (Zentrum Paul Klee, Bern)

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Autoren Nr. 1 /2015

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Autoren Nr. 1 /2015

Fabienne Eggelhöfer studierte Kunstgeschichte und Romanische Sprachen in Fribourg, Paris und Bern. 2001 begann sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung Zentrum Paul Klee und wurde 2007 Kuratorin am Zentrum Paul Klee. Mit Marianne Keller Tschirren doktoriert sie über Paul Klees pädagogischen Nachlass, ein Forschungsprojekt des Schweizerischen Nationalfonds. Sie arbeitet als freischaffende Kuratorin und schreibt über Paul Klee, zeitgenössische Kunst und traditionelle Schweizer Kultur.

Walther Fuchs Masterstudium der Kunstgeschichte an den Universitäten Bern und Zürich. Promotion in Allgemeine Geschichte an der Universität Zürich. Assistenz- und Ausstellungstätigkeiten an der Schweizerischen Nationalbibliothek Bern, am Medizinhistorischen Institut und Museum der Universität Zürich (Ausstellung »Paul
Klee und die Medizin« ) und am Anthropologischen Institut der Universität Zürich. Seit 2001 Leiter des Verlags Digiboo, Zürich.

Jürg Halter 1980 in Bern erschienen, wo er meistens lebt. Halter ist Dichter und Performancekünstler. Studium der Bildenden Künste an der Hochschule der Künste Bern (HKB). Zuletzt sind Halter’s Gedichtband »Wir fürchten das Ende der Musik« (Wallstein Verlag, 2014) und das Text- Bilder-Buch (zusammen mit den Künstlerzwillingen Huber.Huber) »Hoffentlich verliebe ich mich nicht in dich« (Edition Patrick Frey, 2014) erschienen.

Nobuyuki Kakigi Associate Professor of International Studies at Hiroshima City University. Author of many publications about philosophy and aesthetics inclu- ding Walter Benjamin’s Philosophy of Language: Language as Translation, History from Remembrance, Tokyo, Heibonsha Publishing 2014.

Osamu Okuda seit 2005 wis- senschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum Paul Klee, Bern, veröffentlichte zahlreiche Publikationen zu Paul Klee und Künstlern seines Umkreises, darunter: Paul Klee. Im Zeichen der Teilung, Die Geschichte zerschnittener Kunst Paul Klees 1883–1940, Stuttgart 1995, mit Wolfgang Kersten; Die satirische Muse. Paul Klee, Hans Bloesch und das Editionsprojekt »Der Musterbürger«, Zürich 2005, mit Reto Sorg; Paul Klee und der Ferne Osten. Vom Japonismus zu Zen, Zürich 2013, mit Marie Kakinuma; Paul Klee -Sonderklasse, unverkäuflich, Köln 2015 mit Wolfgang Kersten und Marie Kakinuma.

Patrizia Zeppetella Grundstudium der Kunstgeschichte. Ausbildung zur Konservatorin- Restauratorin FH an der Hochschule der Künste Bern. Seit 1990 freiberuflich tätig von 2001 bis 2009 bei ArtCare GmbH und seit 2005 Restauratorin für Gemälde am Zentrum Paul Klee, Bern. Haupttätigkeit in der Konservierung und Restaurierung von Gemälden, Skulpturen und zeitgenössischen Kunstobjekten sowie konservatorische Beratung und Betreuung von Sammlungen.

ZM Osamu Okuda und Walther Fuchs

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Impressum

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Impressum

 

Herausgeber

  • Zentrum Paul Klee
  • Dr. Michael Baumgartner, Zentrum Paul Klee, Bern
  • Dr. Walther Fuchs, Zürich
  • Osamu Okuda, Zentrum Paul Klee, Bern
  • mit Unterstützung von Alexander Klee und der Klee-Nachlassverwaltung, Bern

Redaktion

Zwitscher-Maschine
c/o Zentrum Paul Klee
Postfach, 3000 Bern 31
Mail: info@zwitscher-maschine.org
Kürzel: ZM (Osamu Okuda und Walther Fuchs)

Lektorat & Review

  • Dr. Michael Baumgartner, Zentrum Paul Klee
  • Dr. Walther Fuchs, Zürich
  • Osamu Okuda, Zentrum Paul Klee

Übersetzungen

  • David Noble (Text von Nobuyuki Kakigi)
  • Elisabeth O'Loughlin (Summary Walther Fuchs)
  • Dr. Fred Damberger (Summary Osamu Okuda)
  • Daniele Pantano (Vorwort Peter Fischer)

Marketing und Presse

  • Eva Pauline Bossow, Leiterin Medien, Marketing und Kommunikation, Zentrum Paul Klee, Bern
  • Dr. Walther Fuchs, Zürich

Gestaltungskonzept (PDF-Ausgabe)

Internet und PDF-Produktion

Vertrieb

Die Zeitschrift »Zwitscher-Maschine« ist im Katalog der Schweizerischen Nationalbibliothek, sowie im internationalen ISSN-Register unter der Nummer ISSN 2297-6809 weltweit verzeichnet und unter der Internetadresse www.zwitscher-maschine.org abrufbar. 
Der Vertrieb erfolg digital über die Kommunikationskanäle des Zentrum Paul Klee. 

Copyright

Die Inhalte von »Zwitscher-Maschine« sind urheberrechtlich geschützt. Die Verbreitung und der Druck der Inhalte der zum Download zur Verfügung gestellten PDF-Dateien ist erlaubt und erwünscht.

Bildnachweis

Die Autoren und der Verlag haben sich bemüht, alle Inhaber von Urheberrechten ausfindig zu machen. Sollten dabei Fehler unterlaufen sein, werden diese bei entsprechender Benachrichtigung in der nachfolgenden Ausgabe korrigiert.

Wir Danken

Museumsstiftung für Kunst der Burgergemeinde Bern

Alexander Klee und Stefan Frey (Klee-Nachlassverwaltung, Bern)

Für Rat und Unterstützung danken wir:

  • Rudolf Altrichter, Bern
  • Stefan Biffiger, Thun
  • Jun Ishikawa, Utsunomiya
  • Marie Kakinuma, Zürich
  • Prof. Dr. Wolfgang Kersten, Zürich
  • David Noble, Chimacum, WA
  • Dr. Reto Sorg, Bern

Titelbild

Ausschnitt aus: Paul Klee, Glas-Fassade (Rückseite), 1940, 288, Wachsfarbe auf Jute auf Leinwand, 71,3 x 95,7 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv 







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